Von São Vendelino nach St.Wendel

St Wendel · Olá! Tudo bem? – Hallo! Alles klar? Ein Hauch Brasilien bringt der Besuch aus São Vendelino mit in die St. Wendeler Redaktion. Ansonsten spricht Marlí Oppermann-Weissheimer auf Hunsrücker Platt über ihre Wünsche für die Zukunft der Partnerschaft ihrer Gemeinde und der Stadt St. Wendel.

 São Vendelinos Bürgermeisterin Marlí Oppermann-Weissheimer mit Ehemann Joao Weissheimer und Oberlinxweilers Ortsvorsteher Jürgen Zimmer auf dem Schlossplatz. Fotos: B&K

São Vendelinos Bürgermeisterin Marlí Oppermann-Weissheimer mit Ehemann Joao Weissheimer und Oberlinxweilers Ortsvorsteher Jürgen Zimmer auf dem Schlossplatz. Fotos: B&K

 Marlí Oppermann-Weissheimer serviert Heimattypisches.

Marlí Oppermann-Weissheimer serviert Heimattypisches.

Mit einem freundlichen "Gunn Dach" auf den Lippen betreten die Gäste aus Brasilien die Redaktion. Von Sprachbarrieren keine Spur. Es kann gleich munter drauf los geplaudert werden. Denn Marlí Oppermann-Weissheimer spricht Hunsrücker Platt. Die Bürgermeisterin von São Vendelino ist erstmals zu Besuch in der Partnerstadt St. Wendel. Sie hat bereits einiges gesehen, war viel "maje". Dafür sorgt Jürgen Zimmer. Bei ihm sind Oppermann-Weissheimer und ihr Mann Joao Weissheimer untergebracht.

Neben Ausflügen steht aber sicher auch Fußball schauen auf dem Programm, denn schon seit Wochen sind die Menschen in São Vendelino im WM-Fieber. "Die Leute lieben Fußball und freuen sich auf die Spiele", sagt Marlí Oppermann-Weissheimer. Die Kinder haben die Schulen in den Landesfarben dekoriert, vor dem Rathaus liege eine riesige bunte Kugel als Symbol für Fußball und auch an der Brücke, die nach São Vendelino führt, hängen brasilianische Flaggen. Proteste gegen die WM gibt es hier keine. 2000 Einwohner zählt São Vendelino im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Im Süden haben die Menschen Arbeit, es geht ihnen gut.

70 Prozent der Bürger sprechen Hunsrücker Platt. Die Kultur der deutschen Auswanderer ist noch immer hör- und spürbar. Auch in Sachen Fußball . Denn es schlagen quasi zwei Herzen in der Brust der Menschen in São Vendelino. "Wir sind ein bisschen mehr für Brasilien", gesteht die Bürgermeisterin. "Aber wenn das Team ausscheiden sollte, dann soll Deutschland gewinnen." Flaggen in Schwarz-Rot-Gold sind auch vertreten. Ein Haus von einem Auswanderer , der erst vor ungefähr 16 Jahren nach Brasilien gekommen ist, ist komplett in den Farben Deutschlands geschmückt. Zu den WM-Spielen treffen sich die Menschen in Bars. Dann werde gemeinsam gejubelt und brasilianischer Spießbraten serviert.

Ihren Besuch nutzt Marlí Oppermann-Weissheimer auch, um Gespräche mit ihrem St. Wendeler Amtskollegen Klaus Bouillon zu führen. "Die Städtepartnerschaft ist etwas eingeschlafen. Jetzt wollen wir sie wieder anschieben", so die brasilianische Verwaltungschefin. Dabei denkt sie vor allem an die Möglichkeit für junge Brasilianer, in St. Wendel ein Praktikum zu absolvieren. "So, wie es vor zehn Jahren war, soll es wieder werden", sagt Jürgen Zimmer, der Motor der Partnerschaft mit São Vendelino. 2002 bis 2005 kamen junge Brasilianer zu Fortbildungspraktika ins Saarland. "Viele von diesen jungen Leuten haben heute tolle Jobs." Da es in Brasilien das Berufsbild des Altenpflegers noch nicht gibt, wäre das nach Ansicht von Zimmer ein wichtiger Bereich, in dem beispielsweise ausgebildete Krankenschwestern aus Südbrasilien von einem Praktikum in Deutschland profitieren könnten. Doch hier gebe es zu viele bürokratische Hürden. In Gesprächen mit der Stiftung Hospital ist nun die Idee entstanden, den Austausch im Bereich Hauswirtschaft zu starten. "Vielleicht können schon im Oktober die ersten Praktikanten kommen", so Zimmer. Ein zweiter Bereich ist die Gastronomie. Auch hier könnte sich der Oberlinxweiler Ortsvorsteher Praktikumsplätze für junge Brasilianer vorstellen. "Von dem Wissen, das die jungen Leute mit nach Hause bringen, können alle profitieren", sagt Marlí Oppermann-Weissheimer. Neben guten Zukunftsperspektiven für die Jugend ist der Bürgermeisterin auch der Erhalt des deutschen Dialektes wichtig. In der Gemeindeschule werde von der ersten bis zur fünften Klasse Hochdeutsch unterrichtet. Was nach und nach verloren ginge, sei die Mundart. "Die Kinder sind von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends im Kindergarten. Und dort sprechen die Erzieher nur Portugiesisch mit ihnen", erzählt Marlí Oppermann-Weissheimer.

Zweitsprache in der Kita

Während ihres Besuchs im Saarland hat sie einen Kindergarten in Saarbrücken besucht, in dem Kinder spielerisch Deutsch und zugleich Französisch lernen. "Die Erzieherin zeigt den Kindern eine Farbe und die müssen sie dann benennen - in beiden Sprachen", macht die Verwaltungschefin ein Beispiel. Das würde sie sich auch im Kindergarten in São Vendelino wünschen. Dort solle neben Portugiesisch auch Hunsrücker Platt gelehrt werden.

Bis Mittwoch ist Marlí Oppermann-Weissheimer noch in St. Wendel zu Gast. Sie findet es schön hier. Zuhause würde sie sagen: "Capricho". Das bedeutet so viel wie besonders schön. Vor ihrer Reise hatte sie Angst vor Verständigungsschwierigkeiten. "Aber die Leute verstehen uns gut. Und wir müssen nur manchmal nachfragen." Mit einem Ciao verabschiedet sich der Besuch aus Brasilien.

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