Heimweh, Reiselust und glückliche Kinder

Friedrichsthal · Im Friedrichsthaler Lutherhaus berichteten vier junge Erwachsene von ihren Erfahrungen, die sie während eines freiwilligen sozialen Jahres im Ausland sammelten. Darunter auch Menschen, die in Deutschland ihren Dienst absolvieren.

 Vier Jugendliche absolvieren ein Soziales Jahr in Bolivien, Agentinien, Paraguay und Deutschland. Weitere überlegen, ähnliche Erfahrungen zu sammeln.Foto: Thomas Seeber

Vier Jugendliche absolvieren ein Soziales Jahr in Bolivien, Agentinien, Paraguay und Deutschland. Weitere überlegen, ähnliche Erfahrungen zu sammeln.Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Wenn jemand sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einem anderen Land absolviert hat, dann kann er danach über mehr als große Unterschiede berichten. So ging es vier Frauen, die am Freitagabend beim ,,Argentinischen Abend", den das Gustav-Adolf-Werk (GAW) Rheinland im Rahmen seines Jahresfestes veranstaltete, über ihre Erfahrungen berichteten. Im Lutherhaus in der Bismarckstraße waren Mitglieder des evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost unter dem Motto "Frieden ohne Grenzen" zusammengekommen. Jedes Jahr findet die Veranstaltung in einem anderen Kirchenkreis statt. Die organisatorische Vorbereitung oblag Jürgen Kliebenstein vom Presbyterium. Moderiert wurde der Abend von der Vorsitzenden des GAW Rheinland, Ulrike Veermann.

Bevor die einzelnen FSJler über ihre Erfahrungen berichteten, wies Pfarrer Thorsten Huwald auf einen wichtigen Aspekt hin. Es ginge nicht nur um das Erlernen der Sprache und der Kultur. "Dazu braucht man sehr viel Gottvertrauen", betonte Huwald. Die jungen Menschen seien ein Segen für die Leute, die ihnen anvertraut sind.

Erst vor vier Wochen ist Tabea Schiffer aus der Stadt Hohenau in Paraguay zurückgekehrt. Es handelt sich um eine von deutschen Auswanderern gegründeten Stadt. Sie war dort in einem Kindergarten tätig. Am Wochenende arbeitete sie im nahen Argentinien beim Häuserbau. Tabea Schiffer hatte ihre Präsentation unter das Motto "Wege" gestellt. Das war sowohl zeitlich als auch mental zu sehen. "Wer nur geradeaus geht, kommt nicht sehr weit", meinte die angehende Studentin. Die Deutschen würden vieles zu ernst nehmen und dabei die Kleinigkeiten übersehen. Sie forderte die Anwesenden auf, mehr Spaß an den Tag zu legen.

Den Weg von Crespo in Argentinien nach Schwerte in Nordrhein-Westfalen hat Mariana Wiesner auf sich genommen. Seit einem halben Jahr ist sie in Deutschland und arbeitet in einem Kindergarten, in einem Jugendzentrum und im Konfirmandenunterricht. "Jeden Tag, wenn ich nach Hause gehe, bin ich wirklich glücklich wegen der Kinder", gestand Wiesner. Erste Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen hat Natalie Miete bereits in ihrer Heimat in Paraguay gesammelt. Diese konnte sie in einem Jugendzentrum und im Eine-Welt-Laden in Nörvenich (Kreis Düren) einbringen. Dabei kommt sie aus dem gleichen Ort, in dem Tabea Schiffer ihr FSJ abgeleistet hat: aus Hohenau. "Hier gibt es große Unterschiede. Das macht sich beim Aussehen, bei der Kleidung und auch beim Benehmen bemerkbar. Schockiert sei sie gewesen, weil hier Drogen eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Es gäbe hier weitaus mehr Abhängige als in ihrer Heimat. Sie ging ursprünglich vom umgekehrten Zustand aus. In Deutschland ist sie vom Heimweh geplagt. Eigentlich war sie froh, von zu Hause wegzukommen. Das ist nun nicht mehr der Fall.

Auch die Tochter des Pfarrers, Amélie Huwald, war bis vor kurzem in Bolivien und kümmerte sich in La Paz um Kinderbetreuung. Zudem war sie in einer Kleiderfabrik tätig, in der für das Kindermissionswerk produziert wird. "Hier halten sich die Kinder die Augen zu, wenn sie in einem Film eine Todesszene sehen. In Bolivien nicht. Da schaut man weg, wenn sich im Film ein Paar küsst. In Deutschland ist es genau andersrum", berichtete Amélie Huwald. Sie ging von einem Kulturschock bei der Ankunft in Bolivien aus. Es war jedoch genau umgekehrt: Der Schock trat ein, als sie wieder hier war und sich von Armut auf Luxus umgewöhnen musste.

Interesse schien die Möglichkeit, sich über das GAW ein Jahr sinnvoll im Ausland zu engagieren, auch bei weiteren fünf jungen Leuten zu wecken. Sie waren gekommen, um sich zu informieren. "Diese unterschiedlichen Perspektiven zeigen, dass wir alles andere als zu alt sind", sagte die Vorsitzende Ulrike Veermann. Sie verwies auf die stolze Zahl von 30 Kindern, die die evangelische Kirche Deutschland pro Jahr ins Ausland "schickt". Davon einer aus der rheinländischen Kirche.

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