Schmelz-Campus liegt Wagner am Herzen

St. Ingbert. Oberbürgermeister Hans Wagner hat sich für das neue Jahr viel vorgenommen. Im SZ-Interview erläutert er, wie es mit den großen Projekten weitergeht, wie er durch kluge Energiepolitik die städtischen Kassen entlasten will, und was er von den Kommunalwahlen erwartet. Die Fragen stellte SZ-Redakteur Michael Beer.

 St. Ingberts OB Wagner (rechts), hier mit Gerhard Mörsch (Kreisverwaltung , links) und Alfons Blug (Initiative Alte Schmelz) an der alten Werkslok, will den Campus auf der Schmelz. Foto: SZ/Haßdenteufel

St. Ingberts OB Wagner (rechts), hier mit Gerhard Mörsch (Kreisverwaltung , links) und Alfons Blug (Initiative Alte Schmelz) an der alten Werkslok, will den Campus auf der Schmelz. Foto: SZ/Haßdenteufel

Foto: SZ/Haßdenteufel

Demographie, Energiepolitik, Straßenverkehr, das Projekt Kulturfabrik oder der Mint-Campus Alte Schmelz - was ist für Sie das wichtigste Thema in 2014?

Wagner: Das wichtigste Thema 2014 gibt es nicht unbedingt, es gibt viele wichtige Themen. Demographie ist eines dieser Themen, wobei der Anteil der Senioren über 65 Jahren in St. Ingbert gerade mal knapp über 20 Prozent liegt.

Dafür haben aber rund Zweidrittel der Einwohner schon den 40. Geburtstag hinter sich -

Wagner: Dennoch ist St. Ingbert wegen der sehr guten Lebens- und Wohnbedingungen eine Zuzuggemeinde. Mehr Menschen, auch junge Familien, ziehen nach St. Ingbert, als andere weggehen. Der demographische Wandel trifft uns nicht so hart wie andere Städte, bei denen der Anteil der Senioren bereits bei 30 Prozent und mehr liegt. Mit dem gerade gegründeten Seniorenbeirat haben wir zudem die Möglichkeit, die Stadt seniorengerechter zu gestalten. Ich werde die gewählten Seniorinnen und Senioren in Kürze zur konstituierenden Sitzung einladen. Energiepolitik halte ich ebenfalls für ein bedeutendes Thema. Wir können dauerhaft große finanzielle Einsparungen erreichen und so Geld sinnvoll an anderer Stelle verwenden. Direkt nach meinem Amtsantritt habe ich die flächendeckende Einführung von LED-Lampen angeregt. Im Frühjahr wird mit dem Umbau der Straßenlaternen begonnen. Alleine das spart uns jährlich fast 400 000 Euro an Stromkosten und Wartung ein. Und auch mit Elektromobilität und energetischer Sanierung städtischer Gebäude werden wir nachhaltig sparen. Im Frühjahr wird es die erste Elektromobilitäts-Rallye in St. Ingbert geben. Autohersteller werden in unserer Fußgängerzone die neuesten Entwicklungen präsentieren.

Wie sieht es mit den großen St. Ingberter Projekten aus?

Wagner: Der Mint-Campus Alte Schmelz ist ein zukunftsweisendes Projekt. Es genießt bei mir größte Priorität. Dort werden engagierte Professoren junge Menschen in Zusammenarbeit mit Uni, Fachhochschule und namhaften Firmen an Technik und Forschung heranführen. Im Zusammenhang mit einem Angebot an bezahlbaren Studentenwohnungen sollte es möglich sein, St. Ingbert auch zu einer lebendigen Studentenstadt weiterzuentwickeln. Das ambitionierte Projekt Kulturfabrik ist gewaltig am Stottern. Seit 2007 ist es in der Planung, die Fertigstellungstermine 2010 und 2013 wurden nicht eingehalten. Die Kosten sollen weiter steigen. Die Befürchtungen der Kritiker scheinen sich in allen Punkten zu bewahrheiten. Die beiden Vertragspartner Baufirma und Bauherr bekommen ihre Probleme nicht in den Griff, deshalb stocken die Arbeiten. Ich werde auf beide Partner einwirken, kurzfristig Lösungen herbeizuführen.

Im Mai stehen die Kommunalwahlen an. Hoffen Sie auf eine stabile Ratsmehrheit, die hinter Ihnen steht, oder fürchten Sie einen weiter zersplitterten Rat mit wechselnden Mehrheiten?

Wagner: Die Kommunalwahl am 25. Mai wird wichtige Weichen stellen. Werden die Fraktionen der Vernunft mit einer stabilen Mehrheit gestärkt, oder werden die Verhinderungsfraktionen einen bedauerlichen Stillstand herstellen können? Die zufällige Mehrheit bei der jüngsten Haushaltsabstimmung hatte die Bestrebungen gezeigt, zukunftsfähige Projekte zu verhindern. Zum Glück konnten in einem Nachtragshaushalt Schülerforschungszentrum und offene Musikschule nachfinanziert werden. Ich komme sehr gut mit unserem bunten Stadtrat aus. Ich rede vorbehaltlos mit jedem, um für zukunftsfähige Projekte zu werben und Mehrheiten zu finden. Diese Vielfalt ist belebend und überaus demokratisch. Jedoch kann auch der Beste gegen prinzipielle Verweigerer mit keinem noch so guten Argument ankommen. Das macht mir Sorgen. Ich baue und hoffe auf die St. Ingberter Bürger, dass diese unterscheiden können, welche Parteien und Gruppierungen im Bündnis der Vernunft unsere städtische Zukunft verantwortungsvoll mitgestalten und welche Gruppierungen für Stillstand stehen.

Im Rathaus gab es verschiedene Umbesetzungen seit Ihrem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren. Ist die Vergangenheitsbewältigung jetzt abgeschlossen?

Wagner: Die Umbesetzungen im Rathaus haben nichts mit Vergangenheitsbewältigung zu tun. Diese dienen in Absprache mit Führungsebenen und Personalrat dem Ziel, schlanke Verwaltung und optimale Arbeitsablauf zu gewährleisten. Dies ist nie abgeschlossen, ständige Veränderungen bedingen zwangsläufig ständiges Optimieren der Abläufe.

Der Ortsrat Rohrbach hat Sie in einer Resolution an Ihr Wahlversprechen Transparenz erinnert. Ärgern Sie sich über solche Attacken ausgerechnet aus Ihrem Heimatort, in dem Ihre politische Basis, die Familien-Partei, das Sagen hat?

Wagner: Transparenz und Offenheit werden von mir gelebt. Es ist nicht die Arbeitsweise der Familien-Partei, medienwirksam am laufenden Band konstruierte Konflikte öffentlich auszutragen und selbst über unbedeutende Kleinigkeiten ständig die Botschaft zu verbreiten: Die Verwaltung und der OB sind an allem schuld. Dies ist die bedauerliche Arbeitsweise der alten OB-Jung-Seilschaften. Durch Weglassen und Verdrehen von Fakten sowie daraus folgernde Halbwahrheiten verbreiten sie seit den beiden letzten verlorenen Wahlen - der Kommunalwahl 2009 und OB-Wahl 2011 - ein abschreckendes Klima der Unversöhnlichkeit. Wie sollte auch ein anderer Stil möglich sein, wenn immer noch die gleichen Personen wirken? Ich hoffe, die Rohrbacher erkennen, wer mit sachlicher Arbeit Positives bewirken will.

Aber die Familien-Partei hat die Resolution mitgetragen.

Wagner: Sie war aber nicht der Urheber und hätte einen konstruktiven und versöhnlicheren Weg eingeschlagen.

Mit dem Bündnis "Stadt für alle" hat sich eine Bewegung organisiert, die mit der Verwaltung eine zukunftsorientierte Verkehrsgestaltung organisieren wollte. Um das Projekt ist es still geworden. Ist der Verkehr auf den St. Ingberter Straßen schon optimal organisiert?

Wagner: Das Bündnis "Stadt für alle" existiert und wird weiter existieren. Jedoch können die verkehrlichen Verbesserungen nur in Abstimmung mit anderen Arbeiten erfolgen, so dass eine kurzfristige Umsetzung nicht möglich ist. Es würde Bürgerproteste hageln, wenn unkoordiniert gleichzeitig mehrere Straßen gesperrt und Staus sowie Umleitungskonflikte die Folge wären, wie jüngst in der Kaiserstraße geschehen.

Was haben Sie sich für die nächsten zwölf Monate vorgenommen?

Wagner: Viel - Beginn Baumaßnahme Familien-Zentrum, Schüler-Forschungszentrum Alte Schmelz, offenes Musikschulgebäude "Sing-Sing", Neue Baumwollspinnerei, Kreisel Mühlwald, neues Gewerbegebiet Sehn, Neubau Passivgebäude Stadtwerke, Unterstützung beim Bau von Studentenwohnungen, zweite Stufe Ausbau "BüRo" in Rohrbach, Kooperation Schulstandort Rohrbach, Energiecheck Rischbachschule, weitere Verbesserungen in der Verwaltung, Carsharing-Stationen und städtische Elektroautos. Die Messestadt St. Ingbert soll wachsen durch den Start der ersten Erfindermesse im Bereich kleiner, alternativer Energieerzeugungsanlagen, eine erste Elektromobilitäts-Rallye und vieles weitere mehr schwebt mir vor.

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