Wechsel auf dem Chefsessel

Marpingen · Offiziell hat er bis einschließlich Sonntag Zeit. Doch bereits diesen Freitag wird Saarlands zurzeit dienstältester Rathauschef verabschiedet. Nach drei Amtsperioden beendet ein Empfang seinen Verwaltungsjob.

Eine lange Dienstzeit nähert sich dem Ende. Wenn an diesem Freitagabend im Marpinger Schulzentrum gefeiert wird, bedeutet dies einen Personalwechsel an der Spitze des Rathauses. Eine Zäsur. Werner Laub räumt sein Büro in der Chefetage, macht seinem Nachfolger Volker Weber (beide SPD ) Platz. Und das nach 26 Jahren im Amt.

Seine erste Wahl erfolgte noch im Gemeinderat. Am 17. April 1990 bestimmte ihn das Gremium zum Verwaltungschef. Von Direktwahl durch die Bürger war damals keine Rede. Der Sozialdemokrat war mit 41 Jahren der jüngste Bürgermeister im Saarland. Die erste Amtsperiode dauerte noch zehn Jahre. die beiden weiteren jeweils acht. Und an denen waren dann die Marpinger durch Urwahlen beteiligt. Eine entsprechende Gesetzesänderung hatte dies ermöglicht.

Laub setzte Schwerpunkte, so zum Beispiel bei der Schulentwicklung. "1989 musste was passieren", begründet er. So fällt der Ausbau der einstigen Haupt- und Real- hin zur heutigen Gemeinschaftsschule mit Abiturabschluss in seine Amtszeit. Vom "Auslaufmodell" mit wenigen Schülern, wie es der Noch-Bürgermeister bezeichnet, mauserte sich das Schulzentrum zu einer der der größten im Landkreis St. Wendel. "Das war meine erste große Aufgabe, denn Erziehung und Bildung haben bei mir einen hohen Stellenwert." So kämpfte er außerdem für ein Seniorenzentrum in seiner Gemeinde. Mit seiner Initiative dafür übernahm Laub eine Vorreiterrolle, forcierte ein Pilotprojekt.

1999 sorgten angebliche Marienerscheinungen im Härtelwald für wochenlangen, belagerungsähnlichen Massenansturm von Pilgern. Mit Fördergeld aus Saarbrücken wurde die Wallfahrtsstätte später ausgebaut. Doch bis es soweit war, blickte Laub sorgenvoll auf die Menschenkarawanen. "Da waren so viele Gehbehinderte mit Rollatoren und Bettlägrige, wenn da damals Panik ausgebrochen wäre", erinnert er sich sorgenvoll an die Zeit zurück.

Ein Projekt, das 1995 noch während der Entwicklung scheiterte: ein für den Ortsteil Urexweiler geplantes Telezentrum. Hier sollten Computerarbeitsplätze entstehen, von Arbeitnehmern anzumieten. "Eine Million Euro waren vom Land zugesagt", berichtet Laub. "Doch dann kam der Regierungswechsel, und das Geld war weg." Was den "günstigen Nebeneffekt" hatte, dass stattdessen ein bis heute existentes Gesundheitszentrum entstand.

Herzenssache des scheidenden Bürgermeisters: das Schullandheim Biberburg in Berschweiler. An dessen Aufbau war Laub maßgeblich beteiligt. Allerdings hätte ihm dieses Engagement kurz vor Ende seiner Karriere fast den Job gekostet. Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreueverdachts hatte ihn 2015 ereilt. Der damalige Vorwurf: Als Vorsitzender des Schullandheimvereins in Personalunion soll er Kommunalgeld ohne Gemeinderatsentschluss der Einrichtung zukommen gelassen haben. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt.

Etwas früher als auf der Ernennungsurkunde festgehalten, vollzieht sich der Wechsel auf dem Chefsessel. Konkret: zwei Tage vor dem offiziellen Ablauf, wie auf der Ernennungsurkunde vermerkt. Während einer feierlichen Verabschiedung übernimmt Volker Weber, ebenfalls SPD , Laubs bisherigen Job und wird mit 32 Jahren zurzeit jüngster Bürgermeister im Land. Er war am 10. April bereits im ersten Wahlgang gewählt worden. Mit 57 Prozent und der damit erreichten absoluten Mehrheit war keine Stichwahl nötig. Manfred Wegmann (CDU ) kam auf 35,9, die parteilose Bewerberin Sabine Nowaczyk erreichte 7,1 Prozent. Zum Stabwechsel am Freitag werden auch Landespolitiker erwartet. Unter anderem auf der Gästeliste: Vize-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger , sowie die Staatssekretäre Anke Morsch und Roland Krämer (alle SPD ). St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU ), SPD-Kreisvorsitzender Magnus Jung und Bürgermeisterkollegen. > : Lokal-Spezial

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Aufgespießt Rathaus-Beflaggung zu Muttertag ? Ein Rathauschef muss nicht immer alles wissen. Das zeigte sich wenige Tage vor Ende der Amtszeit des scheidenden Marpinger Bürgermeisters Werner Laub . Er stand mit Nachfolger Volker Weber im Chefbüro. Weber blickte ratlos auf den Vorplatz: "Weißt Du, warum die Fahnen auf Halbmast stehen?" Laub ungläubig: "Ist das so?" Er wandte sich zum Fenster, begann unverzüglich mit Recherchen: Ein Anruf in der zuständigen Abteilung sollte für Klarheit sorgen, während Weber per Handy nach dem in Frage kommenden Gedenktag suchte: 20. Juli - Tag des Widerstandes gegen Hitler-Deutschland. "Wir haben eine Liste im Haus, nach der automatisch beflaggt wird", erklärte Laub. Und legte süffisant nach: "Vor Jahren haben wir zu Christi Himmelfahrt beflaggt. Ich habe gesagt, weil Vatertag ist." Das brachte ihm weiblichen Zorn ein. Ende vom Lied: "Ich habe angewiesen, auch an Muttertag die Fahnen zu hissen." Gesagt, getan. Und: Es kamen Marpingerinnen, um die Zusage zu überprüfen. hgn

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