Das Problem der Überalterung

Quierschied · Roswitha Riechert führt seit fast einem Vierteljahrhundert den Kneippverein Quierschied. Vorbildlich – aber auch sinnbildlich für die Probleme, die der Kneippbund bei der Acquise von jungen Ehrenamtlern hat.

 Roswitha Riechert erhielt im Jahr 2013 aus der Hand von Innenstaatssekretär Georg Jungmann die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Foto: ll

Roswitha Riechert erhielt im Jahr 2013 aus der Hand von Innenstaatssekretär Georg Jungmann die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Foto: ll

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Der Kneippbund Saar ist wohl der älteste Verein im Landessportverband für das Saarland (LSVS). Nicht, weil er schon so lange Mitglied des LSVS wäre, sondern wegen seiner überalterten Mitgliedsstruktur: Von insgesamt 22 633 Mitgliedern sind mit 11 305 knapp die Hälfte über 60 Jahre alt. "Unser Altersdurchschnitt liegt zwischen 50 und 70 Jahren und ist definitiv zu hoch", sagt die Verbandsvorsitzende Andrea Pielen und erklärt weiter: "Wir finden in der heutigen Zeit einfach keine jungen Leute mehr, die sich ehrenamtlich engagieren wollen."

Roswitha Riechert kann ein Lied davon singen. Sie ist mit ihren 78 Jahren die älteste Vereinsvorsitzende innerhalb des Kneippbunds. Seit fast 25 Jahren steht sie dem Kneippverein Quierschied vor und hat für ihr großes ehrenamtliches Engagement 2013 sogar das Bundesverdienstkreuz erhalten. In Ihrer Amtszeit ist der Verein von rund 500 auf 1692 Mitglieder gewachsen - davon sind 772 über 60 Jahre alt. "Ich habe mit Jürgen Thiel Gott sei Dank noch einen 2. Vorsitzenden gefunden, mit dem die Zusammenarbeit sehr gut klappt. Wir haben auch schon gesagt, dass wir gerne noch einige Zeit so weitermachen wollen", sagt Riechert. Das heißt nicht, dass sie das Amt nicht zur Verfügung stellen würde: "Wenn es jemanden gäbe, der es gerne machen würde, dann schon."

Im Moment geht sie davon aus, mit 80 Jahren aufhören zu können. Aber: "Es gibt Vorstandsmitglieder, die schon gesagt haben, dass sie auch aufhören, wenn ich aufhöre. Es ist nicht mehr so wie früher, als die Leute noch froh waren, wenn sie ehrenamtlich tätig sein konnten", klagt die Seniorin, "Heutzutage sind alle beruflich sehr engagiert, die Kinder kommen erst nachmittags von der Schule nach Hause und gehen dann noch in Sportvereine."

Das Problem der Überalterung steht auf der Agenda des Landesverbands. "Deshalb gehen wir vermehrt in die Vereinsberatung und schauen, wie man den jüngeren Leuten die Angst vor der Verantwortung nehmen kann", kündigt Andrea Pielen an und nennt ein pragmatisches Beispiel: "Wir machen Satzungsänderungen und Team-Vorstände. Ämter werden dann nicht mehr auf vier, sondern auf zwei Jahre gewählt und Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt. So könnte die Entscheidung für eine ehrenamtliche Tätigkeit leichter fallen."

Die Gefahr, dass manche Vereine wegen dieses Problems keine Zukunft haben, ist real: "Gerade Leute, die schon über 20 Jahre im Verein tätig sind, wollen nicht unbedingt ein neues Angebot schaffen, sondern alles beim Alten lassen. Da sehe ich schon eine große Problematik, obwohl unsere Mitgliederentwicklung im Moment toll ist", sagt Pielen und nennt die Kinder- und Jugendarbeit der Kneippvereine in Merzig, St. Ingbert, Rohrbach und Bexbach als positive Gegenbeispiele. Auch über die Nachwuchsarbeit in Quierschied ist Pielen begeistert. Und das, obwohl - oder gerade weil - die Vereinsvorsitzende Roswitha Riechert die älteste im Kneippbund Saar ist.

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