Von Anforderungen und Anspruchshaltung

Jägersfreude · Der Vertreter des Elternausschusses der Kita Jägersfreude spricht Klartext. Und stellt sich deutlich auf die Seite des Personals. Dieses habe es mit zunehmend erschwerten Bedingungen zu tun.

Der andauernde Streik der Mitarbeiter der öffentlichen Kindertagesstätten bringt Eltern an den Rand von Verzweiflung und Flexibilität. "Der Unmut steigt so langsam", gibt auch Philipp Reiß unumwunden zu. Der Vertreter des Elternausschusses der Kita Jägersfreude sieht die Wut der Eltern jedoch nicht auf die Kita-Beschäftigten gerichtet. Vielmehr zeigt er Verständnis für den Arbeitskampf: "Wer macht schon eine langjährige Ausbildung, um dann einen schlecht bezahlten Job zu machen?". Bis zu fünf Jahre dauere es, bis man so ausgebildet sei, um in einer Kita zu arbeiten.

Die Arbeit sei früher um einiges einfacher gewesen. So habe es etwa genügt - salopp formuliert - mit den Kleinen auf den Spielplatz zu gehen. "Heute sind die Anforderungen viel höher", so Philipp Reiß. Gleichzeitig sei ein höherer Betreuerschlüssel vonnöten, der bislang vom Jugendamt vorgeschrieben wird. Gerade Krippenkinder könne man kaum aus den Augen lassen. Die Betreuer scheuten sich oftmals, die Probleme in den Kitas anzusprechen, um die Eltern und deren Erziehung nicht in ein schlechtes Licht zu rücken.

Mehr Gehalt solle widerspiegeln, wie wichtig die Arbeit in den Kitas schon von Früh auf eigentlich sei. "Man hört aus jedem politischen Lager, dass Kinder unsere Zukunft sind", sagt Philipp Reiß. In den Kitas würden wichtige Werte wie Toleranz, Mitgefühl für Schwächere, Verständnis für andere und Zusammenarbeit im Team vermittelt. Hinzu komme die Vorgabe der Bundesregierung, dass jedem Kind ein Krippenplatz zusteht. Am Ende stehe mit der Umsetzung jedoch die jeweilige Kommune alleine da. Kurz und gut: "Eine Lohnanpassung ist schon lange überfällig". Das Thema werde von den Gewerkschaften noch viel zu niedrig gehalten.

Aus seiner Erfahrung schildert Reiß, dass Zuständigkeiten immer weiter geschoben werden, möchte man auf die Problematiken hinweisen. Dass die Kommunen nun den Eltern Teile der Gebühren zurückerstatten möchten, wie die Stadt St. Ingbert vorgeschlagen hat, sieht er zwiespältig. "Diese Idee geistert seit Beginn der Warnstreiks herum", berichtet Philipp Reiß. Dadurch, dass während des Streiks die Betreuer von den Gewerkschaften bezahlt werden und die Kommunen eventuell nur Teile der Gebühren übernehmen, müsse man aufpassen, "dass die Kommunen nicht noch Gewinn machen".

Überhaupt habe man in Gesprächen mit dem Saarbrücker Rathaus herausgehört, dass die Rückerstattung der Gebühren rechtlich unsicher sei. Trotzdem habe die Verwaltung der Landeshauptstadt, die unter anderem die Trägerschaft der Kita Jägersfreude inne hat, bereits ein entsprechendes Schreiben an Innenminister Klaus Bouillon vorbereitet. Noch einmal bekräftigt Philipp Reiß die Solidarität seitens der Eltern mit den Kita-Beschäftigten. "Eine Kindertagesstätte ist aus Sicht der Eltern keine Verwahranstalt", so lautet sein Fazit. Auch die städtische Kita im Friedrichsthaler Stadtteil Bildstock wurde vom aktuellen Streik betroffen. Wie die CDU-Stadtratsfraktion weiter meldet, sollen die Eltern weiterhin für eine nicht geleistete Betreuung zahlen müssen, werden die entsprechenden Tagessätze der Erziehergehälter vom Arbeitgeber Stadt nicht ausgezahlt, weil für die Dauer der Streik-Teilnahme kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht.

Die CDU-Fraktion im Stadtrat von Friedrichsthal wolle deshalb in der Stadtratssitzung am kommenden Donnerstag (28. Mai) beantragen, dass betroffenen Vätern und Müttern die Gebühren für die Zeit zurückerstattet werden, für die sie keine Leistung erhalten.

"Der Rat muss entscheiden, ob die von den Eltern gezahlten Entgelte zurückerstattet werden. Es kann nicht sein, dass die Eltern dreifach bestraft werden: keine Betreuung, Gebühren zahlen und eine alternative Betreuung organisieren", so Anja Wagner-Scheid und Daniel Jung, beide Fraktionsvorsitzende.

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