Formschön

St Wendel · Im St. Wendeler Mia-Münster-Haus hatten sich zahlreiche Kunstfreunde eingefunden, um die Werke des 80-jährigen Künstlers Horst Linn zu bewundern.

 Der Künstler Horst Linn spaziert bei seiner Vernissage entspannt im Hemingway-Stil durch die Ausstellung. Foto: Sick

Der Künstler Horst Linn spaziert bei seiner Vernissage entspannt im Hemingway-Stil durch die Ausstellung. Foto: Sick

Foto: Sick

Ein wenig erinnert Horst Linn am vergangenen Freitag an Ernest Hemingway . Mit Strohhut und Khakiweste schlendert er durch die Räume des Mia-Münster-Hauses, unterhält sich hier und da mit Gästen und verbreitet eine gelassene Leichtigkeit. Wer es nicht weiß, kommt vielleicht gar nicht auf die Idee, dass der 80-Jährige derjenige Bildhauer und Zeichner ist, der hinter der neuen Ausstellung "Über-Blick" steht, die am Freitagabend mit einer Vernissage im Stadtmuseum eröffnet wurde. Gezeigt werden bis zum 23. Oktober Werke aus den vergangenen 50 Jahren von Horst Linns Schaffen. "In dieser Ausführlichkeit ist die Ausstellung fast so etwas wie eine Premiere im Saarland", erklärt hierzu Cornelieke Lagerwaard, Leiterin des Museums. Sie ermögliche einen tiefen Einblick in die unterschiedlichen Arbeiten Linns.

Horst Linns Werke gehören der konkreten Kunst an. Sie sind geprägt von mathematisch-geometrischen Formen. Unter Titeln wie "Wandkontakt L", "Vorsprung" oder "Umsichtig" erwarten den Besucher auf den ersten Blick einfache Formen aus Aluminium, Stahl, Kupfer oder auch Holz. Doch ganz so einfach wie es scheint, ist es dann doch nicht. "Die Reliefs von Horst Linn bestehen aus einzelnen Ebenen, auch wenn es real nur eine einzige Ebene gibt", beschreibt es Lagerwaard. "Zwischen einem zwei- und dreidimensionalen Erleben kann man durch Bewegung wechseln." Der Betrachter vollendet das Werk Linns in seinem eigenen Kopf. Dazu ist es nötig verschiedene Positionen einzunehmen, näher an die Gebilde heranzutreten oder auch mal einen Schritt zurück zu gehen. Auch das Spiel von Licht und Schatten tragen zu dem Erlebnis bei.

Doch auch damit ist es noch lange nicht getan, wie Rolf Sachsse, Professor an der Hochschule der Bildenden Künste Saar und langjähriger Freund von Horst Linn klarmacht: "Eine Sache, die mich an ihm immer fasziniert hat, ist seine Dreifachbegabung." Und die fließe in all seine Werke mit ein. Horst Linn ist nämlich nicht nur Bildhauer und als konkreter Künstler ein präziser Analytiker, sondern auch Musiker. Bildhauerei und Musik, so Sachsse, synästhesieren in seinen Werken und geben der eigentlich streng reglementierten konkreten Kunst eine neue Facette.

"Was ich schön finde, ist, dass das Konstruktivistische eigentlich gerne schwer daher kommt, aber dass man bei Horst Linn lernen kann, mit welcher Leichtigkeit es eigentlich auch geht." Deshalb forderte er auch die Gäste auf, das Schwere beim betrachten der Werke herauszunehmen und einfach an ein gutes Musikstück zu denken. "Und bitte, verschaffen Sie sich nicht nur einen ‚Über-Blick', sondern schauen Sie genau hin - er hat es verdient", so Sachsse.

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