Weihnachten mit der „zweiten Familie“

Völklingen · Zwischen den Jahren dürfen sich die meisten Menschen in unserer Region gemütlich zurücklehnen. Aber einige müssen arbeiten – oder sie tun das aus freien Stücken. In der Serie „Unterwegs mit . . .“ begleiten wir sie. Heute steht Birgit Kläs (57) im Mittelpunkt, Wohnbereichsleiterin im Altenheim St. Josef.

 Die Kerzen sitzen an richtiger Stelle, die Feier ist auch schon vorbereitet: Birgit Kläs am Weihnachtsbaum im Foyer des Völklinger Alten- und Pflegeheimes St. Josef. Foto: Jenal

Die Kerzen sitzen an richtiger Stelle, die Feier ist auch schon vorbereitet: Birgit Kläs am Weihnachtsbaum im Foyer des Völklinger Alten- und Pflegeheimes St. Josef. Foto: Jenal

Foto: Jenal

Im Foyer des Völklinger Alten- und Pflegeheims St. Josef steht ein großer geschmückter Weihnachtsbaum. Bei unserer Ankunft geht Birgit Kläs um den Baum herum, rückt hier eine der elektrischen Kerzen zurecht, ordnet dort ein paar Zweige. Auf unsere Frage, ob sie auch an den Feiertagen im Haus ist, lacht sie. "Ich arbeite seit 25 Jahren hier und all die Jahre natürlich auch an Weihnachten, denn hier ist sozusagen meine zweite Familie."

Birgit Kläs (57) ist eine der fünf Wohnbereichsleiterinnen, und dass ihr gleich nach der Ausbildung diese verantwortungsvolle Position angeboten wurde, versteht man, wenn man ihr genau zuhört, wie sie von ihrer Arbeit spricht. Die Professionalität steht immer im wärmenden Licht von Verständnis, Freundlichkeit, Offenheit. Von Empathie. An Heiligabend hat sie offiziell Dienst von neun bis 18 Uhr, an den Feiertagen von sechs bis 14 Uhr. "Aber die Zahlen bedeuten nichts", sagt sie leise, "ich bleibe so lange, wie ich gebraucht werde." Diese Einstellung war bei ihrem ersten Beruf anders: Wegen des frühen Todes der Eltern wuchs sie bei den Großeltern auf und arbeitete elf Jahre lang als Verkäuferin und Bürokraft. "Da habe ich schon sonntags mit Grausen an den Montag gedacht, zumal ich immer genau spürte, dass Altenpflegerin der richtige Beruf für mich wäre." Als sie dann in St. Josef eine Ausbildungsstelle erhielt, war sie endlich auf dem richtigen Weg. Das erkannte auch die damalige Heimleitung und übertrug der jungen Absolventin sofort eine Bereichsleitung.

"Aber mit guten Noten alleine wird man in diesem Beruf nicht glücklich", gibt sie zu bedenken, "man muss auch Liebe zu den alten Menschen mitbringen und die psychischen Belastungen ertragen können."

Dazu gehört natürlich auch immer wieder das Abschiednehmen, wenn vertraute Menschen sterben. "Dann trauern wir gemeinsam." 146 Frauen und - in letzter Zeit zunehmend - Männer im Alter von 50 bis 103 Jahren mit unterschiedlicher Pflegebedürftigkeit wohnen im Haus, sie werden betreut von 70 Pflegekräften. "Über die Nähe des Todes sprechen wir viel miteinander", sagt Birgit Kläs, "vor allem auch mit unseren jungen Kolleginnen, denn mit jedem Todesfall wird ja auch die eigene Endlichkeit immer wieder bewusst."

Sprechen und zuhören - dieser Form des Miteinander wird auch und gerade an Weihnachten viel Raum gegeben. Der Nachmittag von Heiligabend wird in den geschmückten Räumen gefeiert, von 14 bis 18 Uhr läuft ein Programm ab mit Musik, dem Vorlesen von besinnlichen und lustigen Geschichten, Kaffee, Punsch und Plätzchen werden serviert, und gegen Abend nach der Bescherung gibt es ein gemeinsames Festessen. "Aber ganz wichtig dabei ist das Gespräch, denn an diesem emotionalen Tag werden bei vielen alten Menschen Erinnerungen wach, die sie mitteilen wollen", sagt Birgit Kläs.

Irgendwann am Abend dann fährt sie nach Hause, feiert noch ein wenig mit Familie und Freunden. Denn am nächsten Morgen muss sie früh aufstehen. Für ihre zweite Familie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort