„Es muss etwas passieren“

Völklingen · Das Völklinger City-Center wird nicht so gebaut wie geplant. Der Investor nahm dieser Tage wortkarg Abstand von der großen Lösung, hat aber noch nicht verlautet, was er stattdessen vorhat. Ein Stimmungsbericht.

 Die Telefonnummer für ansiedlungswillige Interessenten auf dem Plakat des City-Centers stimmt schon lange nicht mehr. Dabei setzten die Stadtverwaltung und auch Völklinger Bürger anfangs große Hoffnung in das Projekt. Foto: Becker & Bredel

Die Telefonnummer für ansiedlungswillige Interessenten auf dem Plakat des City-Centers stimmt schon lange nicht mehr. Dabei setzten die Stadtverwaltung und auch Völklinger Bürger anfangs große Hoffnung in das Projekt. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel
 Die Mauern in der Passage des ehemaligen Kaufhofgebäudes dienen jetzt als Plakatwände. Doch viele der dort angekündigten Veranstaltungen fanden bereits in 2012 statt.Foto: Becker & Bredel

Die Mauern in der Passage des ehemaligen Kaufhofgebäudes dienen jetzt als Plakatwände. Doch viele der dort angekündigten Veranstaltungen fanden bereits in 2012 statt.Foto: Becker & Bredel

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. Das tennisplatzgroße Transparent am ehemaligen Kaufhof in Völklingen verheißt seit Jahren ein neues City-Center, das es in dieser Größe und architektonischen Brillanz wohl nicht geben wird. Bezeichnenderweise stimmt auch die Telefonnummer nicht mehr, unter der sich ansiedlungswillige Interessenten melden können. Dass das riesige Plakat dennoch an der Fassade verbleibt, wird von Vielen, die am Ort ihr Geld verdienen, dennoch gern gesehen - als Zeichen des Aufbruchs. "Die Völklinger warten drauf, dass was passiert. Es muss was passieren", bringt es Nora Becker auf den Punkt. Seit 33 Jahren betreibt sie in der Rathausstraße ein Schmuckgeschäft und zählt damit zur wackeren Garde der Unternehmer, die zäh an die Chancen des Standortes glauben. Manche Kollegen hätten die Schuld für schlechte Geschäfte bei der Stadtverwaltung oder anderen Sündenböcken gesucht, anstatt sich selbst zu hinterfragen, findet die Geschäftsfrau. Michaela Lengert, Mitinhaberin eines Reisebüros, ist "sehr traurig" über die Probleme mit dem City-Center, das die Stadt dringend brauche, um Kaufkraft zu binden. Außerhalb der Stadt werde aber schon über diese angebliche "Luftnummer" gespöttelt. Dem ohnehin schlechten Ruf Völklingens tue das nicht gut. Auch Michael Schaumburg, der Wirt des kürzlich neu belebten Café Duck Dich, hat schon Abfälliges über das Großprojekt gehört. Die Leute glaubten, die Stadt sei von Investoren "abgezockt" worden. Eine "bodenlose Entwicklung, ein Stadt-Massaker", verantwortet von "leichtfertigen Kommunalpolitikern ohne Plan B" vermutet ein alter Völklinger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will: "Es gibt in Deutschland nur eine Firma, die erfolgreich City-Center entwickelt. Die hatten wir hier nicht", sagt er und zeigt auf die Kaufhof-Ruine und die daneben stehenden, eigentlich zum Abriss vorgesehenen Häuser. Immerhin tun die alten Mauern gute Dienste als Plakatwände - wenn auch die meisten Veranstaltungen, die hier beworben werden, schon im Jahr 2012 stattfanden. Mutig aber hat sich auch das Plakat vom "Kleinen Eisbär" des Kindergartens auf den alten Hintergrund aus Hiphop und Schwermetall-Musik gewagt. Ein hübsches Symbol vielleicht.

Aber was soll nun weiter werden? Die meisten Leute sehen die Entwicklung eher gelassen als angstvoll. "Wir sind froh, dass wir den Globus und das Weltkulturerbe haben", sagt Immobilienvermittler Hermann R. Binz und erwartet ein "nicht so wuchtiges Center". Nora Becker ist dafür, "mit Überlegung und nicht hauruck" Stadtentwicklung zu betreiben.

Und dass auf dem Gelände des ehemaligen Kaufhof-Querriegels nun beliebte Parkplätze entstanden sind - das sei doch schon was, findet ein Anlieger. . Laien mögen sich wundern, dass sogar der Völklinger Globus-Geschäftsleiter Jörg Moll ein großes Einkaufszentrum anstelle des ehemaligen Kaufhofes gut heißt. Nanu, wäre das keine missliebige Konkurrenz? Nein, erklärt Moll, es wäre "eine Bereicherung für die Stadt, denn es zöge Kunden an, was wiederum auch uns zugute käme". Deshalb hat der Globus-Chef auch Interesse an einem möglichst großen City-Center, vorausgesetzt natürlich, dass dort kein breit sortierter Lebensmittelmarkt enthalten ist, der ihm Wettbewerb im Kerngeschäft machte.

Die vage Ankündigung des Völklinger Investors, das ursprünglich geplante Zentrum nicht zu bauen, sondern demnächst eine kleinere Variante vorzustellen, kommentiert Hans E. Agostini mit relativer Gelassenheit. Der Chef des Völklinger Wirtschaftskreises, als nahezu unerschütterlicher Optimist bekannt, hält es für überflüssig und schädlich, nun Schuldige zu suchen oder an Motiven herumzumäkeln. Solche Entscheidungen von Geldgebern und Bauherren seien als Fakten hinzunehmen und nicht zu diskutieren. Wichtig sei, das große Ganze im Auge zu behalten: Völklingen brauche Investoren und Kaufleute, die das Glück in die Hand nehmen, leere Flächen beleben und Angebotslücken schließen. Die Nachfrage der Kundschaft sei vorhanden, das entsprechende Angebot aber nicht. Weiterhin müsse man sich über jedes einzelne Zugpferd freuen, weil es Frequenz in die Stadt bringe. Im Kern gehe es darum, eine negative Spirale umzudrehen, die da heißt: Es kommen zu wenig Leute, weil Angebot und Leistung nicht stimmen, und das Angebot stimmt nicht, weil zu wenig Leute kommen.

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