Berg- und Talfahrt in der Rathausstraße

Völklingen · So gern die meisten Menschen einkaufen, sie tun es nicht immer im Geschäft am Ort; das Internet spielt eine wachsende Rolle. Auch sonst ändert sich derzeit viel im Einzelhandel. In Völklingen noch mehr als anderswo – damit befassen wir uns heute zum Start der neuen SZ-Serie „Handel im Wandel“.

 Selten ist die Völklinger Rathausstraße so belebt wie beim Märztreff in diesem Jahr, dem verkaufsoffenen Frühjahrs-Sonntag in der Innenstadt. Archivfoto: Becker&Bredel

Selten ist die Völklinger Rathausstraße so belebt wie beim Märztreff in diesem Jahr, dem verkaufsoffenen Frühjahrs-Sonntag in der Innenstadt. Archivfoto: Becker&Bredel

Wandel hat Völklingen wahrlich schon reichlich erlebt: von der Stahlkrise der 1980er Jahre, die zum Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen führte, bis hin zur Schließung der Kaufhof-Filiale im Jahr 1999 , die bis heute ein hässliches Loch in der Einkaufslandschaft der Innenstadt hinterlassen hat. Parallel dazu erlebt man ausdauernde Anstrengungen, die Rückschläge wieder aufzufangen - auch diese mit Rückschlägen verbunden. Gegenwärtig steht die Vision vom City-Center auf der Kippe. Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU ) hat hier dem (potenziellen) Investor eine letzte Frist bis Ende September eingeräumt.

Doch unabhängig davon, wie dieses Projekt ausgeht: Handel müsse wieder hin an die Stelle des Ex-Kaufhofs, betont Rathauschef Lorig. Damit wieder Zug in die Einkaufsmeile Rathausstraße kommt. Dort, am anderen Ende Richtung Bahnhof, blüht derweil das Globus-Warenhaus mit seinen rund 300 Mitarbeitern. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren rund 17 Millionen Euro am Standort in der Völklinger Innenstadt investiert.

Aber es kriselt zwischen Globus und Ex-Kaufhof. Die Rede ist von den Schließungen von "Brillen Theis" und "Mode Courage". "Dass auch die ,Barmer' ihre Völklinger Geschäftsstelle schließen will und die Zukunft der Boutique ,Pretty Woman' unsicher ist, macht uns in der Rathausstraße gerade dort Probleme, wo wir von der Struktur und vom Besatz her gut aufgestellt waren. Diese positiven Faktoren lassen uns aber auch hoffen, dass sich Nachfolge-Lösungen finden lassen", sagt Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU ).

Die jüngste Erhebung von Ladenleerständen in der Innenstadt im Mai 2014 zeige, dass es gegenüber dem Vorjahr in der Summe keine Veränderungen gebe. Rund 30 Ladenlokale suchen laut Bintz eine neue Nutzung. Geschäfte haben geschlossen, neue kamen hinzu. So ist nach Schließung der Filiale von Brillenhaus Schweitzer in der Poststraße an gleicher Stelle unter dem Namen "Brillenschmiede" ein neues Optiker-Fachgeschäft entstanden. Als (noch) zartes Pflänzchen hat unter dem Namen "Kindgerecht" auch ein Spielwarengeschäft in der Rathausstraße neu eröffnet. Und die rund um die Fassade reichende Verhüllung bedeutet nicht etwa, dass Woolworth aufgeben wolle - im Gegenteil: Nach dem spektakulären Absturz eines Glaselementes soll nun, wie ein Sprecher mitteilte, die Fassade komplett saniert werden.

Laut der jüngsten Statistik der Stadtverwaltung ist nach wie vor jeder fünfte Arbeitsplatz in Völklingen von Handel und Wandel abhängig. Fast 3000 Menschen arbeiten hier in den Branchen Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation. Nach dem Maßstab "Einzelhandelsrelevante Kaufkraft" kann jeder der aktuell 39 390 Völklinger, durchschnittlich betrachtet, 4792 Euro pro Jahr ausgeben. Auch die über 10 200 Einpendler, die täglich zur Arbeit nach Völklingen kommen, bilden ein ein erhebliches Potenzial. Vorrangiges Ziel der städtischen Wirtschaftsförderung und des Völklinger Wirtschaftskreises mit seinem Vorsitzenden Hans Agostini ist und bleibt es, Lücken im Einkaufsangebot zu schließen.

Dabei wird die Zahl der möglichen Käufer in nächster Zeit eher zunehmen. Völklingens Fachärzte gelten seit jeher als so genannte "Frequenzbringer". Oder, einfacher ausgedrückt: Wer zum Arzt geht, verbindet dies oft auch mit einem Einkauf. In der Poststraße wird nun an der Stelle von vier bisherigen Leerständen ein neues Ärztehaus, das "Orthopädicum Saar", emporwachsen. Und auch die Baulücke zwischen früherem Kino und Bismarckstraße schließt sich. Derzeit wird dort die Baustelle für eine neue Seniorenresidenz mit 110 Pflegeplätzen und zusätzlich zehn Eigentumswohnungen eingerichtet. > Siehe dazu auch die Sonderseite auf .

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