Der Herr der Hüte

St Ingbert · Vom Turban eines indischen Priesters bis zum Scheitelkäppchen des Papstes: Ein Saarländer besitzt die weltweit angeblich größte Sammlung an religiösen Kopfbedeckungen. Jetzt plant er ein Museum in Tholey.

Hutmäßig hat Dieter Philippi alle Religionen der Welt in der Kiste. Ob orthodoxe Mitra, jüdische Kippa, päpstliches Scheitelkäppchen oder islamischer Sarik - der Saarländer sammelt religiöse Kopfbedeckungen rund um den Globus. 680 Exemplare hat er über die vergangenen 15 Jahre zusammengetragen - zur weltweit größten Sammlung dieser Art, wie er sagt. "Das sind zu 99 Prozent alle religiösen Kopfbedeckungen, die es gibt." Darunter auch viele von Religionen , die er vorher nicht kannte: etwa vom Caodaismus in Vietnam. "Erst beim Sammeln wurde mir bewusst, wie vielfältig die religiöse Welt heute ist."

Angefangen hatte alles beim Papstschneider Gammarelli in Rom: Philippi entdeckte beim Bummeln im Jahr 1998 zufällig im Schaufenster ein rotes Kardinalsbirett. "Ich war fasziniert von dem Stück aus Seide." Er kaufte es, für rund 20 Euro, und kurz darauf kam ein violettes Bischofsbirett und ein schwarzes Priesterbirett dazu. "Der Grundstein für die Sammlung war gelegt." Als er anfing, über klerikale Kopfbedeckungen zu lesen, stellte er fest: "Es gab fast nichts darüber."

Er recherchierte, kontaktierte, kaufte: Sein Fundus an katholischen und evangelischen Stücken wuchs schnell. "Die sind relativ leicht zu bekommen", sagt der 52-jährige Unternehmer aus St. Ingbert-Rohrbach. Deutlich schwieriger war es bei Orthodoxen, Armeniern, Vietnamesen oder Indern. Die dortigen Gemeinschaften produzierten ihre Kleidung selbst und nur für sich. "Der Schneider aus Indien hat kein Internet, keine Bankverbindung und noch nie ein Paket verschickt." Heißt: Man braucht Fürsprecher.

So dauerte es etwa ein Jahr, bis Philippi einen turbanartigen "Mudi Thoppi" aus Indien bekam, den Bischöfe etwa der Malankara orthodoxen Kirche dort tragen. Für einen jüdischen Schtreimel mit Nerzbesatz flog er eigens nach New York zu einem Hutmacher. Und eine "Kossita", die Kopfbedeckung der Bischöfe der apostolisch-assyrischen Kirche, habe er nur über gute Kontakte bekommen. "Inzwischen bin ich weltweit vernetzt", sagt Philippi.

Und hat sich solch einen guten Namen gemacht, dass man ihm auch klerikale Hüte überlässt. So hat er etwa zwei weiße, getragene Scheitelkäppchen des emeritierten Papstes Benedikt XVI . in seiner Sammlung. Oder einen "Emma"-Hut vom koptischen Bischof Anba Damian in Deutschland geschenkt bekommen. Gerührt sei er gewesen, als ihm ein katholischer US-Militärgeistlicher seine Feldmütze mit Kreuz überlassen habe, die er im Krieg im Irak getragen hatte.

Philippis Sammlerstücke sind rund, eckig, hoch, platt - und glänzen in allen Farben. Prunkvoll sind vor allem katholische oder orthodoxe Stücke, teils mit Edelsteinen besetzt. Auch die Kopfwelten des Buddhismus, Shintoismus und Sikhismus hat der Herr der Hüte gesammelt.

Philippi hat seine Schätze mehrfach ausgestellt und will sie nun dauerhaft zeigen. Als Museum hat er drei alte Klostergebäude der Benediktiner-Abtei in Tholey im Blick. Derzeit erstelle er eine Machbarkeitsstudie, die denkmalgeschützten Häuser müssten von Grund auf saniert werden. "Ich will maximal 500 000 Euro in die Hand nehmen."

Die Stücke seien an sich nicht teuer: 80 Prozent hätten unter 100 Euro gekostet - der teuerste "Hut" um die 3000 Euro.

Philippis Sammlung sei einmalig, sagt die Leiterin des Deutschen Hutmuseums, Angelika Schreiber, in Lindenberg im Westallgäu. Sie würde sich freuen, wenn seine Exponate in einem Museum öffentlich zugänglich gemacht würden.

Wegen seines Hobbys hat sich Philippi mit vielen Religionen befasst. "Und festgestellt, dass der Katholizismus die einzige Religion ist, die mit dem Papst ein Oberhaupt hat, das für alle spricht." Vertreter anderer Religionen würden den Katholizismus darum beneiden, sagte er. "Vielleicht gäbe es weniger Probleme, wenn der Islam auch eine Führungsfigur hätte, die für alle sagen würde, Gewalt gehört nicht zum Islam", meint er.

Die Sammelleidenschaft hat bei Philippi auch auf den Alltag abgefärbt. Er steht jetzt auf violette Bischofssocken und rote Kardinalssocken - die er sich bei Gammarelli in Rom besorgt hat. Und für besondere Anlässe habe er auch ein Paar weiße Papstsocken, sagt der Katholik.

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