Vom Umgang mit dem Sterben

Völklingen · Literatur und Musik kombinieren – das ist das Konzept der neuen Veranstaltungsreihe „Literatur mit musikalischer Begleitung“ der Volkshochschule (VHS) Völklingen und des Conte-Verlags. Mit Martin Bettingers Roman „Ein Galgen für meinen Vater“ gelang ein tief bewegender Auftakt.

 Der Autor Martin Bettinger. Archivfoto: Anja Klam

Der Autor Martin Bettinger. Archivfoto: Anja Klam

Passend zum bundesweiten Vorlesetag startete am Freitagabend im Festsaal des Alten Rathauses die neue Veranstaltungsreihe "Literatur mit musikalischer Begleitung" der Volkshochschule Völklingen (VHS) und des Conte-Verlags. "Hier wollen wir Neuerscheinungen im Conte-Verlag präsentieren und dabei Literatur und Musik miteinander verknüpfen", erklärte VHS-Direktor Karl-Heinz Schäffner.

Berührende Beziehung

Zum Auftakt stellte der saarländische Schriftsteller Martin Bettinger seinen Roman "Ein Galgen für meinen Vater" vor, eine berührende Vater-Sohn-Geschichte über das Sterben. Eröffnet wurde die Lesung mit Gitarrenklängen aus Leo Brouwers "Un dia de noviembre". Die von Gitarrist Frank Brückner gespielte Melodie verströmte eine Traurigkeit, die den Gästen sofort die Schwere des Themas verdeutlichte.

Ganz klassisch begann Bettinger mit dem Vorlesen auf der ersten Seite. Im Zentrum seiner Geschichte steht Tom, aus dessen Ich-Perspektive die Handlung erzählt wird und dessen 84-jähriger Vater im Sterben liegt. Schwer verdaulich und doch wahrheitsgetreu aus dem Leben gegriffen sind die Szenen, in denen der Autor beschreibt, wie Krankheit und Alter Toms Vater dahinraffen, wie er gar die Ehefrau und sein eigenes Zuhause nicht wiedererkennt. "Ich wollte über das Unfassbare schreiben, über das, was Betroffene und Angehörige in solch schwierigen Situationen durchmachen", erläuterte Bettinger seine Intention. "Aber ich wollte auch tröstende Bilder finden."

Trotz der ernsten Thematik des Sterbens ist "Ein Galgen für meinen Vater" kein durchweg trauriges Buch. Der 57-jährige Autor hat den schönen Augenblicken mit dem Vater eine wunderbare Leichtigkeit verliehen. Die Rückblenden sind voller Lebendigkeit und zeigen den Vater, der stets ein "Schaffer und Macher" war, lebensfroh und agil. Es sind Szenen von dramatischer Schönheit und befreiender Komik, wenn Tom sich an frühere Erlebnisse mit dem Vater erinnert.

Gitarrenspiel folgt Geschichte

Musikalisch umrahmt wurde die Lesung durch das Gitarrenspiel von Frank Brückner. Dieser hatte in enger Abstimmung mit Bettinger passende Werke ausgewählt. "Wichtig war mir, Stücke zeitgenössischer Komponisten zu spielen", sagte Brückner. "Schließlich geht es ja um zeitgenössische Literatur." Im Anschluss an eine beklemmende Szene, in der Tom Nachtwache beim Vater hält, spielte Brückner Andreas Willschers "Nocturno". Es klang, als schleiche der Tod auf leisen Sohlen heran.

Der Verlust des eigenen Vaters vor acht Jahren veranlasste Martin Bettinger zum Verfassen des Romans, der jedoch keine Autobiographie ist. Der Schriftsteller baute viele Verfremdungen ein. "Erst dadurch war es mir möglich, eine Geschichte über das Sterben zu schreiben." Das größtenteils weibliche Publikum zollte der Leistung der beiden Künstler großen Respekt. Viel Anerkennung erntete Bettinger für die berührende Tiefe seines Schreibstils. "Es sind Situationen, in die sich jeder hinein versetzen kann", sagte eine Dame, in deren Augen Tränen funkelten.

Am 15. Januar geht die neue VHS-Reihe in die zweite Runde. Dann wird Isabelle Archan bei Saxofon-Musik ihren Krimi "Helene geht baden" vorstellen.

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