Von großem Krach und Explosionen

Völklingen · Bernd Meyer hat einst selbst in der Hütte gearbeitet – zum großen Glück für die Kinder, die an Ostern mit ihm durchs Völklinger Weltkulturerbe geschlendert sind. Wenn er erzählt, entstehen Filme in ihrem Kopf.

Spezielle Führungen für Kinder durch die alte Völklinger Hütte funktionieren ähnlich wie die "Sendung mit der Maus". Alles wird anschaulich erklärt. Was für Nachwuchs konzipiert wurde, kommt auch bei Erwachsenen gut an. Kein Wunder also, dass sich jetzt in den Osterferien ganz viele große und kleine Besucher um Hüttenbegleiter Bernd Meyer drängeln. Die Hüttentour mit Bernd Meyer ist außergewöhnlich. Der große, stattliche Mann hat früher selbst hier gearbeitet und erzählt, er sei bei einer Explosion schwer verletzt worden. Danach, so sagt er zu den Kindern, habe er Angst vor Feuer gehabt und sei erst wieder hierhin zurück gekehrt, als es aus war.

So beginnt die Besichtigung mit einem sehr persönlichen Bekenntnis. Schnell wird klar, dass man die stillgelegte Hütte diesmal aus einer etwas anderen Perspektive erleben wird. Das Weltkulturerbe ist nämlich nicht nur monumental, sondern auch monströs. Vor den großen Windmaschinen in der Gebläsehalle, die früher Gasgebläsehalle hieß, schildert Meyer, welch gigantische Mengen Öl jede Maschine verbrauchte. Er erzählt von dem giftigen Schmieröl, das jeden Tag abfiel. Von der Hitze und dem Lärm. 30 Kilometer weit habe man die Maschinen zischen hören, sagt Bernd Meyer, und da könne man sich wohl vorstellen, wie laut es hier in der Halle zugegangen sei.

Vor der Sinteranlage wird eindrucksvoll das Erz aus Lothringen geschildert. Großbrockig und feinstaubig sei es gewesen. "Das war die größte Dreckschleuder in Völklingen", sagt Meyer. In den 50er Jahren, wäre der Staub, der in den Himmel stieg, so aggressiv gewesen, dass die Völklinger alle zwei Tage ihre Autos waschen und polieren mussten, sonst hätte man sie nach zwei Jahren wegschmeißen können.

Vor einem Hüttenarbeiterbild auf dem Freigelände lässt Meyer die Kinder raten, wie alt der Mann auf dem Foto ist. Nicht mal 50, sagt er und zeigt auf das zerfurchte Gesicht. Das Dunkle wären Eisenpartikel, und genauso wie die Haut hätte auch die Lunge ausgesehen. Wenn dieser Mann in ein Kaufhaus ginge, würden die Kontrollen piepen.

Ganz früher - die Anfänge reichen bis 1873 zurück - muss die Arbeit noch viel härter gewesen sein. Der Schrägaufzug wurde, wie Meyer erklärt, 1911 in Betrieb genommen. Vorher hätten die Leute das Material auf dem Buckel hochschleppen müssen. Was das bedeutet, kann man sich in etwa vorstellen, wenn man die 136 Stufen zur Gichtbühne hinaufsteigt.

Am tiefsten Punkt hätten die Hochöfen 2000 Grad gehabt, oben 200. Rundherum war es gefährlich heiß. Bis 1951, als man feststellte, dass sich aus der Schlacke Steine und Zement machen lassen, habe man sie angehäuft. "Sie ist immer noch heiß", sagt Bernd Meyer und zeigt auf die beiden Schlackeberge in der Ferne. Später geht es zum Experimentieren ins Ferrodrom oder auf die Rutsche im Paradies. In einem Gespräch am Rande erzählt der Hüttenbegleiter von der Explosion, die sich 1975 ereignet hat und bei der 13 Leute starben. Die Kameradschaft habe ihn wieder aufgebaut. Jeden Tag nach der Schicht wären die Kameraden zu ihm ins Krankenhaus gekommen und hätten gesagt: "Großer, mach weiter."

Weitere Führungen gibt es am Donnerstag, 24. April, 11 Uhr: Ferrodrom, 13 Uhr: Industrie- und Landschaftsgarten "Das Paradies" und 15 Uhr: Fotoausstellung "25 Jahre Deutsche Wiedervereinigung" (Möllerhalle). Sonntag, 27. April, 11 Uhr: Ferrodrom, 11.30 Uhr: Ausstellung "Generation Pop" (Gebläsehalle), 14.30 Uhr: Paradies, 15 Uhr: Hochofen, 16.30 Uhr: Generation Pop.

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