„Emotionale Stabilität“ steht im Mittelpunkt

Friedrichsthal · Die Montessori-Gemeinschaftsschule/Gesamtschule in Friedrichsthal ist eine Privatschule mit alternativem Unterrichtskonzept. Am Donnerstag führt das Berliner Theaterensemble Radiks dort das Stück „Fake oder: War doch nur Spaß“ auf. Es geht darin um Cybermobbing, das öffentliche Bloßstellen und Beleidigen im Internet sowie Belästigen per Handy. SZ-Mitarbeiter Gerrit Scherer hat mit Schulleiterin Anette Dragan über das Projekt gesprochen.

Wie kamen sie auf dieses Thema?

Anette Dragan: Das Thema nimmt immer mehr Einzug in die Schulen. Probleme mit sozialen Netzwerken bleiben nicht auf die Freizeit beschränkt.

Die Jugendlichen bringen sie auch mit zu uns. Deshalb fühlen wir uns natürlich verantwortlich, das Thema mit ihnen zu besprechen.

Beobachten Sie auch an Ihrer Schule Fälle von Mobbing ?

Dragan: Hin und wieder beobachten wir so etwas, ja. Aber es ist nicht so, dass sich solche Vorfälle häufen. Wir wollen vor allem vorbeugen. Als Montessori-Schule stellen wir die emotionale Stabilität und die Stärkung sozialer Kompetenzen in den Mittelpunkt. Deshalb nehmen bei uns Teambildungsmaßnahmen, außerschulische Aktivitäten und Streitschlichtungen viel Raum ein und helfen, Probleme wie Mobbing von vorneherein zu vermeiden.

Was ist an den Folgen von Cybermobbing besonders schlimm?

Dragan: Sie sind vor allem weitreichender. Denn Schüler sind heute ständig erreichbar. Der direkten Konfrontation kann man aus dem Weg gehen. Bei Nachrichten auf dem Handy ist das schwieriger. Vielen Schülern fällt es unglaublich schwer, beispielsweise Absender beleidigender Nachrichten zu sperren. Außerdem kann Mobbing auch in Onlinenetzwerken in Form von Likes und Dislikes erfolgen.

In dem Stück wird auch die Sexualisierung thematisiert. Haben Internet und Smartphone Auswirkungen auf die Sexualität der Jugendlichen?

Dragan: Dass Jugendliche dadurch früher sexuell aktiv werden, wurde bereits widerlegt. Beeinflusst wird ihr Verhalten natürlich trotzdem.

Ich glaube, gerade für Mädchen ist es schwierig, damit umzugehen, wenn ihnen zum Beispiel jemand anzügliche Bilder aufs Handy schickt.

Das ist dann mit großer Scham verbunden und kann auch Angst machen.

Sind sich Jugendliche über die Konsequenzen ihres Online-Verhaltens im Klaren?

Dragan: Nicht in dem Ausmaß. Ein Video ist eben schnell verschickt. Sie wissen auch oft nicht, inwieweit sie gesetzliche Grenzen überschreiten.

Sehen Sie da auch die Eltern in der Pflicht?

Dragan: Das A und O ist die Aufklärung, damit Eltern mit solchen Problemen nicht überfordert sind. Dazu gibt es Internetseiten mit Tipps, und wir haben dazu auch schon Info-Abende für Eltern veranstaltet. In der Schule selbst herrscht Handyverbot. Nur Oberstufenschüler dürfen das Handy zu unterrichtlichen Zwecken nutzen.

Was kann da ein Theaterstück leisten?

Dragan: Das Stück ist Interaktionstheater, die Schüler sind also direkt beteiligt. Die Geschichten erleben sie hautnah, und sie werden sich gut in die Darsteller hineinversetzen können. Bei den Emotionen, die dann aufkommen, möchten wir ansetzen, wenn wir das Thema im Unterricht aufarbeiten. Es lädt ein zu einem Blick auf unsere Erlebnis- und Medienwelt und auf die eigene Identität. Dass wir das Theaterstück für alle Klassen veranstalten, zeigt, dass wir als Schulgemeinschaft alle zusammen hinschauen.

Wie sind Sie ausgerechnet auf die Gruppe Radiks gekommen?

Dragan: Das Theaterstück wurde 2013 für den Klicksafe-Preis nominiert, eine EU-Initiative für Internetsicherheit. Dadurch bin ich auf die Gruppe aufmerksam geworden. Die Kosten für den Auftritt übernimmt unser Trägerverein. Damit soll auch ein Signal gesetzt werden, dass wir das Thema wichtig finden. Denn es betrifft nicht nur unsere Schüler, sondern die Jugend insgesamt.

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