Hausverbot siegt, Seniorenchor weckt, Masse schiebt

St Wendel · Tausende feierten beim 33. Stadtfest. Musikgruppen unterhielten auf vier Bühnen. Eine unter Hausverbot stehende Hip-Hop-Formation gewann den Band-Wettstreit; ein Rock-Seniorenchor im Gesamtalter von knapp vier Jahrtausenden weckte die Stadt.

 Massenhaft gute Laune: Lange vor Sonnenuntergang war wie hier die Gasse neben der Basilika rappelvoll. Foto: B&K

Massenhaft gute Laune: Lange vor Sonnenuntergang war wie hier die Gasse neben der Basilika rappelvoll. Foto: B&K

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Parkplatznot am Samstagabend rund um die St. Wendeler City. Sternförmig marschierten Menschen mitten rein ins Getümmel des Stadtfestes und suchten sich ein Plätzchen nahe der vier Musikbühnen.

"Stand by me" (Bleib bei mir) buhlte die Stefan-Sünder-Band eingangs ihres Auftritts am Samstag um die Gunst des Publikums am Schlossplatz. Geborgte Hits von der Stange gab es dort-wie am Fruchtmarkt bis Mitternacht zu hören.

Am Nachmittag griff die Band Brillant bei ihrem Konzert mit dem Lied "Boat people" die aktuelle Flüchtlingsthematik auf. "Keine Heimat, vor uns die Sturmflut in Sicht, kein Land in Sicht, kein Erbarmen", beschrieb Frontmann Jürgen Brill die Situation von Menschen, die auf dem Mittelmeer in Nussschallen sitzen.

Bewusst nicht auf massentaugliche Musik setzte erneut der Jazzförderkreis mit dem Bühnchen-Programm im Magdalenenhof. "Super Betrieb, tolle Stimmung",, fasste Jazzförderverein-Chef Ernst Urmetzer kurz die drei Tage zusammen. Am Freitag spielte eine Band die größten Nummern des Latin-Rockers Carlos Santana , am Samstag gab's Pfälzer Mundart-Blues von Blues-Himmel und rhythmischen Tropenmix von der Formation Bossa 68.

Die Partyband Frantic verursachte mit ihrer Show am Dom einen Stau. Zuvor hatte das Trio J. R. & the Screamers auf knalligen Bluesrock gesetzt. Auf dem Schlossplatz klackerten die Schuhabsätze des tanzenden weiblichen Publikums auf den Pflastersteinen. "Etwas hat sie aufgeweckt (Something got me started, Simply Red)", brachten die beiden Sängerinnen der Stefan-Sünder-Band zu Gehör.

35 Kinder und 30 Jugendliche des Hip-Hop-Projektes fegten in der Mittagssonne über die Bühne. Die jungen Besucher der Stadtfete versammelten sich vor der Bühne auf der Mott. Im Einsatz waren unter anderem gute Bekannte wie Monkeys on fire, Spirit Wanted oder Peaches & Cream sowie am Sonntag Musikvereine aus Winterbach, Urweiler, Bliesen und die Ostertaler. Das Schlusswort am gestrigen Abend hatte die Rockpop-Band Jolly Polly & the five Elements.

Übrigens. Auch auf einer fünften und privaten Bühne im Durchgang zum Dom-Hotel war was los. Buchstäblich mit internationalen musikalischen Gassenhauern beschallte die Band Sauerkraut & Dreckschipp die Zuhörer.

Musik bis zum Stromabdrehen


Kurz vor Mitternacht steht die Hip-Hop-Crew Asozial im Weltall als Sieger des WND-Band-Battles fest. Und mit Rammstein bringt die Seniorentruppe Heart-Chor Saar Zuschauer zum Staunen.

Sie randalieren, schlagen Scheiben ein, kassieren dafür "Hausverbot ". Rein textlich versteht sich. Die neun Musiker starke Hip-Hop-Formation Asozial im Weltall hat musikalisch völlig überzeugend den WND-Band-Battle gewonnen. "Eine derartige Bühnenpräsenz hatte keine der weiteren vier Bands", begründet Jurymitglied Volker Peter den Erfolg.

Asozial im Weltall mischt Hip-Hop , Funk, Soul, Jazz, klingt gesanglich nach Fanta 4. Ihre Texte beschreiben Storys aus dem Leben. "Bring das Leergut weg und kauf dir dafür einen Kümmerling". Oder sie lassen sich über "das geschwächte Geschlecht" aus, geben "Bewerbungstipps".

Der Qualität des Nachwuchswettbewerbs, den die Fun-Music-School und die Stadt veranstaltet hat, habe sich so Peter, auf einem hohen Niveau bewegt. Dabei hängt die Hip-Hop-Crew vier Rockbands ab und nimmt als Belohnung eine professionelle CD-Produktion mit.

Platz zwei schnappt sich die St. Wendeler Kapelle Highriser mit Mucke aus den 70ern vor den Alternativ-Rockern Blind Bastards aus Schmelz.

"Dass wir gewinnen, hätte ich nicht gedacht", freut sich Asozial-im-Weltall-Sänger Marius Fries. Es folgt eine musikalische Zugabe - bevor auf der Mott-Bühne der Strom abgeschaltet wird.

Szenenwechsel - 13 Stunden später am Sonntag: Nein, verstaubte Lieder wie "Am Brunnen vor dem Tore" wollen sie nicht mehr trällern. Bei diesem Seniorenchor ist alles Rock'n'Roll. Der Heart-Chor Saar hat 40 Mitglieder, bringt ein Gesamtalter von 3609 Jahren auf die Rampe und singt Rock- und Popnummern. "Rockin' all over the World" von Status Quo dient zum Aufwärmen. Kurz schnappt die Sangestruppe auf der Bühne am Fruchtmarkt nach Luft, dann rattern schon harte Gitarren vom Band. "Gott weiß, ich will kein Engel sein", schmettert sie den Refrain des Rammstein-Krachers fünf Meter neben dem Dom. "All night long" von Kid Rock tauft das stimmgewaltige Ensemble in "Glücklichen Sommer" um. Erneut mit einem Rammstein-Song wird der Härtegrad erhöht. "Ich will eure Hände seh'n, ich will in Beifall untergeh'n", wünscht sich der Chor. Außer den Fans, die vom ersten Ton an mitsingen, bleiben Stadtfest-Besucher beim Anblick der Opas und Omas zwischen 60 und 87 staunend stehen. "Das ist der ganz normale Wahnsinn, mehr nitt", gibt die Truppe ein Werk von Udo Jürgens zum Besten.

Polizei lobt: Nur kleine Ausreißer zum Stadtfest

 Jubelndes Publikum am Fruchtmarkt. Foto: B&K

Jubelndes Publikum am Fruchtmarkt. Foto: B&K

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Ein paar Mal sind Polizisten zwischen Freitagabend und frühen Sonntagmorgen zu Einsätzen geordert worden, "die es ohne das Stadtfest sicherlich so nicht gegeben hätte", meldete ein Behördensprecher. Dabei habe es sich in den meisten Fällen jedoch um Lappalien gehandelt. Bis Sonntagnachmittag habe sich die Polizei um 17 Fälle im Zusammenhang mit dem St. Wendeler Stadtfest kümmern müssen. Hier einige Ereignisse, die herausstechen: Nacht auf Samstag, 0.10 Uhr: Ein Busfahrer meldet sich vom Bahnhofsvorplatz, ein junger Mann habe sich in dem Wagen übergeben. Als Ermittler an die Stelle kommen, ist der Chauffeur samt Omnisbus schon weg. Allerdings liegt ein Jugendlicher regungslos auf dem Weg. Der Notarzt kümmert sich um den völlig Betrunkenen aus St. Wendel . Der 17-Jährige muss auf die Intensivstation der St. Wendeler Marienhausklinik. Nacht auf Samstag, 0.40 Uhr: Notruf ereilt die Polizei , Mann liege bewusstlos in der Brühlstraße, rührt sich nicht mehr. Kurze Zeit später tauchen Beamte auf, doch der Komatöse ist weg. Nacht auf Samstag, 1 Uhr: Ein Mädchen ist betrunken, ihr Kopf liegt auf der Bahnhofstraße. Ein Krankenwagen kommt zu der St. Wendelerin. Das Kreisjugendamt wird eingeschaltet, das sich mit den Eltern der 17-Jährigen in Verbindung setzt. Nacht auf Samstag, 3 Uhr: Die Besatzung eines Rettungswagens ruft die Polizei zur Unterstützung. Ein Besoffener lasse sich nicht helfen, reagiere aggressiv. Als die Ordnungshüter kommen, ist der Besagte auf und davon. Samstag, 22.40 Uhr: Unvermittelt haut ein Mann einer Besucherin ins Gesicht, die vor der Bühne an der Basilika der Live-Musik zuhört. Die 37-Jährige muss im Krankenhaus behandelt werden. Die Ermittler suchen nach einem zwischen 50 und 60 Jahre alten Mann, 1,75 Meter, zum Pferdeschwanz gebundenes, grau meliertes Haar. Nacht auf Sonntag: Zwei Männer (24/26) türmen aus dem Club Lindenau. Zwei Mitarbeiter holen die Zechpreller aus Rheinland-Pfalz ein, Eine zufällig vorbeikommende Streifenbesatzung kümmert sich um die beiden Männer. Sie zahlen, trotzdem haben sie ein Strafverfahren am Hals. Nacht auf Sonntag, 2.30 Uhr: Randalierer sind lautstark in der Innenstadt unterwegs. Zeugen melden, dass sie sogar über Autos steigen. Als die Polizei eintrifft, sind keine Täter mehr zu sehen. Allerdings finden die Ermittler Schuhabdrücke auf zwei Autodächern, eines Transporters und eines B-Klasse-Mercedes'. Sonntag, 4.15 Uhr: Prügelszenen an Gleis eins des Bahnhofes. Polizei eilt herbei. Doch da sind schon alle Protagonisten mit dem Zug davon. Sonntag, 5.45 Uhr: Notruf von der Shell-Tankstelle am Kreisel nahe McDonald's: Hier sei eine Schlägerei im vollen Gange. Als die Polizei eintrifft, ist niemand der verfeindeten Gruppen zu entdecken. Die Kassiererin schildert noch, dass sie zwei Personen gesehen habe, die auf dem Boden lagen und sich prügelten. Aber auch von ihnen keine Spur.

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