Neue Wege zum Nutzen der Region

Völklingen · Vor zehn Jahren endete der Bergbau in der Region: Im Juni 2005 förderten Bergleute in der Grube Warndt-Luisenthal die letzte Kohle. Was ist seither aus den brach gefallenen Gruben-Flächen geworden? Ein Rückblick.

 Spatenstich auf dem Gelände der Saarland-Raffinerie 2003 – Wolfgang Quecke (DSK-Betriebsdirektion Sanierung von Bergbaustandorten), DSK-Chef Bernd Tönjes, Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi und Völklingens Bürgermeister Jochen Dahm (von links) mussten auf hartem Boden richtig ackern. Archivfoto: Engel

Spatenstich auf dem Gelände der Saarland-Raffinerie 2003 – Wolfgang Quecke (DSK-Betriebsdirektion Sanierung von Bergbaustandorten), DSK-Chef Bernd Tönjes, Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi und Völklingens Bürgermeister Jochen Dahm (von links) mussten auf hartem Boden richtig ackern. Archivfoto: Engel

Ehe er auf Orte und Projekte der Nach-Bergbau-Zeit zu sprechen kommt, erinnert Rudolf Krumm, Saar-Repräsentant der RAG Montan Immobilien GmbH, an Grundsätzliches. Schon bevor die Grube Warndt-Luisenthal geschlossen wurde, begann das Nachdenken, wie man das Ende des Bergbaus bewältigen könne: Man setzte sich zusammen zur Regionalen Strukturkonferenz. "Ein Novum", sagt Krumm, Vergleichbares gab es zuvor in Deutschland nie. Aus dieser Gemeinsamkeit - hinweg über Teil-Interessen des Unternehmens, der Kommunen, des Landes, der Bergleute, der von Bergschäden Betroffenen - sei "sehr viel Positives" entstanden. Besonders aus den Bürgerwerkstätten, die Gerd-Rainer Damm ins Leben rief, damals Chef der Landesplanung und Leiter der Strukturkonferenz-Arbeitsgruppe Flächenentwicklung. Damm habe als Moderator, als Vermittler "einen sehr guten Job gemacht", sagt Krumm anerkennend. Die Strategie für den Warndt, die aus den Bürgerwerkstätten entstand, habe große Bedeutung erlangt - auch für die Prozesse bei der EU-Leader-Förderung später.

Und die Projekte des ersten Nach-Bergbau-Jahrzehnts in der Region "können sich sehen lassen", meint Krumm. Er erinnert an ein weiteres Novum: Das Völklinger Gewerbegebiet Ost ("eine schwere Geburt") wurde schon vor Bergbau-Ende für eine Neunutzung freigegeben. Da habe das Unternehmen die Schadensrisiken aus dem noch laufenden Abbau abgewogen und für "beherrschbar" befunden. "Und es hat hingehauen", Schäden seien nicht bekannt. Für 19 Hektar Bergbaubrache gab es so recht rasch eine neue Nutzung. 37,5 Hektar Kokereigelände kamen bald hinzu. Und dann folgte, 2009, der Verkauf von rund 80 Hektar auf der Tagesanlage der früheren Grube Warndt. Noch eine Premiere: So schnell, sagt Krumm, habe noch nie zuvor in Deutschland ein Kohle-Areal eine neue Zweckbestimmung gefunden. Geplant war damals ein Zentrum für Bioenergie - eine Idee, die bei der ersten Bürgerwerkstatt 2004 entstanden war. "Ohne die Regionale Strukturkonferenz wäre dieses Tempo nicht möglich gewesen", sagt Krumm. "Wenn Strukturwandel denn funktionieren soll, kann es nur in einem gemeinsamen Kraftakt gehen."

Aus dem Bioenergiezentrum ist dann doch nichts geworden, und das Strategiepapier von 2004 ist in vielen Teilen Makulatur - ja, sagt Krumm, so etwas müsse man stetig aktualisieren, das sei hier leider nicht geschehen. Inzwischen - Damm ist im Ruhestand - sei auch die Moderatoren-Rolle unbesetzt. Dennoch, Krumm sieht große Strukturwandel-Erfolge, wurden doch 169 Hektar Gewerbefläche neu erschlossen.

Und 40 Hektar Rosseltal sind saniert. So, dass Geislautern vor Hochwasser geschützt und zugleich ein von der Industrie ausgebeutetes Areal wieder ökologischen Wert bekommen hat. "Das hat sich toll entwickelt", sagt Krumm, "darauf sind wir sehr stolz." Vor fast genau zehn Jahren, im Juli 2005, ging diese Sanierung zu Ende.

Viele andere Fragen sind noch offen, auch nach zehn Jahren noch. Gewiss, sagt Krumm. Und fügt lächelnd hinzu: "Die Botschaft ist: Strukturwandel ist immer eine Mischung aus gut laufenden und schwierigen Projekten."

> Serie wird fortgesetzt.

 2009 in Karlsbrunn brauchten die Spaten-Schwinger nur Sand zu bewegen – von links: Hans-Peter Noll (RAG Montan Immobilien), Umweltminister Stefan Mörsdorf, Investor Albert Winzent, Ministerpräsident Peter Müller, Großrosselns Bürgermeister Peter Duchene und RAG-Chef Bernd Tönjes. Archivfoto: Becker & Bredel

2009 in Karlsbrunn brauchten die Spaten-Schwinger nur Sand zu bewegen – von links: Hans-Peter Noll (RAG Montan Immobilien), Umweltminister Stefan Mörsdorf, Investor Albert Winzent, Ministerpräsident Peter Müller, Großrosselns Bürgermeister Peter Duchene und RAG-Chef Bernd Tönjes. Archivfoto: Becker & Bredel

 Landesplaner Gerd-Rainer Damm war Moderator beim Strukturwandel. Foto: Lorenz

Landesplaner Gerd-Rainer Damm war Moderator beim Strukturwandel. Foto: Lorenz

Foto: Lorenz

Zum Thema:

Auf einen BlickSeptember 2003: Die Deutsche Steinkohle AG (DSK - heute Ruhrkohle AG, RAG) entscheidet, das Bergwerk Warndt-Luisenthal zu schließen. März 2004: Die Regionale Strukturkonferenz nimmt ihre Arbeit auf. Land, Kommunen, Bergleute, Bergbaubetroffene und Bergbauunternehmen diskutieren gemeinsam, wie sich das Ende des Bergbaus in der Region bewältigen lässt. September 2004: Die Stadt Völklingen übernimmt von der DSK 19 Hektar Raffineriegelände als Gewerbefläche. November 2004: Gut 100 Bürger entwickeln bei der "Werkstatt Zukunft Warndt" Strategien für die Region.Juni 2007: Die Völklinger Stadtwerke erwerben das einstige Kokereigelände als Gewerbefläche.Juli 2009: Der Investor Albert Winzent erwirbt die Tagesanlage der früheren Grube Warndt in Karlsbrunn, um dort Bioenergie aufzubauen. Zuvor hat die DSK bereits kleinere Flächen an Saarforst und die Steag verkauft. dd

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