Storchenfamilie mietet auf Zeit

Werschweiler · Na so was! Zahlreich hatte sich die Werschweiler Dorfgemeinschaft zur Tauffeier des seit dem Frühjahr im Dorf wohnenden Storchenpaares versammelt. Doch während der Zeremonie blieb das Pfahlnest verwaist. In Abwesenheit wurden die Weißstörche auf die Namen Jean-Jacques und Jacqueline getauft.

 Der Horst in Werschweiler ist nur das Sommerdomizil des Storchenpaars. Fotos: Frank Faber

Der Horst in Werschweiler ist nur das Sommerdomizil des Storchenpaars. Fotos: Frank Faber

 Jacqueline und Jean-Jacques (v.li.) brüten demnächst in ihrem Horst. Ein anderer Storch fliegt gerade vorbei.

Jacqueline und Jean-Jacques (v.li.) brüten demnächst in ihrem Horst. Ein anderer Storch fliegt gerade vorbei.

Es war angerichtet in der Ortsmitte von Werschweiler . Die Bürger tischten auf zur Tauffeier der neuen gefiederten Einwohner: Sekt, Likör und Schnaps. Was fehlte, waren die Hauptdarsteller der Zeremonie, die beiden zu taufenden Störche. Das Umschauen der enttäuscht dreinblickenden Taufpaten versprach nichts Gutes: Die Wohnung der aus dem afrikanischen Winterquartier umgezogenen Störche, ein zwölf Meter hohes Pfahlnest, blieb verwaist. In Abwesenheit entschloss sich die Dorfgemeinschaft, die tierischen Mitbürger auf die Namen Jacqueline und Jean-Jacques zu taufen. Na denn Prost.

Die Namensgebung begründete Peter Volz vom Bund Naturschutz Ostertal (BNO) mit der französischen Herkunft des männlichen Storches. 2009 war Jean-Jacques in Keskastel (Region Elsass) aus dem Ei geschlüpft und bei der Vogelschutzwarte Colmar beringt worden. Jean-Jacques' französische Lebenseinstellung könnte eine mögliche Erklärung für die Unpünktlichkeit des Pärchens an der Tauffeier sein. "C'est la vie" (deutsch: So ist halt das Leben) dachten er und seine Lebensgefährtin wohl, als sie mit einstündiger Verspätung dem Wohnort entgegenflogen. Oder wollten beide dem Rummel entgehen? Dazu vermutete Volz: "Sie sind auf Nahrungssuche, davon lassen sie sich nicht abhalten". Weibchen Jacqueline ist Jahrgang 2012 und war im vorigen Jahr bereits zu Gast. Ihr damaliger Partner ist nicht mehr aufgetaucht. "Bei den Störchen hält manche Ehe nicht ewig", berichtet Volz. Beim Brutpaar Jacqueline und Jean-Jacques könnte es mit dem Nachwuchs klappen. "Zwischen 21 und 35 Tagen nach der Eiablage ist mit Nachwuchs zu rechnen", sagte Volz. Möglich seien zwischen einem und sechs Storchenküken. "In der Regel sind es drei Jungstörche", meinte Volz. Für Jacqueline und Jean-Jacques gilt es nun, genügend Nahrung für die künftige Familie zu besorgen. Auf ihrer Einkaufsliste stehen Mäuse, Insekten, Reptilien, Frösche und Regenwürmer. Für August haben die Zugvögel den Mietvertrag im Horst in Werschweiler schon gekündigt, denn dann verlassen sie ihr temporäres Revier. Jacqueline und Jean-Jacques zieht es mit der Familie in wärmere Gefilde nach Afrika, und vielleicht kehren sie im kommenden Frühjahr wieder nach Werschweiler zurück.

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