Gedenken an dunkles Kapitel deutscher Geschichte in St. Ingbert

St. Ingbert · Neue „Stolperstein“ in der Mittelstadt St. Ingbert: In Anwesenheit des Kölner Künstlers Gunter Demnig wurden nun weitere Gedenksteine verlegt. Insgesamt 16 an sechs Stellen in St. Ingbert, und auch erstmals in Hassel.

 Der Kölner Künstler Gunter Demnig (mit Hut), Kulturamtsleiterin Andrea Kihm, Oberbürgermeister Hans Wagner, Stadtarchivar Dieter Wirth und Marcella Hien (von links) bei der Verlegung der beiden Stolpersteine vor der Kaiserstraße 45. Foto: Jörg Martin

Der Kölner Künstler Gunter Demnig (mit Hut), Kulturamtsleiterin Andrea Kihm, Oberbürgermeister Hans Wagner, Stadtarchivar Dieter Wirth und Marcella Hien (von links) bei der Verlegung der beiden Stolpersteine vor der Kaiserstraße 45. Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

Seit fast 25 Jahren ist der Künstler Gunter Demnig mit seinem Projekt "Stolpersteine" in ganz Deutschland unterwegs. Er verlegt die Steine an Stellen, die für Opfer des Nationalsozialismus eine Bedeutung hatten. Bereits 55 000 dieser Steine hat der Kölner an rund 1600 Orten platziert. Das größte dezentrale Mahnmal der Welt war dem Stadtrat 2014 so wichtig, dass er beschloss, auch in der Mittelstadt Stolpersteine verlegen zu lassen. Nachdem vor zwei Jahren die ersten messingfarbenen Würfel ihren Platz fanden, setzte man am vergangenen Samstag die Aktion mit insgesamt 16 Steinen an sechs verschiedenen Verlegeorten fort. Neu ist, dass mit dem Gedenkstein für Adolf Lambert in Hassel erstmals ein Opfer in einem Stadtteil St. Ingberts geehrt wird. Er überlebte 1938 das Konzentrationslager Dachau.

Die symbolträchtige Aktion startete in der Kaiserstraße 45 vor einem Obst- und Gemüsegeschäft. Dort sind zwei blinkende Steine eingelassen. Sie erinnern an Moritz (geb. 1872) und Therese Schmidt (vormals Meyer, geb. 1873). Die Namen werden vielen nichts mehr sagen. Doch deren Geschäft "Billisch Quell" schon eher. Im November 1934 hatte das Ehepaar das Spielwarengeschäft verkauft, weil sie im Vorfeld der bevorstehenden Saarabstimmung in die Schweiz flüchteten. "Man konnte ahnen, was passiert", blickte Stadtarchivar Dieter Wirth auf dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte zurück. Nachkommen der Schmidts leben noch, waren für den Termin am Samstag aber verhindert. Sie haben St. Ingbert bereits vor rund 40 Jahren besucht und waren auch in dem Haus. Das Gebäude ist auch Marcella Hien gut bekannt. Die St. Ingberterin hat hier gewohnt. Käufer des Hauses war nach der Flucht der Schmidts die Familie Schleppi. Familie Brill erwarb das Geschäft im Erdgeschoss. Frau Brill war die Schwester von Hiens Mutter und auch Marcella Hiens Patentante. "Das ist ein schöne Kindheitserinnerung", sagte die St. Ingberterin nachdenklich im Gespräch mit unserer Zeitung. Es war an diesem Morgen - wegen des parallelen Oldtimertreffens - nicht so leicht, sich mit der passenden Ruhe dem sensiblen Thema zu widmen. "Das war eine schlimme Zeit", erinnerte Oberbürgermeister Hans Wagner . Die Stolpersteine seien ein Mahnmal für die Jüngeren, sagte er in Anwesenheit des Künstlers. 120 Euro kostet die Verlegung eines Stolpersteins. Die Kosten werden über Spenden aus der Bevölkerung und der Geschäftswelt finanziert. Für weitere Stolpersteine und für eine Dokumentation werden noch Finanziers gesucht. Sie können sich beim Stadtarchivar, Tel. (0 68 94) 13 204, oder E-Mail stadtarchiv@st.-ingbert.de melden.

Weitere Verlegeorte: In St. Ingbert-Mitte: Poststraße 5 (Dr. Erich Meyer und Käthe Meyer), Kaiserstraße 75 (Adolf und Emma Rieser), Kaiserstraße 104 (Josefine Haber und Michael Lyon), und Dammstraße 7 (Erich, Hilde, Ilse, Karl, Klara, Kornelia und Ruth Vicktor). In Hassel: Sebastianstraße 12 (Adolf Lambert).

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