„Man muss immer nach vorne schauen“

Völklingen · Gut 4000 Menschen arbeiten bei Saarstahl in Völklingen. Was machen sie eigentlich dort? Und was tun sie außerhalb des Werks? Wir stellen in loser Folge Mitarbeiter vor. Heute: Susanne Limbach, Betriebliche Sozialberatung bei Saarstahl.

 Susanne Limbach, Diplom-Sozialarbeiterin und -Sozialpädagogin, ist Ansprechpartnerin bei beruflichen und persönlichen Problemen für Mitarbeiter von Saarstahl im Saarland.. Foto: Rolf Ruppenthal

Susanne Limbach, Diplom-Sozialarbeiterin und -Sozialpädagogin, ist Ansprechpartnerin bei beruflichen und persönlichen Problemen für Mitarbeiter von Saarstahl im Saarland.. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

"Einen Elefanten kann man essen, aber nur in kleinen Scheiben." Moment, alle Tierschützer mögen sich bitte wieder hinsetzen. Denn dieser - zugegeben drastische - Satz ist nur als Vergleich gemeint: Große, komplexe Probleme können gelöst werden, indem man sie aufteilt, entwirrt und Schritt für Schritt löst.

Das Zitat stammt außerdem von einem Menschen, der ganz und gar nicht der brutalen Zerstörungswut verdächtig ist. Susanne Limbach arbeitet nämlich seit über 20 Jahren als Ansprechpartnerin in der betrieblichen Sozialberatung bei Saarstahl für rund 5500 Beschäftigte in allen saarländischen Standorten des Unternehmens. Diese Einrichtung steht jedem Mitarbeiter zur Verfügung, der Beratung und Hilfe bei persönlichen oder beruflichen Problemen benötigt.

"Die Belegschaft jedes größeren Unternehmens kann als Spiegelbild der Gesellschaft gesehen werden", sagt Susanne Limbach. Analog sind die Probleme, mit denen die Mitarbeiter in die Beratungsstelle kommen, wenn sie alleine keinen Ausweg mehr sehen und professionelle Hilfe brauchen, wenn also "der Elefant" zu komplex geworden ist: Das Spektrum reicht von familiären, sozialen, psychischen und Suchtproblemen über Lebenskrisen bis zu Überschuldungsfragen und Konflikten am Arbeitsplatz.

Wie ihre Kollegin Regine Kircher-Zumbrink ist Susanne Limbach diplomierte Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin. "Mein Vater Arzt, mein Bruder Psychologe - da war eine entsprechende Berufswahl bei mir eigentlich naheliegend", sagt sie. Doch sie nahm einen Umweg und lernte zunächst Landwirtschaft. "Ich war noch immer sehr naturverbunden, und rückblickend glaube ich, dass ich mich mit diesem Schritt geerdet habe." Diese "Erdung" sollte dann in ihrem endgültigen Beruf - "für Menschen da sein" - eine wichtige Ergänzung zu therapeutischen Modellen und Theorien sein. Und wie kam sie dann zu Saarstahl? Ganz einfach: "Immer, wenn ich von der Autobahn aus die Anlagen sah, dachte ich, dass ich dort gerne arbeiten würde." Ihr Wunsch ging 1991 in Erfüllung, und schon gleich zu Beginn gab es in der Sozialberatung viel zu tun. "Der Konkurs von Saarstahl dauerte rund neun Jahre, das Unternehmen musste sich von 2200 Mitarbeitern trennen, half aber auch den Menschen - mit viel persönlicher Zuwendung - , extern eine neue Arbeitsstelle zu finden."

Viele Fortbildungen hat sie inzwischen absolviert, viele Erfahrungen gemacht. Im letzten Jahr wurden rund 400 Mitarbeiter - meistens Männer - betreut. "Jedes Leben hat seine eigene Dynamik", betont Limbach, "und oft ist es so, dass ohne Leidensdruck nichts geht. Aber schon der Weg zu uns und die Bereitschaft, jetzt Hilfe zu akzeptieren, ist ein erster Schritt raus aus der Krise. Wir bieten absolut vertraulich Hilfe zur Selbsthilfe. Wir versuchen, die Stärke im Klienten zu aktivieren, damit er wieder seine Mitte und seine Arbeitsfähigkeit gewinnt." Jeder trage einen Rucksack mit seiner Vergangenheit mit sich, aber er müsse immer nach vorne schauen, nicht mit lähmendem Bedauern zurück. "Ein Mensch, der erkennt, welche Motive und Antriebe seinem Verhalten zu Grunde liegen, hat den Schlüssel für seine persönliche Lebenszufriedenheit gefunden."

Auch praktische Lebenshilfe

Da ist der Suchtkranke, den die Droge immer mehr beherrscht. Dort der Geschiedene, den die Einsamkeit erdrückt. Oder der Mitarbeiter, der wegen Ausweglosigkeit nicht mehr schlafen kann und an Suizid denkt. "Die Hilfe besteht auch darin, dass ich mir das berufliche und private Umfeld genau anschaue. Ich bleibe dran und gebe auch praktische Lebenshilfe , falls der Mann es noch nicht alleine schafft." Geerdete Therapie.

Und wie verbringt sie ihren Urlaub? "Sehr oft in Südindien, wo ich mich privat in der Indienhilfe aus Rehlingen engagiere. Wir unterstützen dort soziale Projekte, die Möglichkeit der Schulbildung und medizinische Versorgung für benachteiligte Kinder und arme Familien. Schon für 20 Euro kann man die Patenschaft für ein Kind übernehmen. Seit ich die Arbeit dort kenne, weiß ich: Für mich selbst brauche ich keinen überflüssigen Konsum mehr." Wer mithelfen will, wende sich bitte an sulim@gmx.net.

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