„Die Kinder lernen fleißig“

St. Wendel · Seit Mitte Dezember ist Peter Adams in Südindien. Er kümmert sich in jedem Jahr mehrere Wochen lang persönlich um die Hilfsprojekte des gemeinnützigen Vereins Jochen-Rausch-Zentrum St. Wendel im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu. Im Interview mit SZ-Redakteur Volker Fuchs berichtet er über die aktuelle Situation vor Ort.

 Ohne Tänze keine Feier, auch nicht zu Weihnachten. Hier tanzen Kinder des St.-Michael-Kinderheimes für die Gäste. Fotos: Peter Adams

Ohne Tänze keine Feier, auch nicht zu Weihnachten. Hier tanzen Kinder des St.-Michael-Kinderheimes für die Gäste. Fotos: Peter Adams

 In ihren bunten Festtagskleidern stellen sich die Kinder des St.-Michael-Heimes und die Gäste zum Gruppenbild zusammen.

In ihren bunten Festtagskleidern stellen sich die Kinder des St.-Michael-Heimes und die Gäste zum Gruppenbild zusammen.

 Der Spielplatz des Kinderheimes Shanthi Bhavan ist fertig, die Aufnahme entstand bei der Einweihung des Platzes.

Der Spielplatz des Kinderheimes Shanthi Bhavan ist fertig, die Aufnahme entstand bei der Einweihung des Platzes.

Herr Adams, welche Hilfsprojekte unterstützt die Indienhilfe des Jochen-Rausch-Zentrums in Südindien?

Peter Adams: Wir unterstützen die beiden Kinderheime Shanthi Bhavan und St. Michaels Home, wir geben Nahrungsmittel für an Aids erkrankte Kinder weiter, bauen Häuser für arme Witwen und ihre Familien, helfen beim Schulgeld und bei Hochzeiten von armen Mädchen .

Beim Hungermarsch 2014 sind insgesamt 16 000 Euro zusammengekommen. Wie wird das Geld verwendet?

Adams: 4000 Euro gingen an Bruder Bernd Ruffing von den Steyler Missionaren für die Aidshilfe in Nordthailand, 6000 Euro bekommt das Kinderheim Shanthi Bhavan für eine offene Speisehalle, einen Spielplatz und eine Wasserzisterne. 6000 Euro sind für das Nahrungsmittel-Programm für die Aidskinder in der Region Vallioor vorgesehen.

Wie geht es den Kindern im Kinderheim Shanthi-Bavahn?

Adams: Den 42 Jungen der ersten bis zwölften Klasse geht es gut, sie haben immer noch Examen zu schreiben und fleißig zu lernen. Am 4. Januar kamen alle aus den Weihnachtsferien zurück und gleich am Montag ging es in die fünf verschiedenen Schulen der Umgebung. Freudig haben sie mich schon vor Weihnachten begrüßt und empfangen. Jeden Abend beten sie für ihre Förderer und Paten.

Wie läuft es im St. Michaels Home?

Adams: Auch hier geht es den 43 Mädchen und Jungen der ersten bis fünften Klasse gut, sie lernen fleißig in ihrer Zwergschule mit zwei Lehrern in zwei Klassenzimmern. Diesmal sind auch die älteren Kinder im Gegensatz zu früheren Jahren ziemlich klein und schmächtig. Sie kommen alle aus armen Familien der umliegenden Dörfer und schlafen und essen im Kinderheim. Die Aufnahme war wieder herzlich und fröhlich wie immer. Die Leiterin kümmert sich liebevoll um diese Kinder und gibt ihnen Bildung, Erziehung und Werte mit auf den langen Weg zum Erwachsenensein.

Mit Geldern der Pfarreiengemeinschaft Oberthal ist zudem das Mutter-Theresa-Heim finanziert und unterhalten worden. Waren Sie auch dort zu Besuch? Wie ist dort die aktuelle Situation?

Adams: Auch diesen Kindern geht es gut und sie gehen alle von der 6. bis 10. Klasse in die St. Josephs-High-School in Duraikudieruppu. Vor allem die Jungen und Mädchen der 10. Klasse haben kaum Freizeit, sondern länger Unterricht, Spezialklasse an den Wochenenden. Leider konnten fünf der Kinder über Weihnachten und Neujahr nicht nach Hause fahren. Einige wohnen einfach zu weit entfernt, bei anderen gibt es das Problem, dass die Eltern oder Witwen nicht arbeiten können, wenn ihre Kinder daheim sind und versorgt werden müssen. Die Familie braucht aber das Geld und kann auf keinen Arbeitstag verzichten, denn dann hat sie kein Einkommen. Gearbeitet wird die ganze Woche an sieben Tagen.

Wie laufen die anderen Projekte in Südindien?

Adams: Am 18. Januar werde ich das 101. und 102. Haus für Witwen einweihen können. Leider wird es bei den neuen Kosten von 4000 Euro pro Haus nicht mehr so oft möglich sein, genügend Spenden zu bekommen. Die Lebenshaltungskosten steigen Tag für Tag, das trifft besonders die Armen. Weiterhin kommen immer wieder Anfragen zur Förderung armer, begabter Kinder mit Schulgeld für das College oder zur Hochzeit von Mädchen , was die armen Witwen einfach nicht leisten können. Meine Erfahrung der letzten Jahre mit den älteren Mädchen vom Kinderheim Shanthi Bhavan ist, dass Mädchen von armen Witwen keinen guten Mann bekommen, weil einfach nicht genügend Brautgeld gezahlt werden kann. Einige der Ehemänner haben sich schon aus dem Staub gemacht und die junge Frau mit dem Kind sitzen lassen.

Die Region musste über Jahre mit großer Trockenheit kämpfen. Mehrere Wochen hat es jetzt endlich geregnet, sogar bis in den Dezember hinein. Hat sich die Lage dadurch entspannt?

Adams: Es hat im November und Dezember in vielen Regionen von Süd-Tamil-Nadu so viel geregnet wie seit 14 Jahren nicht mehr. Jetzt noch sieht man große Wasserflächen und Becken, und die Brunnen haben genügend Grundwasser bekommen. Die Reisfelder leuchten in den unterschiedlichen Grüntönen, einige werden immer noch mit den Reissetzlingen bepflanzt. In den Kinderheimen Shanthi Bhavan und St. Michaels Home war es nicht so gut, sie müssen auch jetzt noch Wasser kaufen. Die Regenzeit ist jetzt beendet, und es ist schon ziemlich heiß, so zwischen 27 und 30 Grad.

Wie geht es den Menschen vor Ort, wo hakt es, was fehlt?

Adams: Nach der langen Regenzeit gibt es sehr schlechte Straßen und Wege, bei der ländlichen Infrastruktur und den Busverbindungen gibt es immer noch große Probleme. Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze für die jungen Leute aus den vielen Colleges, keine Alters- und Krankenversicherung, keine staatlichen Hilfen bei schweren Krankheiten oder Operationen.

Wie haben die Kinder Weihnachten und den Jahreswechsel gefeiert?

Adams: Normal gehen alle Kinder an diesen Tagen zu ihren Familien oder Angehörigen in die Dörfer oder Städte. Gottesdienstbesuche der Christen, Tempelfest der Hindus, überall vor den Häusern sind große Krippen aufgebaut und hell und bunt erleuchtet. Viele bunte Lichter, Sterne, Ballons und laute Knaller gehören einfach dazu. Es wird wie immer laut gefeiert und über Lautsprecher weit gestreut.

Wichtiger ist wohl für viele das Pongal-Fest, oder? Was hat es damit auf sich?

Adams: Es ist das tamilische, hinduistische Erntedankfest, der neue Reis wird öffentlich gekocht und gemeinsam gegessen. Pongal wird vom 14. bis 16. Januar gefeiert. Am ersten Tag wird das Haus gesäubert und alles alte wird verbrannt. Am zweiten Tag besucht man sich gegenseitig, der dritte Tag ist für die Tiere bestimmt. Der Tag ist den Kühen und Ochsen gewidmet, die die schwere Last der Feldarbeit zu tragen haben und wichtige Partner und Helfer der Bauern sind. Die Tiere werden angemalt und geschmückt und bekommen besonders gutes Fressen.

Wie können die Menschen im St. Wendeler Land helfen?

Adams: Einmal durch Finanzierung der Kinderheime über Patenschaften. Mit monatlich 20 Euro kann ein Kind versorgt werden. Dann auch durch Spenden, mit denen die anderen Projekte finanziert werden, wie der Bau weiterer Häuser für arme Witwen, Lebensmittelpakete für die an Aids erkrankten Kinder, aber auch finanzielle Hilfe bei lebenswichtigen Operationen.

Spenden können auf das Konto "Jochen-Rausch-Zentrum" überwiesen werden, Kreissparkasse St. Wendel, IBAN: DE47 592 510 200 000 084 616, BIC: SALADE51WND, Kennwort Indienhilfe.

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