Sieg gegen Norwegen: Handballer greifen nach EM-Gold

Krakau (dpa) · Das EM-Wunder der deutschen Handballer geht weiter. Mit einem Sieg gegen Norwegen zog die junge Mannschaft ins Finale ein. Nun winkt gegen Spanien der erste Titel seit neun Jahren. Allerdings muss noch ein Protest der Norweger abgewartet werden.

Erst jubelten die neuen deutschen Handball-Helden völlig ungezügelt, dann mussten sie doch noch um ihren EM-Coup zittern. Kurz nach dem Halbfinal-Sieg der DHB-Auswahl bei der Europameisterschaft in Polen legte Norwegen in Krakau Protest ein.

Beim 34:33 (27:27, 14:13) nach Verlängerung sollen in den letzten fünf Sekunden zwei deutsche Spieler mit gelben Hemden und damit zwei Torhüter auf dem Parkett gewesen sein. Erst an diesem Samstag wollte die Europäische Handball-Föderation (EHF) über den Fall verhandeln und bis 11.00 Uhr eine Entscheidung fällen.

„Wir sehen der Verhandlung gelassen entgegen und freuen uns auf das Finale“, sagte Delegationsleiter Bob Hanning. Gegner im Endspiel am Sonntag (17.30 Uhr) ist erneut Spanien, das Kroatien mit 33:29 (18:14) bezwang. In der Vorrunde hatte Deutschland gegen den WM-Vierten mit 29:32 verloren, die bislang einzige Niederlage im Turnier.

Nach der Zitterpartie gegen Norwegen hatte sich der sonst so kühle Bundestrainer Dagur Sigurdsson in die Arme von Teammanager Oliver Roggisch gestürzt, die Spieler waren glückstrunken durch die Halle gehüpft. Nur Sekunden vor Schluss hatte Nachrücker Kai Häfner den WM-Siebten mit seinem fünften Treffer ins EM-Finale geworfen. Damit ist die DHB-Auswahl nur noch einen Sieg vom ersten Titel seit dem WM-Triumph 2007 entfernt. Schon jetzt ist die direkte Qualifikation für die WM 2017 in Frankreich perfekt, beim Titelgewinn wäre auch das Olympia-Ticket für Rio gelöst.

„Wir sind unglaublich glücklich und stolz auf unsere Leistung“, sagte der sichtlich erschöpfte Sigurdsson, „wer mehr Spannung braucht, ist glaube ich krank.“ Auch der entscheidende Mann Häfner war überglücklich. „Ich habe schon vorher gesagt, wenn die Mannschaft mich braucht, werde ich alles geben und dann schauen, was rauskommt“, sagte der erst während der EM wegen Verletzungen ins Team gerückte Rückraumspieler, dem der Bundestrainer eine „große Leistung“ bescheinigte.

„Wir haben ein tolles Team“, befand Torwart Andreas Wolff und versprach mit Blick auf das Endspiel am Sonntag: „Wir gewinnen auf jeden Fall.“ Bester Werfer war Tobias Reichmann, der sieben seiner zehn Treffer vom Siebenmeterpunkt erzielte. „Einfach nur sensationell. Wir sind einfach eine geile Truppe“, meinte Torwart-Routinier Carsten Lichtlein.

Im ersten Halbfinale der neuformierten deutschen Mannschaft, die mit einem Altersschnitt von 24,6 Jahren eher wie einer verstärkte Junioren-Auswahl die EM bestritt, blieb sie ihrer Linie treu. Vor allem der coole Siebenmeter-Schütze Reichmann und der erneut starke Keeper Wolff hielten die Norweger in Schach.

Dank einer Zwei-Mann-Überzahl konnte sich der WM-Siebte zur Mitte der ersten Hälfte bis auf 9:5 absetzen. Die Norweger bewiesen aber, dass sie nicht umsonst erstmals in der Geschichte ihres Verbandes im Halbfinale standen. Nervenstark hielten sie Anschluss. Allerdings verpasste es die DHB-Sieben auch durch einige leichtfertig vergebene Chancen, den klaren Vorsprung zu wahren. 14:13 hieß es zur Pause.

In Hälfte zwei machte sich die DHB-Auswahl das Leben weiter durch leichte Ballverluste schwer. So konnten die Norweger sogar in Unterzahl mit 17:16 in Führung gehen. In dieser Phase wirkte die Sigurdsson-Schützlinge plötzlich gehemmt in ihren Aktionen und taten sich schwer im Angriff. Beim Stand von 17:19 drohte der deutschen Mannschaft die Partie kurz zu entgleiten.

Aber auch die Norweger konnten lange nicht an ihre bemerkenswerten Leistungen der vergangenen Tage anknüpfen und verpassten es, sich entscheidend abzusetzen. Sogar eine 27:25-Führung genügte nicht, Rune Dahmke rettete die deutsche Mannschaft mit einem Treffer acht Sekunden vor Schluss in die Verlängerung.

Dort zeigte das DHB-Team dann erneut seine Willensstärke, erkämpfte sich die Führung und gab diesen Vorteil nicht mehr her. Häfner machte mit seinem Treffer in allerletzter Minute alles klar.

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