Gomez, Götze und Gornik

St Wendel · Bundestrainer sind wir derzeit ja alle ein bisschen. Wie aber sehen wirkliche Trainer die Auftritte der DFB-Elf? Um das herauszufinden, schaut ihnen die SZ beim Zugucken über die Schulter. Dieses Mal in St. Wendel mit Mathäus Gornik, dem neuen Spielertrainer des Saarlandligisten SV Hasborn.

 SZ-Mitarbeiter Frank Faber (links) traf sich mit Mathäus Gornik an der Video-Wall. Später flüchteten beide in die Kneipe. Foto: B&K

SZ-Mitarbeiter Frank Faber (links) traf sich mit Mathäus Gornik an der Video-Wall. Später flüchteten beide in die Kneipe. Foto: B&K

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Die Fernseher in der Kneipe Spinnrad in St. Wendel sind dicht umlagert. Draußen regnet es in Strömen. Viele, die auf der großen Video-Wand das erste EM-Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verfolgen wollten, sind hierher geflüchtet. Auch Mathäus Gornik, der neue Spielertrainer des SV Rot-Weiß Hasborn. Wir haben uns verabredet, um das Spiel gemeinsam zu schauen.

Das Wetter spielte nicht mit, aber immerhin die DFB-Elf. Mit einem 2:0-Erfolg über die Ukraine startet sie erfolgreich ins EM-Turnier. "Für einen Trainer ist das ganz wichtig", sagt Gornik. "Und der 2:0-Sieg geht auch in Ordnung." Kurios: Gegen einige der Spieler, die da in Lille auf dem Platz stehen, hat Gornik selbst schon gespielt. Im Trikot der Jugendmannschaften des 1. FC Kaiserslautern hießen seine Gegenspieler mehrfach Sami Khedira , Thomas Müller oder Jérôme Boateng . "Bei Boateng war da schon zu sehen, dass er mal ein ganz Großer wird", erinnert sich der 28-Jährige.

Einer Meinung über die Startaufstellung ist er mit Bundestrainer Joachim Löw allerdings nicht. "Shkodran Mustafi in der Innenverteidigung passt, Benedikt Höwedes hinten rechts auch, ich hätte vorne aber Mario Gomez für Mario Götze spielen lassen", meint der Ex-Regionalligaspieler des FK Pirmasens und des SV Saar 05.

Die ersten 20 Minuten gefallen Gornik gut, ein Manko aber sieht er: "Deutschland flankt hoch von außen rein und hat vorne den kleinen Götze drin, das bringt nichts." Vom Pressing der DFB-Elf ist er angetan, ebenso dass Toni Kroos und Khedira abwechselnd den Raum im Zentrum für Boateng öffnen. "Der spielt dann traumhafte Pässe", lobt Gornik. Zudem schwärmt er von der Schusstechnik von Kroos, der damit das 1:0 durch Mustafi vorbereitet. Bei dieser Situation rüffelt Gornik jedoch das Stellungsspiel der Ukrainer. "Zwei Spieler haben nur auf den Ball geschaut, dadurch kam Mustafi beim Kopfball in die bessere Position", analysiert er. Dass anschließend die Ukrainer stärker werden, dafür macht Gornik die zu großen Lücken im defensiven Mittelfeld und die schlampige Abwehrarbeit von Müller mitverantwortlich. "Der geht nicht mit zurück, Höwedes hat ständig zwei Gegenspieler."

Insgesamt bemängelt er: "Deutschland hat zu wenig gemacht, die Spielkontrolle verloren und war zwei Mal in großer Bedrängnis." Auch der Saarländer Jonas Hector schiebe von der Verteidigerposition das Offensivspiel zu wenig an. "In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft aber wieder mehr Präsenz gezeigt", lobt er. Den Schlusspunkt der Partie setzte dann der eingewechselte Bastian Schweinsteiger mit seinem Tor zum 2:0. "Das wird ihm gut tun. Du warst lange verletzt, und dann machst du mit dem ersten Kontakt den Ball rein, das ist ein Wahnsinnsgefühl", weiß Gornik.

 Bastian Schweinsteiger wird das Tor guttun, glaubt Gornik. Foto: dpa

Bastian Schweinsteiger wird das Tor guttun, glaubt Gornik. Foto: dpa

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Ein Wahnsinnsgefühl wird den in Polen geborenen Gornik am Donnerstag um 21 Uhr beschleichen. Gemeinsam mit Vater Johann, der früher beim polnischen Zweitligisten Kattowitz am Ball war, sitzt er im Pariser Stade de France auf der Tribüne beim zweiten Gruppenspiel der Deutschen gegen Polen. Dank doppelter Staatsbürgerschaft war Gornik selbst zwischendurch für die polnische Jugendnationalmannschaft aufgelaufen.

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