Der Hausarzt als Auslaufmodell

St Wendel · Der Ärzte-Schwund im ländlichen Raum ist ein Problem mit vielen Ursachen. Nach derzeitigem Stand ist im Saarland eine medizinische Versorgung noch für die nächsten 15 Jahre garantiert, wofür große Anstrengungen notwendig sind. Neue Modelle zur Versorgungsabdeckung müssen umgesetzt werden, aber die Zeit drängt, darüber waren sich Experten bei der Podiumsdiskussion im St. Wendeler Marienkrankenhaus einig.

 Der Podiumsrunde im Marienkrankenhaus gehörte auch Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (3. von links) an. Foto: Faber

Der Podiumsrunde im Marienkrankenhaus gehörte auch Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (3. von links) an. Foto: Faber

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Wie ist es um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum des Saarlandes bestellt? "Für die nächsten zehn bis 15 Jahre können wir eine gute ärztliche Versorgung garantieren, dafür werden aber große Anstrengungen notwendig sein", erklärte Dr. Joachim Meiser, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes. Doch, was ist zu tun? Wie sehen die Lösungsansätze für den Ärzte-Schwund im ländlichen Raum aus?

Antworten lieferte eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltete und mit 80 Zuhörern gut besuchte Podiumsdiskussion im Marienkrankenhaus. "Wir haben ein anderes Organisationskonzept entwickelt, dass wir nun auf das Gleis setzen", erklärte Dr. Michael Kulas, der Vorsitzende des Hausärzteverbands Saarland. Angesichts der Altersstruktur bei den Ärzten und der drohenden Nachfolgeprobleme, sollen sich die Ärzte sich zu größeren Gemeinschaften organisieren. Allerdings so Kulas, habe sich die junge Medizinergeneration von der klassischen Rolle des niedergelassenen Landarztes weitgehend verabschiedet. "Dabei geht weniger um das Geld, sondern die jungen Ärzte legen mehr Wert auf Freizeit und Familienleben", begründete Dr. Josef Mischo, der Präsident der Saarländischen Ärztekammer. Und zudem würden jüngere Ärzte in mittelständischen Region praktizieren.

Deshalb fußt das von Kulas favorisierte Modell auf der Bündelung der Ressourcen. "Man muss die jüngeren Ärzte mit den älteren Kollegen zusammenbringen", sagte Kulas. So könnten etwa Versorgungsgemeinschaften entstehen, in denen über Teilzeit der Frauenanteil gesteigert werden soll und die Freiberuflichkeit effektiv genutzt werden soll.

"Weitere Fachkräfte müssen mehr Aufgaben übernehmen können, weil es dem Arzt nicht mehr möglich ist, jeden Hausbesuch zu übernehmen", sagte Dr. Mischo und ergänzte: "Es ist eine sehr komplexe Situation". Denn des Weiteren müsse eine Mitversorgung der nahen Umgebung sichergestellt werden. "Und was können in Zeiten des demografischen Wandels die Kommunen tun?", fragte der SPD-Landtagsabgeordnete Magnus Jung . "Das geht in Richtung Infrastruktur, es muss ein Bedarfsplan aufgestellt werden, wie und wo die Versorgung angeboten werden muss", entgegnete Dr. Meiser dem Politiker.

Unter dem laut Meiser "momentanen Auslaufmodell" würden noch 750 Hausärzte im Saarland praktizieren. "Pro 1400 Einwohner kommt ein Hausarzt. Nur noch 600 Ärzte wären der schlimmste Fall", teilte der Ärztefunktionär mit. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) stellte beim Blick auf das Durchschnittsalter der Landärzte (52 Jahre) dringenden Handlungsbedarf fest. "Da ist das Zeitfenster nicht mehr so groß für große Veränderungen", meinte sie. Wichtig sei neben Modellen und Strukturen für eine regionale Versorgungsgemeinschaft, die handelnden Personen. "Es ist doch schön, wenn die Menschen im häuslichen Umfeld älter werden können, darauf müssen sich die Ärzte einstellen", so Rehlinger. Es sei auch eine politische Aufgabe, mit nach Lösungen zu suchen. Die Herausforderung sei groß, so die Fachleute unisono, die stationäre und ambulante Versorgung zu erhalten und die medizinische Versorgung zukunftsfähig zu machen, damit sie langfristig in der Region bestehen kann.

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Auf einen Blick Über die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum diskutierten im St. Wendeler Marienkrankenhaus: die stellvertretende Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD ), Dr. Josef Mischo, Präsident der Saarländischen Ärztekammer, Dr. Joachim Meiser, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes, Dr. Michael Kulas, Vorsitzender des Hausärzteverbands Saarland und die Medizinstudentin Dorothea Kerner. Der Hoofer Ortsvorsteher Gernot Müller (SPD ) und Annetraud Kling stellten das Projekt haushaltsnahe Betreuung nach dem Vorbild einer früheren Gemeindeschwester vor. Moderation: Norbert Klein, SR, Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung . frf

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