„Ich hatte schon immer Lust auf Literatur“

St Wendel · Autorin Christine Guigui, gebürtig aus Braunshausen, hat ihre Jugenderinnerungen auf Papier gebannt.

Lange ist die Erzählung "Wie eine Lilie" in der Autorin Christine Guigui gereift. Pünktlich zur Leipziger Buchmesse Ende März ist das Buch der heute 90-Jährigen erschienen. Es trägt autobiografische Züge und spielt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges im nördlichen Saarland. "In der Ich-Form konnte ich die Geschichte nicht schreiben. Das war zu emotional. Deshalb entschied ich mich für die dritte Person", berichtet die in München lebende Verfasserin. Anna ist der Name der Hauptfigur. "Auch die Namen der anderen Leute und die der Dörfer wollte ich nicht nennen", verrät Christine Guigui und lacht: "Und doch sagt jeder, der es liest: Das ist Braunshausen."

In dem Ort der Gemeinde Nonnweiler wurde Christine Guigui geboren. Direkt nach dem Staatsexamen, 1954, ging sie als Ärztin in die USA. "Wenn man in einem solch kleinen Dorf geboren ist, dann hat man diese Lust, in die weite Welt zu gehen." Die weite Welt bedeutete für sie New York, wo sie in einem Krankenhaus arbeitete. Zunächst hatte sie ein auf zwei Jahre befristetes Visum. Doch sie lernte ihren Mann in dieser Zeit kennen und blieb - für mehr als 50 Jahre.

"Ich hatte schon immer Lust auf Literatur. Schon in der Schule habe ich gerne Aufsätze geschrieben", erinnert sich die 90-Jährige. In den USA nahm sie an einem Kurs der Famous Writer's School in Westport teil. Per Post bekam sie über zwei bis drei Jahre Aufgaben zugesandt, die anschließend bewertet wurden. Später nahm sie an einem Seminar der Universität Fairfield in Connecticut teil. Darin ging es um Kurzgeschichten. "Man muss auch das Schreiben lernen", ist die Akademikerin überzeugt.

In englischer Sprache begann sie schließlich ihre Erzählung über ihre Jugend in der Gemeinde Nonnweiler. Vollendete das Manuskript. Aber zufrieden war sie damit nach eigener Aussage nicht. "Ich hatte den Eindruck, dass es nicht gut genug war." Außerdem zweifelte sie, ob es die rechte Zeit für ein solches Buch war. "Alle zehn Jahr schienen Geschichten aus der Kriegszeit interessant und dann wieder nicht" - so ihr Eindruck. Hinzu kam, dass Englisch nicht ihre Muttersprache war, doch hatte sie ihr Deutsch beinahe vergessen. "Ich ging in Bibliotheken und habe deutsche Bücher gesucht", erinnert sie sich. Noch heute hält sie ihr Englisch für besser als ihre Muttersprache.

Nach dem Tod ihres Mannes kam sie 2006 zurück nach Deutschland. In München hat sie Verschiedenes veröffentlicht, auch Krimis. Dann sei ihr die Geschichte wieder in den Kopf gekommen. Dieses Mal schrieb sie die Erlebnisse in ihrer Muttersprache nieder.

Hauptfigur Anna nimmt die Leser mit in die 1930er- und 1940er-Jahre im damaligen Saargebiet. Das Besondere an der Geschichte ist nach Aussage der Autorin der Einfluss einer Lehrerin auf das heranwachsende Mädchen. "Sie hat mich in eine religiöse Gemeinschaft gebracht - über Jahre", erinnert sich Christine Guigui. Ihre Mutter sei gegen diesen Kontakt gewesen, doch sie ging immer wieder zu den Gebets- und Meditationsstunden. Es sei wie ein Zwang gewesen. Heute weiß die Autorin: "Es hat mir geschadet. Ich war nicht mehr natürlich." Ein junger Flakhelfer brachte schließlich die Wende. Die beiden verliebten sich, es gelang der Absprung von der Gruppe. Doch zu einem Happy-End zwischen den beiden jungen Menschen kommt es nicht. Es folgen Jahre des Grübelns und das Ende des Krieges. Das Buch ist dreigeteilt und endet mit einem Wiedersehen zwischen der Hauptfigur und ihrem Flakhelfer. "Ich fand, das war ein nettes Ende", sagt Christine Guigui.

Die Auswanderin hat nie den Kontakt zur Heimat verloren. Wieder zurück in Deutschland hat sie die Mentalität der Amerikaner, deren freundschaftliche Art und die nachbarschaftliche Hilfe, zunächst sehr vermisst. Mit der zweiten Fassung ihres Buches "Wie eine Lilie" ist sie sehr zufrieden. "Jetzt müssen die Leser sagen, wie sie es finden."

"Wie eine Lilie" von Christine Guigui ist im Verlag Edition Schaumberg erschienen. Es umfasst 280 Seiten. Preis: 19,90 Euro. ISBN: 978-3-941095-37-3.

Zum Thema:

Als Flakhelfer wurden Jugendliche bezeichnet, die im Laufe des Zweiten Weltkrieges, ab 1943, zum Einsatz in Flakstellungen der Luftwaffe und der Kriegsmarine berufen worden. Dort bedienten sie Flugabwehrkanonen. Somit waren jene Soldaten, die diesen Job zuvor übernommen hatten, frei und konnten an die Front geschickt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort