Gefühle erkennen, Konflikte lösen

St Wendel · Die Aktionswoche für Kinder von süchtigen Eltern beginnt an diesem Sonntag. Auch das Angebot „Wiesel“ des Caritas-Verbands Schaumberg-Blies beteiligt sich daran – mit Aktionen in St. Wendel und Neunkirchen.

 Spielen und herumtollen – auch das gehört zum Betreuungsprogramm der Caritas. Fotos: Oswald

Spielen und herumtollen – auch das gehört zum Betreuungsprogramm der Caritas. Fotos: Oswald

Lena (Name von der Redaktion geändert) bastelt sich ein Haus. Eines, in dem sie ganz alleine wohnt - nur zusammen mit ihren Haustieren. Das Hausbauen ist Teil des Programms "Wiesel" des Caritasverbandes Schaumberg-Blies, das sich um Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien kümmert. Gerade erst sollten die Jungs und Mädels in der Kinderstunde in St. Wendel ihr Traumhaus gestalten. Was wünschen sie sich, mit wem wollen sie zusammenleben? Lenas Haus passt zu der Zehnjährigen, sagt Psychologin Corinna Oswald im SZ-Redaktionsgespräch. Denn das Mädchen, das seit drei Jahren zur Beratung und Betreuung kommt, ist eines von acht Kindern. Die Eltern alkohol- und drogenabhängig. Alle Kinder leben in Wohngruppen oder Pflegefamilien . Oswald beschreibt Lenas Situation so: "Sie fühlt sich im alltäglichen Geschehen nicht wahrgenommen, sie sieht sich als eine Nummer." Ihr Haus zeige deutlich die Trauer darüber, ein "No-Name" zu sein: "Sie sehnt sich danach, in einem familiären Verbund zu leben und hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben."

Lena ist eines von 30 Kindern, die im vergangenen Jahr "Wiesel" in Anspruch genommen haben - elf Jungen und 19 Mädchen. Bei zwölf von ihnen war der Vater von der Abhängigkeit betroffen, bei elf die Mutter, und bei sieben gar beide Elternteile . Etwa zwei Drittel der Kinder kommen aus dem Landkreis Neunkirchen, ein Drittel kommt aus dem St. Wendeler Land. Denn der Caritas-Verband Schaumberg-Blies ist für beide Landkreise zuständig. Und sei, so Oswald, die einzige Stelle im Saarland, die dieses Angebot vorhalte. "Wiesel" beinhaltet nicht nur die Betreuung der Kinder, sondern auch Fortbildungen, Elterngespräche, Öffentlichkeitsarbeit. Immer wieder gebe es Anfragen aus anderen Landkreisen, sagt Oswald. "Aber eine Stelle, die sich zwei Frauen teilen, macht es uns unmöglich, das ganze Saarland zu bedienen." Dennoch sagt sie: In jedem Landkreis sollte es ein solches Angebot geben. Finanziert wird das übrigens von der Caritas , vom Sozialministerium, Spenden sowie den Landkreisen St. Wendel und Neunkirchen. Aus St. Wendel habe sie gerade die Zusage erhalten, dass "Wiesel" weitere drei Jahre gefördert werde.

In den drei Gruppen werden derzeit 13 Kinder und Jugendliche betreut. Die Acht- bis Elfjährigen in St. Wendel , die Zwölf- bis 14-Jährigen sowie die 14- bis 18-Jährigen in Neunkirchen. Die Verweildauer beträgt zwischen sechs Monaten und drei Jahren. "Wenn die Kinder uns wieder verlassen, wissen sie auf jeden Fall mehr: vor allem, dass sie keine Schuld trifft." Das hält Oswald für besonders wichtig. Außerdem könnten die Jungs und Mädels oft besser mit Gefühlen und mit Konflikten umgehen. Dabei hilft auch Igel Leon. Dieser findet Hilfe bei Igel-Dame Luna. Sie sorgt auch dafür, dass Leons Vater in eine Igelklinik geht.

Ob Lenas Eltern in eine Klinik gehen oder nicht, steht in den Sternen. Fest steht, Lena wird wohl noch eine Weile bei "Wiesel" betreut. Sie mache aber Fortschritte. Für Oswald ein Hoffnungsschimmer. Zumal die Chance, dass Kinder von Suchtkranken ebenfalls süchtig werden, sehr groß sei: Der Anteil liege bei einem Drittel. Und nur ein Drittel komme völlig unbeschadet davon.

coa-aktionswoche.de

 Mit Hilfe von Igel Leon lernen Kinder spielerisch, mit Gefühlen umzugehen.

Mit Hilfe von Igel Leon lernen Kinder spielerisch, mit Gefühlen umzugehen.

Zum Thema:

Auf einen BlickEtwa jedes sechste Kind in Deutschland kommt aus einer Familie, die von Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit der Elternteile geprägt ist. Kinder von Suchtkranken (Children of Alcoholics/Addicts = COA) sind Risikokandidaten, selber eine Sucht oder eine psychische oder soziale Störung zu entwickeln. Aber, diese Kinder sind auch extrem widerstandsfähig, haben vielfältige Begabungen und Kompetenzen. Um auf das Schicksal dieser Kinder und Jugendlichen aufmerksam zu machen, findet jährlich um den Valentinstag herum eine internationale Aktionswoche statt. Auch Wiesel beteiligt sich an der Aktionswoche vom 14. bis 20. Februar. Es gibt unter anderem Sprechstunden: in der Fachklinik Münchwies am Mittwoch, 17. Februar, von 9 bis 12 Uhr; im Jugendamt St. Wendel am Mittwoch, 18. Februar, von 9 bis 12 Uhr. In Kooperation mit der Streetworkerin des Landkreises Neunkirchen finden Kletterkurse für betroffene Kinder in der Kletterhalle St. Wendel (Rocklands) statt: für Acht- bis Zwölfjährige am Mittwoch, 17. Februar, 16.30 bis 18.30, für 13- bis 17-Jährige am Donnerstag, 18.Februar, von 17 bis 19 Uhr. Außerdem werden die Werke der Kinder und Jugendlichen, die in Gruppen- oder Einzelarbeit bei Wiesel entstanden sind, in den Schaufenstern der Selbsthilfeorganisation der Guttempler, Lessingstraße 53, Saarbrücken, ausgestellt. him

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