Großer Andrang, wenig Personal

Völklingen · Das Sozialkaufhaus des Diakonischen Werkes (DW) in Völklingen ist gesichert. Aber ein Wörtchen darf nicht fehlen: vorerst. Die Bewilligung für die derzeit acht Ein-Euro-Jobber gilt immer nur ein halbes Jahr.

Die Existenz des Völklinger Sozialkaufhauses stand in den vergangenen Monaten immer wieder auf der Kippe, nachdem der Bund die Bürgerarbeit, ein Förderprogramm für Langzeitarbeitslose , für beendet erklärt hatte. Das Programm lief Mitte des Jahres aus, wodurch nach und nach die 25 Bürgerarbeiter verschwanden. Dass zumindest bis zum Jahresende Ein-Euro-Jobber die bedrohliche personelle Lücke füllen sollten, wurde erst spät klar. Und auch dieses Mal stand eine weitere Bewilligung lange aus.

Erst seit dem 27. Januar ist gesichert, dass die derzeit neun festen Mitarbeiter - sie haben vom Jobcenter geförderte Arbeitsverträge - diesmal ergänzt werden durch acht Ein-Euro-Jobber, wie Fritz Dreyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Jugend und Berufshilfe im DW Saar, mitteilt. Entschieden weniger Personal also. Einsamer ist es im Kaufhaus aber trotzdem nicht geworden, weil gleichzeitig immer mehr Leute hier nach einem Kleidungsstück, einem Bett oder einem Fernseher suchen. 2014 zählte das DW 16 168 Kunden, und es werden immer schneller immer mehr: 2013 waren es 14 500, 2012 noch 12 000 und 2011 11 000.

Da glaubt man gerne, dass Ute Wilegala und Marina Blau-Croce, die gemeinsam das Sozialkaufhaus koordinieren, selig sind über die Zuarbeit von Mitarbeitern anderer DW-Projekte wie der Völklinger Börse. "Von außen erkennt man nämlich nicht, wie viel Arbeit dahinter steckt", sagt Ute Wilegala. Gespendete Möbelstücke müsse man aufarbeiten, die Kleidung waschen. Und weil statt der 25 Bürgerarbeiter nur noch acht Ein-Euro-Jobber Hand anlegen, geht auch der Service des Kaufhauses zurück. Man würde ja gerne den eben verkauften Wandschrank liefern. Nur wer fährt? Alle sind eingespannt. Also bleibt der Schrank ein wenig länger im Kaufhaus stehen, der Platz für Neues ist vorerst blockiert. Der Ablauf insgesamt verlangsamt sich, erklärt Marina Blau-Croce. Immerhin habe man es geschafft, die Öffnungszeiten zu halten.

Der Rückgang von 25 Bürgerarbeitern auf derzeit acht Ein-Euro-Jobber bedeutet aber nicht nur weniger Personal . Da die Bewilligung immer nur für ein halbes Jahr gilt, geht die Planungssicherheit verloren. Die Bürgerarbeiter, die bis zu drei Jahre bleiben konnten, brachten im Laufe der Zeit ihre wachsende Erfahrung mit ein. Die Chance, dass die aktuellen Ein-Euro-Jobber auch über den 31. Juli hinaus im Sozialkaufhaus arbeiten können, hält Fritz Dreyer dagegen für sehr gering. Neue Kräfte müssen neu eingearbeitet werden. Und das droht sich alle sechs Monate zu wiederholen.

Darunter leidet auch die ansonsten sehr angenehme Stimmung. "Man spürt gegen Ende der sechs Monate eine wachsende Verzweiflung unter unseren Ein-Euro-Jobbern", sagt Blau-Croce. Für die Leute verschwinde mit dem Ausscheiden auch das Gefühl, an etwas teilzuhaben. "Manche fallen dann in ein richtiges Loch."

Auch wenn das DW auf der anderen Seite stolz auf seine Rückführungsquote von Ein-Euro-Jobbern in den ersten Arbeitsmarkt von 20 Prozent ist: So kann es für beide Seiten auf die Dauer nicht weitergehen, sagt Fritz Dreyer. "Was wir brauchen, ist ein vernünftiges Förderprogramm für Langzeitarbeitslose ."Bei weitem nicht jeder Kunde, der im Diakoniekaufhaus im Nordring 69 ein und ausgeht, ist ein Sozialfall: Auch alle anderen sind willkommen, können stöbern und mit wenig Geld einkaufen. "Hier kommen auch jede Menge Studenten vorbei", sagt Marina Blau-Croce, die sich mit Ute Wilegala zusammen sehr darüber freut, dass ihre Einrichtung zu einem lebendigen Treffpunkt geworden ist. Das soll ein kleines Bistro demnächst noch verstärken.

Im Mittelpunkt stehen aber in jedem Fall Bedürftige - zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger und manche Rentner. Wer seine Bedürftigkeit nachweisen kann, erhält 20 Prozent Rabatt auf die ohnehin niedrigen Preise. Ein Fernseher kostet unter Umständen fünf Euro , ein Anzug ebenfalls. Vieles ist auch ausschließlich für Bedürftige bestimmt wie beispielsweise Küchen, weil sie Mangelware und für den Alltag wichtig sind, oder vielleicht ein Bett. Das Möbelgeschäft Ikea beispielsweise besteht darauf, dass die von ihm gespendete Ausschussware ausschließlich Bedürftige erreicht. Möbel Martin vermittelt Kontakt zu seinen Kunden, die etwas abgeben wollen. Mit diesem Schwerpunkt folgt das Diakoniekaufhaus seiner Pflicht, dass seine Maßnahmen wettbewerbsneutral sein und im öffentlichen Interesse stehen müssen.

Im Kaufhaus findet man neben Möbeln vor allem Kleidung. 16 600 Textilen sind im vergangenen Jahr über die Ladentheke gewandert, verrät Fritz Dreyer. Bei den Möbeln waren es 1409 Stück. 43 Kühlschränke sind verkauft worden und 641 Elektrogeräte. Bevor diese in den Verkauf gehen, werden sie technisch überprüft. Es gibt Stereoanlagen, Tische und manchmal auch Fahrräder.

Ein Regal ist bis unter die Decke mit Brettspielen gefüllt. Kinderkleidung gibt es obendrein, kaum getragene Schuhe, aus denen die jungen Vorbesitzer in null Komma nichts hinausgewachsen waren. Auch frisch gewaschene und aufgearbeitete Kinderunterwäsche und Strampelanzüge.

Manche Regale sind nicht ganz so voll wie vergleichsweise die mit den Büchern oder den Schallplatten. Das gilt vor allem für Haushaltswaren. Wer Töpfe, Pfannen, Gläser und Ähnliches abzugeben hat, wird mit Kusshand empfangen. Auch modernes Spielzeug und moderne Kinderkleidung sind als Spenden willkommen.

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Auf einen BlickDas Völklinger Sozialkaufhaus befindet sich am Nordring 69. Die Öffnungszeiten: montags 9 bis 16, dienstags und donnerstags 9 bis 18 und freitags 9 bis 12 Uhr. Kontakt: Tel. (0 68 98) 69 02 11 05. avm

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