Radler zeigen Flagge für offene Grenzen

Marpingen · Höhepunkte am laufenden Meter gab es bei der ersten Transalp der Gemeinschaftsschule Marpingen. Hinter dem Begriff Transalp verbirgt sich die Idee, alleine durch eigene Körperkraft das höchste Gebirge Europas von Nord nach Süd zu überqueren und dabei Tausende Höhenmeter und mehrere Kilometer zu bewältigen.

Der Herausforderung der Transalp stellten sich 15 Schüler der Stufen zwölf und 13 sowie Lehrer der Gemeinschaftsschule Marpingen . Initiiert und organisiert wurde die Transalp von Thomas Alt, Sportlehrer und stellvertretender Schulleiter in Marpingen . Die Routenführung an den fünf Tagen übernahm Markus Mörsdorf. Georg Wilhelm sicherte die Gruppe stets nach hinten ab.

"Wir waren insgesamt fünf Tage im Sattel bei Tagesetappen zwischen 70 und 100 Kilometern", erklärt Fabian Gincel. "Unsere Strecke führte von Füssen im Allgäu über die Fernpassroute ins Oberinntal, dann über den Reschenpass nach Südtirol." Dort ging es dann über Meran und Trento zum Gardasee, dem Zielpunkt der Alpenüberquerung. Knackige Steigungen bis 15 Prozent waren vor allem an den Passstraßen zu bezwingen. Rasante Abfahrten im Stil eines Mountainbike-Trails gab es unter anderem am Fernpass in Österreich und im oberen Vinschgau in Südtirol.

Innerhalb des Seminarfachs "Transalp" mussten die jungen Leute Sponsoren anschreiben, die Etappenplanung übernehmen, Informationen über Land und Leute beschaffen und vor allem die Finanzierung im Blick behalten. "Eine fünftägige Radtour ist nicht nur eine sportliche, sondern auch eine logistische Herausforderung", so Thomas Alt. Die Anfahrt per Zug mit Fahrrädern nach Füssen, der Rücktransport ab Riva del Garda sowie der Gepäckshuttle zum Etappenziel müssen organisiert sein. Für Letzteren konnte ein bereits pensionierter Kollege, Helmut Schu, gewonnen werden, der im angemieteten Kleinbus Gepäck und Verpflegung transportierte.

"Ohne unseren Helmut wäre die zweite Etappe im wahrsten Sinne ins Wasser gefallen", berichten Elena Morsch und Jana Alt. Strömender Regen bei sinkender Schneefallgrenze führte auf der Inntalroute bei Landeck zu zahlreichen Ausfällen. "Im Begleitbus konnten wir uns umziehen und aufwärmen, sodass wir alle noch bis zum Reschenpassanstieg durchhalten konnten."

Allerdings schafften dann nur noch vier diesen Anstieg mit eigener Muskelkraft und kamen im leicht mit Maischnee angezuckerten Nauders auf 1300 Meter Höhe entkräftet, aber glücklich an. Der nächste Morgen zeigte sich von seiner sonnigen Seite, gerade richtig, die in den Hochlagen noch tiefverschneite Landschaft am Reschenpass zu genießen, der gegen Mittag mit einem leichten Anstieg auf 1500 Meter über dem Meeresspiegel erreicht war. Dieser die Grenze zwischen Österreich und Italien markierende Alpenpass war damit der höchste Punkt der Tour. Hier nutzten die Schüler die Gelegenheit zu einem politischen Statement für Europa. Direkt auf der Grenze entrollten sie die Flagge der EU. Annika Krämer und Jonas Federkeil erläutern die Hintergründe: "Zurzeit wird von vielen wieder die Einführung von Grenzkontrollen gefordert. Wir wollten mit unserer Aktion darauf hinweisen, dass offene Grenzen in Europa eine große Errungenschaft sind, nicht nur im Sinne einer besseren Reisemöglichkeit, sondern auch hinsichtlich der Sicherung des Friedens."

"Ländergrenzen, insbesondere innerhalb Europas, sind auch immer Grenzen im Kopf", ergänzt Kai Welter, womit er auf die umfassenden Chancen einer offenen europäischen Gesellschaft hinweisen will. "Viele vorbeifahrende Urlauber hupten und winken uns zu, als wir uns vor der EU-Flagge positionierten. Das zeigt doch, dass auch viele andere so denken wie wir." Bei der Fahrt durch das sich anschließende Südtirol wurde diese politische Dimension der Fahrt dann auch greifbar. Deutschsprachige und italienischsprachige Südtiroler leben erst seit der Gründung der EU friedlich nebeneinander. Zuvor zählte diese Region, wie die Schüler während einer Führung am Schloss Tirol erfuhren, zu den stark umkämpften Gebieten Europas.

Gardasee war das Ziel

Die sich nun anschließenden beiden Tage waren durch das sanfte Gleiten im sonnigen und heißen Etschtal geprägt. Nur ein kurzer Anstieg zur Passhöhe Richtung Gardasee war noch zu bezwingen, und dann lag er vor ihnen, der größte der italienischen Alpenseen, an dessen Ufern das Hochgebirge in die Ebene ausläuft. Der tiefblaue Himmel spiegelte sich im Wasser wider, Palmen und Zypressen wogten im Wind. Dieser Anblick entschädigte für fünf Tage Strapazen. Es war geschafft.

Es blieb ein Tag, um sich zu erholen und um Bilanz zu ziehen: sportlich eine wahre Herausforderung. Mental die Erfahrung, dass Durchhalten und Durchbeißen, aber auch das Anerkennen der eigenen Grenzen Tugenden fürs Leben sind. Politisch die Erkenntnis, dass in fünf Tagen per Fahrrad drei Länder Europas durchquert worden sind, und das, ohne als Ausländer kontrolliert worden zu sein. Die erste Transalp war rundherum eine gelungene Premiere, der sicher weitere Touren in den kommenden Jahren mit weiteren Schülern folgen werden.

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