Die Erde kommt noch nicht zur Ruhe

Ludweiler · Immer wieder tun sich Erdspalten auf am Ortsrand von Ludweiler (6000 Einwohner). Wege werden gesperrt, und Bürger sind beunruhigt. Axel Schäfer, Experte bei der RAG, erläuterte im Ortsrat die Hintergründe.

 Umzäuntes Risiko: Jagdpächter Bernd Müller im vergangenen März vor einer Bruchspalte mitten auf einem Weg am Ortsrand von Ludweiler.

Umzäuntes Risiko: Jagdpächter Bernd Müller im vergangenen März vor einer Bruchspalte mitten auf einem Weg am Ortsrand von Ludweiler.

Foto: Archivfoto: Becker & Bredel

Es erschreckt die Menschen, wenn sich die Erde auftut. In ehemaligen Bergbaugebieten ist das auch noch heute möglich, wie RAG-Obermarkscheider Axel Schäfer als Experte am Montagabend im Ortsrat Ludweiler berichtete.

Sein Thema: Bruchspalten. Neue gebe es im Warndt nicht, so betonte er. "Die vorhandenen Bruchspalten sind alle spätestens um 1999 entstanden", so Schäfer. Eine mächtige Buntsandsteinplatte sei der Grund dafür, dass sie sich aufgetan hätten. Buntsandstein sei spröde und breche, wenn unter ihm wegen des Kohleabbaus ein Hohlraum entstehe, der Druck von der Erdoberfläche aber bestehen bleibe. Am Rand einer solchen Bruchfläche gebe das Erdreich nach, eine Spalte entstehe. Denen, die hinter den Bergarbeitern aufräumten, bleibe es nur, diese Spalten zu verfüllen - etwa mit Beton. "Das machen wir dort, wo Straßen und Wege über den Bruchspalten liegen", so der Markscheider. Dazu sei Brückenbeton verbaut worden, und Schäfer ist überzeugt: "Das hält."

Eine andere Möglichkeit sei es, die Spalten mit einer Mischung aus groben Steinen und Feinmaterial zu verfüllen. Der Nachteil dieser Methode: Regen und vor allem Starkregen wie in den vergangenen Tagen spüle das Feinstkorn aus, das Wasser transportiere das Material tief in den Boden. Und oben, wo das Material jetzt fehle, tue sich die Erde erneut auf. Schäfer: "Das passiert selbstverständlich häufig zu dieser Jahreszeit, wenn des öfteren heftige Regenereignisse auftreten."

Grundsätzlich seien aber alle Bruchspalten verschieden, keine sei wie die andere: "Ohne blasphemisch sein zu wollen, das liegt daran, dass der liebe Gott die Erde ziemlich unregelmäßig erschaffen hat." Weil sich bei der zweiten Methode die genannte Schwäche gezeigt habe, sei das Verfahren technisch verfeinert worden. In etwas mehr als einem Meter Tiefe unter der Erdoberfläche werde ein Vlies eingebaut, wie man es aus dem Garten- und Teichbau kenne.

Dieses lasse zwar Wasser durch, aber nicht das Feinstkorn. Es werde vom Vlies zurück gehalten. Schon einen Ort weiter, nämlich in Geislautern, sei die Gemengelage eine andere, weil dieser Völklinger Stadteil auf einem dicken unterirdischen Granitgebirge liege - mit wesentlich geringerem Bruchrisiko als der spröde Buntsandstein. Der bringe aber auch Vorteile. Er gelte nämlich als hervorragender Trinkwasserfilter und so befinde sich im Werbelner Tal ein riesiger Trinkwasserspeicher. "Weil zwischen Buntsandstein und Karbonschicht noch eine so genannte Grenzlette liegt", erklärte der Fachmann. Die besteht im Warndt aus Lehm.

Dies aber machte die Ortsratsmitglieder besorgt. Schließlich ist bekannt, dass das Grubenwasser ansteigt. Eine unbegründete Sorge, so Schäfer. Die Grenzlette liege wie eine dicke, abdichtende Gummimatte dazwischen. "Hätte sie ein Loch, wäre das Grundwasser schon weg", so argumentierte Schäfer. Also könne das Grundwasser nicht tiefer nach unten, das Grubenwasser nicht weiter nach oben. Das Grundwasser bliebe im Trinkwassergewinnungsgebiet also oberhalb der Grenzlette, das Grubenwasser darunter, auch wenn es noch so sehr nach oben drücke. Es könne höchstens bis zum Niveau der Saar ansteigen - und auch nur dort, wo es nicht von einer Grenzlette gestoppt werde.

Zum Thema:

Rückschau 1283 Gebäude lagen im Einwirkungsbereich des Kohleabbaus im Feld Geislautern. Rund 1100 Bergbau-Schäden wurden schon bis Abbauende 1999 in Ludweiler gemeldet, viele Häuser abgerissen. Spektakulärster Fall: 1999 wurde der Turm der Herz-Jesu-Kirche gesprengt. Die Kirche wurde inzwischen durch einen Neubau ersetzt. red

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