Wirbel um die Handball-WM

St Wendel · Handball-WM in Katar: Sind Wildcards und zusammengekaufte Nationalteams in Ordnung? Die Saarbrücker Zeitung hat sich bei Mitgliedern von Handballvereinen im Kreis St. Wendel umgehört.

Die deutsche Mannschaft ist zwar ausgeschieden, aber die Diskussionen gehen weiter. Sowohl das zusammengekaufte Handballnationalteam Katars als auch die Teilnahme der Deutschen an der WM trotz verpasster Qualifikation sorgten für Zündstoff. Die SZ fragte Mitglieder von Handballvereinen im Kreis St. Wendel nach ihrer Meinung zu den Regelungen.

Michaela Schwan ist im Vorstand des TV St. Wendel als Leiterin des Sportbetriebs und der Abteilung Handball sowie als Trainerin aller Handballfrauenmannschaften tätig. Sie steht dem Vorgehen der Katarer äußerst kritisch gegenüber: "Aus sportlicher Sicht dürfte so etwas nicht sein. Außerdem fehlt die Identifikation, denn die Spieler sollten ihr eigenes Land mit Herz und Seele vertreten. So aber verliert die Weltmeisterschaft ihren Sinn." Manfred Wegmann, Vorsitzender der HSG DJK Marpingen-SC Alsweiler und Stellvertreter beim DJK Marpingen , sieht die fehlende Identifikation mit der Nation ebenfalls als Problem. Die Befragten stimmten alle darin überein, dass die Zusammenstellung der Katarer zwar dem Regelwerk entspreche, die Regel selbst aber zweifelhaft sei. Jerome Müller aus Werschweiler und U18-Nationalspieler fügt hinzu: "Man muss aber die Entscheidungen des Weltverbandes akzeptieren." Uwe Hoffmann, Trainer der ersten Damenmannschaft der DJK-Oberthal-Hirstein, präszisiert: "Wenn es das Regelwerk hergibt, ist die Vorgehensweise der Katarer legitim. Es ist natürlich ungünstig, dass dabei nur ein oder zwei Einheimische in der Mannschaft sind. Aber gerade wird dürfen uns wegen unserer Wildcard nicht beschweren."

Das Ausgeben einer Wildcard, die die Teilnahme an der WM anstelle Australiens und trotz Ausscheidens in der Qualifikation ermöglichte, ist ein weiterer Kritikpunkt. Schwan hat eine zwiegespaltene Meinung: Einerseits habe die Mannschaft sicherlich das Potenzial, um bei einer WM mitzuspielen. Durch ihre Leistung habe sie das bewiesen. Aber die Wildcard-Regelung sei unglücklich. Wegmann sieht das ähnlich: "Deutschland hat zu Recht an der WM teilgenommen. Die Änderungen, die der Verband herbeigeführt hat, hatten positive Auswirkungen." Als Beispiel führt er den Trainerwechsel und die Teamzusammenstellung an. Über die Vergabe der Wildcard hätten andere entschieden, Deutschland sei jedoch zu nichts gedrängt worden. Hoffmann steht der Wildcard ebenfalls ambivalent gegenüber. "Für den Welthandball sind die Deutschen enorm wichtig, da unsere Bundesliga zur weltweit besten gehört. Damit wurde die WM interessanter. Aber Australien hat zu spät von ihrem Ausscheiden erfahren, und die Verfahrensweise war ungünstig."Auf die Frage, ob es Möglichkeiten gebe, gegen strittige Regeln vorzugehen, antwortete Müller: "Eine Einzelperson kann da, denke ich, nichts ausrichten. Da müssten sich schon mehrere Verbände zusammenschließen."

Alle Befragten gaben an, dass die diesjährige WM keine Auswirkungen bei ihren jeweiligen Vereinen in Form von Neumitgliedern hatte. Das liege teilweise daran, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen die WM nicht übertragen habe. "2007 war die Begeisterung größer. Da kamen dann Kinder vorbei, die Spiele im Fernsehen gesehen hatten und beitreten wollten," so Schwan. Innerhalb der Vereine sei aber viel über die Handballspiele gesprochen worden.

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