Gefährliche Flucht in die virtuelle Welt

Ottweiler · Über Chats oder Rollenspiele rutschen viele Internetnutzer in eine Abhängigkeit von dem Medium. Die Beratungsstelle „Die Brigg“ in Neunkirchen bietet Betroffenen und deren Angehörigen Rat und Hilfe an.

 Mathias Lindau (l.) klärte über Onlinesucht sowie Interventionsangebote der Caritas-Beratungsstelle „Die Brigg“ auf. Foto: ani

Mathias Lindau (l.) klärte über Onlinesucht sowie Interventionsangebote der Caritas-Beratungsstelle „Die Brigg“ auf. Foto: ani

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"220 000 Cannabisabhängige gibt es in Deutschland. Mehr als doppelt so viele, 560 000 Menschen, sind internetabhängig", erklärte Mathias Lindau von der Suchtberatungs- und -behandlungsstelle "Die Brigg" der Caritas in Neunkirchen. Mit gutem Grund also widmete man der Onlinesucht am Montag, dem ersten Tag der Ottweiler Suchtpräventionswoche, einen ganzen Abend mit Vortrag und der Möglichkeit zum Gespräch.

Die Suchtpräventionswoche wird im Rahmen der Initiative "Ottweiler lebt gesund" von der Stadt in Zusammenarbeit mit der "Brigg", dem Landkreis, dem Gesundheitsministerium und der Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (LAGS) veranstaltet. Dabei werden in Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen Aufklärungs-, aber auch Mitmachveranstaltungen angeboten, die zeigen, wie man mit gesunder Ernährung und Sport die Lebensqualität steigern und die Suchtgefahr senken kann.

"Wir wollen Ihnen das Thema insgesamt näher bringen.", erklärte der Ottweiler Bürgermeister Holger Schäfer, der die rund 30 im Sitzungssaal des Landratsamtes erschienenen Zuhörer begrüßte. Auch Markus Zimmermann vom Landesinstitut für präventives Handeln betonte, wie wichtig es sei - vor allem für Jugendliche - im Umgang mit potenziellen Suchtmitteln, Grenzen zu setzen. "Im Vergleich beispielsweise zu Frankreich oder England tut man sich in Deutschland mit dem Setzen solcher Grenzen sehr schwer."

Eine Sucht, von der Jugendliche in besonderem Maße betroffen sind, ist die Onlinesucht. Yvonne Illy, ebenfalls von der Brigg, erklärte, was Betroffene in der virtuellen Welt fesselt: "In Chats oder Rollenspielen kann man andere Identitäten annehmen und diese stets verändern und verbessern, sodass es nie langweilig wird." Soziale Netzwerke böten nicht nur die Möglichkeit zur Kommunikation, sondern auch zur kreativen Entfaltung und Entspannung: Bilder, Videos und Ideen posten und darauf schnell Reaktionen erhalten. Positive Rückmeldungen in sozialen Netzwerken, sowie Erfolge in Rollenspielen sorgten für ein Gefühl der Anerkennung. "Für sich genommen positive Aspekte", so Illy. "Problematisch wird die Nutzung jedoch, wenn die virtuelle Welt mit der realen verglichen und ihr vorgezogen wird." Lindau erklärte, man stufe bei der Brigg den Konsum als kritisch ein, wenn über einen Zeitraum von zwölf Monaten mindestens drei Suchtmerkmale aufträten. Diese könnten beispielsweise Toleranzentwicklung, also das Verlangen nach einer immer höheren Dosis, oder auch Entzugserscheinungen, wie Nervosität, Gereiztheit oder innere Leere bei Vorenthaltung des Suchtmittels sein. "Auch Kontrollverlust ist ein Merkmal: wenn man es beispielsweise nicht mehr schafft, die Spieldauer einzugrenzen", so Lindau.

Die Brigg in Neunkirchen bietet Betroffenen verschiedene Frühinterventionsmaßnahmen an. Infos: Telefon (0 68 21) 920-940.

die-brigg.de

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