Dauer-Betrügerin immer noch frei

Nonnweiler · Drei Jahre und acht Monate Haft hat ein Neunkircher Amtsrichter einer Bauzeichnerin aufgebrummt. Ohne Bewährung. Das war Ende September. Und noch immer sitzt die Verurteilte nicht ein.

Weihnachten wird sie in Freiheit verbringen. Aber allmählich muss sie sich mit dem Gedanken anfreunden, hinter Gitter zu wandern. Dabei hatte es die Justiz lange Zeit gut mit ihr gemeint, obwohl die junge Nonnweilerin immer wieder aufs Neue betrog, veruntreute und die Zeche prellte. Sogar ein wehrloses Gewaltopfer zog die Bauzeichnerin über den Tisch. So vergeigte sie mehrfach die Bewährung, die die Serientäterin vor dem Gefängnis bewahren sollte, um in Freiheit den Schaden wieder gutzumachen. Immer wieder wurde sie rückfällig. Deshalb war dann endgültig Schluss. Richter Erhard Breiden sah keine Chance mehr, ein weiteres Mal Milde walten zu lassen. Zwar beteuerte die Verurteilte, dass sie auch nicht wisse, was in sie gefahren sei. Das half ihr nicht mehr, auch nicht die vom Pflichtverteidiger ins Felde geführte psychiatrische Behandlung, in der sich seine Mandantin befinde, um alles aufzuarbeiten. Drei Jahre und acht Monate verhängte der Richter. Dieses Strafmaß war nicht mehr auf Bewährung auszusetzen. Sie muss in den Knast.

Das Urteil fiel bereits Ende September. Und die Nonnweilerin ist immer noch zu Hause. Jetzt aber kündigt der Saarbrücker Staatsanwaltssprecher Christoph Rebmann auf Nachfrage an, "dass sich die Dame gegenwärtig noch auf freiem Fuß befindet, aber zu einem bereits feststehenden Termin zu Beginn des Jahres 2017 ihre Strafe wird antreten müssen". Zu den Hintergründen, warum seit dem Urteil bis zum Haftantritt Monate verstreichen, machte er keine Angaben.

Das einschlägige Vorstrafenregister mit immer neuen Fällen binnen kürzester Zeit spricht Bände. Zuletzt vertickte sie von zuhause aus über die Internet-Plattform Ebay Waren, die sie nie dem rechtmäßigen Käufer zukommen lassen wollte. Dennoch kassierte sie die Kohle - in ihrem Namen und dem ihrer unwissenden Mutter. Das war zwischen September vergangenen und März dieses Jahres. Bundesweit brachte sie ihre Opfer um ihr Geld. Es ging nicht um große Summen, aber all das spielte sich während ihrer Bewährungszeit ab. Denn bereits im Januar war die Dauer-Kundin vor dem Kadi am Saarbrücker Amtsgericht unter anderem wegen Urkundenfälschung und veruntreuten Arbeitsentgelts verurteilt worden.

Für das meiste Aufsehen sorgte allerdings ein ganz perfider Fall: Sie hatte das Scheuerner Gewaltopfer Britta Schug über den Tisch gezogen. Der seit August 2012 auf den Rollstuhl angewiesenen Frau bot die Betrügerin an, auf eigene Kosten den behindertengerechten Umbau des Wohnhauses zu planen. Dann aber griff sie nach den Spenden, die bei mehreren Aktionen, darunter ein Benefizfest, zusammengekommen waren. Mehr als 33 000 Euro gingen Britta dadurch verloren. Ihre Mutter Regina Backes: "Wir haben zwei Mal 500 Euro von der Mutter der Täterin bekommen." Danach versiegte der Geldfluss, der als Wiedergutmachung und Bewährungsauflage zu verstehen war.

Zurzeit muss sich die Nonnweilerin nach Auskunft des Anklagevertreters Rebmann nicht für weitere Vergehen rechtfertigen. Neue Verfahren seien "im Bereich der Staatsanwaltschaft Saarbrücken […] nicht anhängig". Nach Rebmanns Recherchen ermittle auch keine andere Behörde gegen sie.

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