„Der kleine Bär“ kommt nicht in die Presse

Völklingen · Ein ausgemustertes Dienstschiff aus Niedersachsen macht in Völklingen Karriere als Sympathieträger der Metallurgischen Gesellschaft. Nein, man kann weder Eisdiele noch Karnevalswagen draus machen, Geschäftsführer Christian Broh gibt es nicht mehr her.

 Das bunte Boot (im Vordergrund), genannt „Der kleine Bär“, ist seit Jahren Blickfang im Schrottlager von Saarstahl an der Kaimauer an der Saar bei Völklingen. Foto: Becker & Bredel

Das bunte Boot (im Vordergrund), genannt „Der kleine Bär“, ist seit Jahren Blickfang im Schrottlager von Saarstahl an der Kaimauer an der Saar bei Völklingen. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Schiffe auf dem Wasser sind normal. Schiffe an Land aber erregen Aufmerksamkeit. So wundern sich viele Zeitgenossen über das Kabinenboot, das auf der Saar-Kaimauer von Saarstahl in Völklingen quasi auf dem Trockendock steht, auf dem Gelände, wo der Schrott lagert. Das Schiff steht rechts von den silbrig funkelnden Altmetallbergen. Gut erkennt man es beim Vorbeifahren auf der Autobahn in Richtung Saarbrücken, am besten aber als Spaziergänger auf dem Leinpfad. Es ist verwittert, hat aber immer noch Charakter.

Christian Broh, Geschäftsführer der Metallurgischen Gesellschaft Saar (sie kauft den Stahlschrott für die Produktion der Hütte ein), erzählt die Geschichte dieses Bootes gern und oft. Es ist mittlerweile eine Art Maskottchen der Saarstahl-Tochterfirma geworden, ein Sympathieträger, und wenn der Chef seine berufliche Aufgabe heiter auf den Punkt bringen will, dann sagt er: "Ich bin der mit den silbernen Würfelchen und mit dem Schiff."

Es war so, dass im Jahr 2008 der Bekannte einer Mitarbeiterin dieses Boot gebraucht bei einer Auktion kaufte. Es ist etwa 13,5 Meter lang, war auf den Namen "Der kleine Bär" getauft, stand in Diensten der niedersächsischen Wasserbehörde, wurde ausgemustert und von einer Bundesgesellschaft versteigert. Der Meistbietende von der Saar wollte es für die Freizeitnutzung herrichten, doch stellte sich heraus, dass das mit zu viel Arbeit verbunden gewesen wäre. Der stählerne Rumpf des "Bären " war nicht so stabil wie erhofft, er hatte Lecks. So trat der Eigentümer an die Metallurgische Gesellschaft mit der Frage heran, ob diese das Boot nicht verschrotten wolle.

Und die nahm es auch. Vom Fluss auf das Firmengelände gehievt und der Verwertung harrend, zog es aber viele Blicke auf sich. Wie sich Christian Broh erinnert, gab es sogar zahlreiche Verkaufsanfragen - Leute wollten Eisbude, Theaterschiff und Karnevalswagen daraus machen. Da das Schiff den Menschen offenkundig Freude bereitete und positive Aufmerksamkeit erzeugte, beschloss man, es leben zu lassen. Vor einem Jahr zog es sogar an einen noch etwas besseren Standort. Ob es dort ewig bleibt, ist nicht entschieden, aber "Der kleine Bär" darf vorerst weiter für Aha-Erlebnisse sorgen.

Was die Silberwürfel auf dem Schrottlager betrifft, so handelt es sich übrigens nicht um massive Metallblöcke, sondern um gepresste Bleche aus der Autoproduktion. Sie entstehen beim Ausstanzen von Karosserieteilen, werden zu 60 mal 60 mal 80 Zentimeter großen und vier Zentner schweren Blöcken gepresst und von der Metallurgischen Gesellschaft als Rohstoff für die Stahlproduktion abgenommen. Das Unternehmen, das 30 Mitarbeiter beschäftigt, fungiert als Einkaufsgesellschaft von Saarstahl und der Dillinger Hütte für Stahlschrott. Der Umschlag der Würfel ist so groß, dass die Blöcke kaum eine Chance haben, zu verrosten. Deshalb glänzen sie stets frisch silbern.

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