Gemeinsam gegen das Vergessen

Türkismühle · Auschwitz steht als Synonym für das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte. Die Untaten der Nazischergen dürfen niemals in Vergessenheit geraten. Daran erinnerten Politiker und Schüler beim Gedenktag in der Gemeinschaftsschule.

 Landrat Udo Recktenwald mahnte in der Gemeinschaftsschule Türkismühle, die Verbrechen der Nazizeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Foto: B&K/Landkreis

Landrat Udo Recktenwald mahnte in der Gemeinschaftsschule Türkismühle, die Verbrechen der Nazizeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Foto: B&K/Landkreis

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"Auschwitz", schreibt der Historiker Peter Reichel, "das ist ein eigentümlich ortloser Ort." Die deutsche Bezeichnung für diese Kleinstadt im Süden Polens stehe exemplarisch für das menschenverachtende nationalsozialistische System von Zwangsarbeit und Völkermord. Im Mai 1940 errichteten die Nationalsozialisten am Rande von O{oelig}wiêcim, so die polnische Bezeichnung dieser Stadt, das Konzentrationslager Auschwitz, das über 40 Außenlager hatte. Es war das größte der etwa 2000 Konzentrations- und Arbeitslager, es war das größte Lager, in dem Juden mit Gas ermordet wurden. Auschwitz, dieser ortlose Ort, steht somit als Chiffre für den Zivilisationsbruch, der im deutschen Namen geschah. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee Auschwitz; seit 1996 ist dieser Tag ein nationaler, seit 2005 ein internationaler Gedenktag an die Opfer des Holocaust .

2015 führte der Landkreis die erste zentrale Veranstaltung zu diesem Gedenktag durch. In diesem Jahr folgte die zweite in der Gemeinschaftsschule Türkismühle . "Diese Veranstaltung ist ein weiterer wichtiger Mosaikstein der Erinnerungskultur im Landkreis St. Wendel", sagte Landrat Udo Recktenwald zur Beginn. Denn mit der Einrichtung von kreisweit sieben Orten gegen das Vergessen, die unter anderem an das jüdische Leben in der Region erinnern, mit der Verlegung von Stolpersteinen, der Kranzniederlegung am einstigen Standort der St. Wendeler Synagoge, mit der Unterstützung von Projekten und Ausstellungen zum Thema, trage der Kreis dazu bei, dass die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit gerate. Denn Vergessen sei die größte Katastrophe. "Das Gedenken an Auschwitz", so Recktenwald weiter, "ist unsere moralische Verpflichtung und mahnt uns gerade heute, da sich das Gift des Hasses in unserem Land ausbreitet, gegen Minderheiten, gegen Menschen, die Schutz in unserem Land suchen, gehetzt wird, dass wir uns Intoleranz und Rassismus entgegenstellen, die Würde des Menschen unter allen Umständen verteidigen. Aus der Erinnerung erwächst eine Verpflichtung, die uns alle meint."

Klaus Brill, langjähriger Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, ging anschließend in seinem Vortrag "Jenseits von Auschwitz" auf die Verbrechen ein, die in Mittel- und Osteuropa, im heutigen Polen, in Belarus, dem Baltikum, der Ukraine zwischen 1933 und 1945 verübt wurden. "Es gibt zahllose Dörfer, die ausgelöscht wurden, deren Namen in Deutschland kaum bekannt sind." Brill stützte sich unter anderem auf die Arbeit des Historikers Timothy Snyder, der den Begriff "Bloodlands" einführte und damit eben jene europäische Region meint, die vor über 70 Jahren sowohl Opfer des Nationalsozialismus als auch des Stalinismus wurde und Ort unsagbarer Massaker und unzähliger Morde war.

Brill betonte: "Eine wichtige Lehre, die aus Auschwitz, die aus den Verbrechen, die damals geschahen, erwächst, ist, dass niemals wieder der Rechtsstaat verachtet werden darf."

Ausgrenzung, Terror, Hass - auch im St. Wendeler Land führten die Nazis ihre menschenverachtenden Politik ein, fanden Mitläufer, Täter und Opfer. Zu den Opfern zählten vor allem Juden . Seit einigen Jahren bereits setzen sich Schüler der Gemeinschaftsschule Türkismühle mit den Spuren jüdischen Lebens in der Gemeinde Nohfelden auseinander. Ihre Arbeit, ihre Erfahrungen sowie zwei Kurzfilme, die gemeinsam mit dem Adolf-Bender-Zentrum entstanden, stellte diese Arbeitsgruppe vor, bevor die Band Brillant, die bereits mit Kindern der Projekte Songwerkstatt und Teenie-Tus die Programmpunkte begleitete, mit Liedern gegen Intoleranz und Rassismus den Abend beschloss.

Auschwitz, dieser ortlose Ort, steht als Kurzform für das größte Verbrechen der Menschheit. Die Dimension dieses kaum zu fassenden Verbrechens erschließt sich dem Betrachter, wenn der Blick auch auf die "Bloodlands" gerichtet wird. Wenn der Blick auch auf das gerichtet wird, was während der Nazi-Zeit hier, im St. Wendeler Land geschah. Dies zeigte die Gedenkveranstaltung in Türkismühle eindrucksvoll.

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