„Wir haben den St. Wendeler Bahnhof auf dem Schirm“

St Wendel · Führungskräfte der Bundespolizeiinspektion Koblenz trafen sich in St. Wendel zur Strategietagung. Wichtige Einsatzorte für die Beamten sind unter anderem Bahnhöfe. Auch den in St. Wendel haben die Zuständigen im Blick.

Viele Besucher des gerade zu Ende gegangenen St. Wendeler Weihnachtsmarktes sind per Bahn angereist. Als Eintrittspunkt in die Stadt spielt der Bahnhof nicht nur für Reisende eine große Rolle, sondern auch für jene, die dort für Sicherheit sorgen - wie die Bundespolizei . Führungskräfte der Inspektion Koblenz, die für das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen zuständig ist, trafen sich in der vergangenen Woche zur Strategietagung im Rathaus (wir berichteten). Eine gute Gelegenheit für die SZ, mal nachzuhaken, wie es um die Sicherheit am Bahnhof bestellt ist.

Wie Peter Fuchs , Leiter der zuständigen Bundespolizeiinspektion Bexbach, erklärt, müsse man zwischen zwei Begriffen unterscheiden: der objektiven Sicherheitslage , die sich an Zahlen messen lässt, und dem subjektiven Sicherheitsgefühl jedes einzelnen. Beides könne weit auseinanderliegen. Fuchs verdeutlicht dies an einem Beispiel: Steigen Diebe in das Haus einer Person ein, die in einem Ort wohnt, in dem es seit mehr als zehn Jahren keinen Einbruch mehr gab, fühlt sich diese gerade nicht sicher. Ganz gleich, was die Statistik besagt.

Um eine Einschätzung zur objektiven Sicherheitslage zu geben, braucht es Zahlen. Peter Fuchs hat diese beispielhaft für das Delikt der Körperverletzung herausgesucht. Saarlandweit kam es an Bahnhöfen zwischen Januar und Oktober zu 145 Körperverletzungen. Das spreche nicht für eine besonders bedrohliche Situation. Mehr als die Häfte dieser Delikte, nämlich 77, passierten am Saarbrücker Bahnhof. Im gleichen Zeitraum zählte die Bundespolizei zehn Fälle von Körperverletzung in St. Wendel - rechnerisch einer pro Monat. "Das ist keine besondere Gefährung", wertet Fuchs. Doch im Vergleich zu den Bahnhöfen in Neunkirchen, Saarlouis und Homburg seien es mehr Delikte. "Daher haben wir den St. Wendeler Bahnhof auf dem Schirm."

Zuletzt hat die Messerattacke eines 34-Jährigen auf einen 23 Jahre alten Mann im Café des Bahnhofgebäudes für Schlagzeilen gesorgt (wir berichteten). Diese Auseinandersetzung hatte private Gründe und habe somit nicht unmittelbar etwas mit dem Ort zu tun. In St. Wendel gibt es eine Sicherheitspartnerschaft, bestehend aus Stadt, Deutsche Bahn, Bundespolizei und Polizeiinspektion St. Wendel . Alle Partner ziehen an einem Strang, um die Situation zu verbessern. "Auch Dinge wie Licht und Sauberkeit beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Menschen", weiß Fuchs. Im Amerikanischen beschreibt der Begriff "broken window" ein bekanntes Phänomen. "Es gibt die Theorie, dass je länger es dauert, dass eine eingeworfenen Scheibe repariert wird, weitere Scheiben eingeschlagen werden", so Fuchs.

Sollten gerade keine Beamten der Bundespolizei vor Ort sein und es wird in Bexbach ein Delikt am Bahnhof gemeldet, fahren die St. Wendeler Kollegen raus. Eine solche Zusammenarbeit gibt es auch über Grenzen hinaus. Als Beispiel dafür nennt Joachim Moritz, Präsident der Bundespolizeidirektion Koblenz, die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Da arbeiteten deutsche und französische Beamte zusammen. Fußball ist auch abseits solcher großen Turniere ein wichtiges Thema bei der Bundespolizei . Denn viele Fans und gewaltbereite Zuschauer fahren per Bahn zu den Spielen. Hier vertritt Fuchs einen eindeutigen Standpunkt: "Wer Gewalt bei der Anreise zeigt, der sieht das Spiel nicht." Auch mit Böllern und Bengalos müssten die Beamten jederzeit rechnen. Das werde dann rasch gefährlich - für alle Beteiligte.

Eine Aufgabe der Strategietagung ist es, Weichen für die Zukunft zu stellen, über Aufgaben und Veränderungen zu sprechen. Ein wichtiges Thema im kommenden Jahr ist laut Moritz die Dislozierung. Das bedeutet, dass die Bundespolizei auf verschiedene Standorte verteilt werden soll. Derzeit setzt sich die Bundespolizeiinspektion Koblenz aus sieben Inspektionen zusammen, zu denen wiederum 17 Reviere gehören. "Die Bundespolizei muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein und zwar dort, wo Einsatzbrennpunkte sind", erläutert Moritz. Es geht um bedarfsorientierte Einsatzplanung. In der aktuellen Situation gebe es dafür zu wenige Beamte . "Eine kluge Einsatzplanung ist daher gefragt", sagt der Präsident.

Vielfältiges Aufgabenfeld, viele potenzielle Einsatzorte. "Polizisten können nicht immer überall sein", sagt Fuchs und spricht in diesem Zusammenhang die Videoüberwachung an. "Wenn wir nicht da sind, erleichtert sie uns die Arbeit." Er denkt dabei zum einen an die Funktion einer gewissen Abschreckung und zum anderen an schnelle Fahndungserfolge mithilfe der Videobilder. Als Beispiel führt der Leiter der Bexbacher Inspektion Fälle von Körperletzungen in Zügen an. Dank der Videos konnten Täter schnell ermittelt werden. "Wir sind davon überzeugt, dass Videoüberwachung uns helfen kann", so Fuchs.

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