Narren auf Kuschelkurs

St Wendel · Wettertechnisch machen die Rathausstürme ihrem Namen zwar alle Ehre, aber mit den Obrigkeiten zeigen sich die Narren sehr milde. Statt harter Strafen gibt's sogar Urlaub für die Gemeinde, Stadt- und Landkreis-Oberhäupter. Denn in St. Wendel, Freisen und Nohfelden regieren bis Aschermittwoch die Fastnachter.

 Die Kette noch um die Hals, die Hände aber wieder frei: Nach dem Rathaussturm kämpfte St. Wendels Bürgermeister Peter Klär mit den Elementen. Die Hexen werden zu Schirmherrinnen. Foto: B&K

Die Kette noch um die Hals, die Hände aber wieder frei: Nach dem Rathaussturm kämpfte St. Wendels Bürgermeister Peter Klär mit den Elementen. Die Hexen werden zu Schirmherrinnen. Foto: B&K

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 Mit rundem Bäuchlein mimte der Nohfelder Rathaus-Chef Andreas Veit den Nationalpark-Wolf. Foto: Frank Faber

Mit rundem Bäuchlein mimte der Nohfelder Rathaus-Chef Andreas Veit den Nationalpark-Wolf. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber
 Landrat Udo Recktenwald wird von den Coburgern abgeführt. Vorne (von links) Isabella und Leah. Dahinter das Kinder-Prinzenpaar Laura 2. und Mathias 1. Foto: B&K

Landrat Udo Recktenwald wird von den Coburgern abgeführt. Vorne (von links) Isabella und Leah. Dahinter das Kinder-Prinzenpaar Laura 2. und Mathias 1. Foto: B&K

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 Gut gelaunt ließ sich Freisens Bürgermeister Karl-Josef Scheer am fetten Donnerstag von Ingeborg Werle (rechts) und Silvia Schmidt (links) die Fesseln anlegen. Foto: Frank Faber

Gut gelaunt ließ sich Freisens Bürgermeister Karl-Josef Scheer am fetten Donnerstag von Ingeborg Werle (rechts) und Silvia Schmidt (links) die Fesseln anlegen. Foto: Frank Faber

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Weil mit dem Bus unterwegs, trifft das Miniaufgebot der Fastnachtstruppe der Coburger verspätet im Landratsamt ein. Im Handumdrehen legen zwei Gardemädel mühelos Landrat Udo Recktenwald in Ketten. Ober-Narr Erich Maldener durchschaut die Masche des Verwaltungsmenschen. "Den Landrat zum Anfassen ist als Mitleidsposse zu verstehen", sagt Maldener und stellt den Landrat unter Anklage. Der machte mit seiner poppig bunten Uniform-Jacke auf fünften Beatle im Club der einsamen Herzen von Sergeant Pepper. Im Busverkehr sei Chaos entstanden, was aus dem Frauenförderplan geworden? Interkommunale Zusammenarbeit, Digitalisierung und Sparmaßnahmen lauten weitere gravierende Vorwürfe. Der Landrat jammert: "Drum Erich, verschone mich, lass mich von der Kette, ich will doch nur den Landkreis rette", bringt Recktenwald zu seiner Verteidigung vor. Zu wenig. Bis Aschermittwoch fliegt er aus seinem Dienstgebäude raus.

Szenenwechsel. Der St. Wendeler Bürgermeister Peter Klär hat wohl die Ankündigung der Weiberfastnacht verpennt. Denn wieso treibt er sich im alten Rathaus rum, wo das Neue doch auf dem Gelände einer ehemaligen sicheren Burganlage steht. Selbst schuld. Seine Leibgarde, die unfähigen Griffelspitzer versagen, die Coburger landen den nächsten Coup und Klär vor dem hohlen Ochsitorium-Schwurgericht. Erste Gerüchte belasten den Verwaltungsmenschen schwer. "Das neue Rathaus soll künftig Kläranlage heißen, die Wendelinusbasilika in Petersdom umgetauft werden", so Staatsanwalt Elektro-Ochs. Und zudem habe er vor einem Jahr einen städtischen Wagen einer politischen Nachwuchsorganisation zur Verfügung gestellt. In Sachen karnevalistischer Werbezug verstand so mancher keinen Spaß. Im Rausch der Sinne, so der Staatsanwalt weiter, habe er mit Oberthal ein gemeinsames Standesamt eröffnet. Trotz all dieser Schandtaten kommt der Rathaus-Chef glimpflich davon. Zum Missfallen des aufgebrachten Narrenvolkes tritt der Scharfrichter nicht in Aktion. Obwohl es statt Konfetti dicke Tropfen regnete, nahm Klär die kurzzeitige Verbannung aus seiner Bude gelassen.

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Ha, ha, ha. Das Täuschungsmanöver des korrupten selbst ernannten Sheriffs von Nottingham alias Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit geht gründlich in die Hose. Robin Hood und die Horde der Geächteten aus Eisen kennen keine Gnade. Die Vogelfreien wollen die Schätze aus dem Rathaus und sie an die Armen verteilen. "Ich bin doch der neue Wolf vom Nationalpark", beteuert der Sheriff und behauptet noch, dass er eine Großmutter verspeist hat. So gibt der Rathaus-Chef unter Druck zu, dass er ein Wolf im Sheriffs-Pelz ist. Doch auch diese Masche nimmt ihm kaum einer ab. Robin Hood (Tina Molter-Jenet) entgegnet sofort: "Die Idee ist nicht schlecht, aber du bist so gefährlich wie ein Bostalsee-Hecht", charakterisiert er den eher zahnlosen Wolf. Der wirkt mit Häubchen und Nachthemd nicht gerade beeindruckend. Ruck zuck schnappt sich das Robin-Hood-Gefolge den Sheriff, öffnet das Portal und feiert mit dem Narrenvolk zu Nottingham ein großes Fest. Aber mit dem Wolf aus dem Naturpark tanzt keiner.

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Das Spucken großer Töne vergeht dem Freisener Bajazzo Karl-Josef Scheer ganz flott. Ein furiose Hexenschar stürmt die Schreibstube des Bürgermeisters, fesselt ihn und zerrt ihn durch die Flure. "Wir haben ihn an der Kandare, der macht mit uns nicht mehr den Narre", jubelt die Oberhexe Silvia Schmidt. Da er die Grundsteuer B erhöht hat, zwingen ihn die Hexen den Zaster locker zu machen. "All das Geld, das hast du eingespart und hältst du nun für Hexen parat", fordert Schmidt. Aber ungestraft soll der von Scheer initiierte Spionageauftrag der Whistleblower vom Bauhof nicht bleiben. "Die sollten uns abhören", klagt die Hexe an. Deswegen geht Scheer auf Kuschelkurs. "Es gab fast nur Lob. Überlegt was ihr von meiner Verhaftung habt", betont Scheer, ehe sie ihn vom Hof jagen. "Feiert ordentlich die Faasenaacht, regiert bis Aschermittwoch mit Spaß und Geschick, dann gibt ihr mir den Schlüssel zurück", sagt das Schlitzohr und gönnt sich freie Tage.

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