Ein Syrer und drei unterschiedliche Helfer

St Wendel · Wie aus dem Nichts tauchen vier Darsteller der Trierer Hochschultheatergruppe Kreuz & Quer auf. Vor dem alten Rathaus am St. Wendeler Schlossplatz führt das Quartett bewusst versteckt und spontan ein szenisches Spiel zum Thema „1700 Jahre Martin von Tours“ auf.

 Mit unterschiedlicher Vorgehensweise wollen Paula (links), Sabine und Rouven (rechts) dem syrischen Flüchtling Saleh (sitzend) helfen. Die Theatergruppe aus Trier führten ein spontanes zehnminütiges Stück auf, das die Zuschauer überraschen sollte. Foto: Faber

Mit unterschiedlicher Vorgehensweise wollen Paula (links), Sabine und Rouven (rechts) dem syrischen Flüchtling Saleh (sitzend) helfen. Die Theatergruppe aus Trier führten ein spontanes zehnminütiges Stück auf, das die Zuschauer überraschen sollte. Foto: Faber

Foto: Faber

In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Person des heiligen Martin eng verbunden mit der Mantelteilung: Martin als römischer Soldat und Offizier, mitten im Winter auf dem Pferd unterwegs, teilt spontan seinen Offiziersmantel mit einem am Wegesrand sitzenden, frierenden Bettler. Diese Mantelteilung steht bis heute als Symbol und Beispiel für die christliche Grundhaltung der Nächstenliebe.

1700 Jahre nach der Geburt des Heiligen sitzt der syrische Flüchtling Saleh (Saleh Al Mohamad) auf dem Boden vor dem alten Rathaus in St. Wendel . Ein kleines Schild mit der Aufschrift "Hilfe, help, hewarz" steht vor dem verzweifelten jungen Mann. Passanten mustern ihn kurzen Blickes. Alltag, Normalität?

Saleh gehört zur Straßentheatergruppe Kreuz & Quer, die in der Kreisstadt die Szene der legendären Mantelteilung des heiligen Martin modern aufpeppt. Eine genaue Uhrzeit haben die Darsteller vorher nicht verraten - das spontane, zehnminütige Stück soll die Zuschauer überraschen. Haben sie gedacht, aber in St. Wendel waren nur wenige Menschen unterwegs. Egal.

Paula (Paula Soballa) will dem Syrer auf ihre Art helfen, bringt ihm eine Thermoskanne mit heißem Tee und legt ihm später eine Decke um. "Still möchte ich was für die Nächstenliebe tun", sagt sie. Dagegen fuchtelt die hektische Sabine (Sabine Lamberty) mit dem Selfiestick vor Saleh rum, ein Mobiltelefon mit Digitalkamera an einer Teleskopstange, um sich selbst zu fotografieren. Mit direktem Zugang ins Internet. "Über Facebook erreiche ich viele Menschen, die auf sein Schicksal aufmerksam gemacht werden", meint Sabine.

Der Straßenmusiker Rouven (Rouven Thum) kommt dazu, er will die Werte vermitteln, die er aus seiner Kindheit mitgenommen hat: Nächstenliebe, Umarmungen und das Verteilen von Martinsbrezeln. "Ich geh' mit meiner Laterne", singt Rouven zu seinem Gitarrengezupfe.

Kann das Handeln des Martin von Tours ein Beispiel heutzutage dafür sein, wie Nächstenliebe gelingen kann oder sind neue Gesten gefragt? Unter der stillen Helferin Paula (Paula), der mitteilungsfreudigen Sabine (Sabine Lamberty) und dem altmodischen Rouven entbrennt darüber ein heftiger Dialog. Plötzlich greift Saleh helfend in die Diskussion ein. "Wir könnten ein gemeinsames Lied singen", schlägt der Syrer vor. Das Lied führt sie zusammen und zeigt, dass das eine menschliche Haltung auch universell verstanden werden kann.

"Martin von Tours soll über den Bereich des volkstümlichen Brauchtums hinaus in seiner Bedeutung als Vorbild des Glaubens und der Menschlichkeit in heutiger Zeit verdeutlicht werden", erklärt Nicole Hennecke, die Projektleiterin der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) im Bistum Trier . Entstanden sei das Stück als Beitrag zu einem Wettbewerb, den die KEB anlässlich Martin von Tours' 1700. Geburtstages veranstaltet hat. "Mehr Zuschauer wären schon gut gewesen", bedauert Spielleiterin und Darstellerin Sabine nach dem Auftritt auf dem Schlossplatz.

Das Stück soll, erläutert die Spielleiterin, dennoch ein verstecktes Theater bleiben und spontan Zuschauer dazu anregen, über sich selbst nachzudenken.

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