Berufstätige Mütter müssen kreativ seinEin Arbeitstag wie ein FlickenteppichErzieherin: Die Betreuung hängt auch von den Kindern ab

St. Ingbert. Sabrina, 32 Jahre, hat zwei Mädchen, fünf und zwei Jahre alt. Das ältere im Kindergarten, das jüngere zu Hause, auf einen Kita-Platz wartend. Frühestens im nächsten Sommer ist es soweit. Dann hofft die junge Mutter, wieder stärker in die Arbeitswelt einsteigen zu können. Vor der Geburt der Kinder betrieb Sabrina ein kleines, gut gehendes Nagel- und Massagestudio in der St

 Berufstätige Mütter haben es besonders schwer, ihren Alltag zu organisieren. Foto: DAK/Wigger/dpa/gms

Berufstätige Mütter haben es besonders schwer, ihren Alltag zu organisieren. Foto: DAK/Wigger/dpa/gms

St. Ingbert. Sabrina, 32 Jahre, hat zwei Mädchen, fünf und zwei Jahre alt. Das ältere im Kindergarten, das jüngere zu Hause, auf einen Kita-Platz wartend. Frühestens im nächsten Sommer ist es soweit. Dann hofft die junge Mutter, wieder stärker in die Arbeitswelt einsteigen zu können. Vor der Geburt der Kinder betrieb Sabrina ein kleines, gut gehendes Nagel- und Massagestudio in der St. Ingberter Innenstadt. Nach der Geburt des ersten Mädchens wurde schnell klar, dass feste Termine ihrer Kundinnen mit dem unberechenbaren Leben kleiner Kinder nicht vereinbar waren. Großeltern standen nicht regelmäßig zur Verfügung. Eine Tante freut sich, die Kinder hin und wieder zu betreuen. Der Vater, der im Schichtdienst arbeitet, hilft ebenfalls mit, wenn es mit seiner Arbeitszeit vereinbar ist. "Auf dieser Grundlage konnte ich meine Selbstständigkeit in der herkömmlichen Weise nicht fortführen, geschweige denn ausbauen. Im Gegenteil: Die Kinderbetreuung lässt nur weniger Stunden Arbeitszeit zu. Durch den verminderten Umsatz könnten Kosten für Miete und Material nicht mehr getragen werden", erklärt Sabrina. Die Konsequenz: Die junge Frau gestaltete ihr Berufsleben um: "Jetzt leite ich ein mobiles Unternehmen für Nageldesign. Ich fahre zu den Kundinnen, ein hoher Kostenanteil, die Miete, entfällt". Die Termine müssen trotzdem noch längerfristig im Voraus gemacht werden. Etwa alle drei bis fünf Wochen besucht die Nageldesignerin ihre Kundinnen. Die Terminplanungen sind schwierig: "Ein bisschen bin ich auch auf die Flexibilität und den guten Willen der Frauen angewiesen." Denn, wer weiß schon heute, was in einem Monat mit den Kindern los ist. Zumindest der Schichtplan des Ehemannes ist verlässlich, so dass sich die Mutter auf seine Mithilfe verlassen kann. Kundentermine werden also nach den Arbeitszeiten des Gatten vereinbart: "Schwierig wird es, wenn Kundinnen kurzfristig um Verschiebung ihrer Termine bitten". Dann startet das Abwägen, Telefonieren und Neuorganisieren. Wo können die beiden Mädchen während der Arbeit hin? "Als die Kinder ganz klein waren, konnte ich sie ab und zu mitnehmen, wenn auch unter Stress, denn es stellte sich immer die Frage wie lange hält die Kleine ruhig?" Sabrina wartet auf einen Krippenplatz für ihre Jüngste. Ihr Berufsleben wird dann wieder wesentlich einfacher zu organisieren sein.St. Ingbert. Anke Richter hat Betriebswirtschaftslehre studiert, zwei Jahre in einem Verlag gearbeitet und dann drei Kinder, heute 22, 20 und 14 Jahre alt geboren. Die Großeltern leben im Süden und im Norden Deutschlands, so dass sie als Hilfen in der Kinderbetreuung nicht zur Verfügung standen. Mehrere Umzüge aufgrund des Berufs des Ehepartners verhinderten zusätzlich die Möglichkeit, nach der Elternzeit wieder in den Beruf einzusteigen. "Ich wählte die Möglichkeit der Selbstständigkeit im eigenen Haus, um Berufsleben und Familienalltag vereinen zu können", erzählt Anke Richter. Wie sieht ihr Alltag aus? "Wenn alle morgens aus dem Haus sind und der Hund seinen Spaziergang hatte, setze ich mich an den Schreibtisch und versuche in maximal drei Stunden Ruhe Arbeiten zu erledigen, die hoher Konzentration bedürfen und Zeit brauchen". Dahinter verbergen sich Texte für unterschiedliche Medien, das Lesen und Analysieren von Studien, telefonische Interviews oder auch Besprechungen außer Haus. Wenn andere in die Mittagspause gehen, kauft die dreifache Mutter ein, kocht und hofft, dass keines der Kinder früher aus der Schule oder der Universität nach Hause kommt. Meist kommen alle drei Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Hause, und jeder wünscht sich ein Mittagessen mit Mama. Dazwischen werden mit dem tragbaren PC Mails beantwortet, Telefongespräche geführt und Termine vereinbart. "Mal dauert es länger, mal kürzer, bis eines der Kinder am Nachmittag zur Hausaufgabenkontrolle kommt oder außerschulische Termine anstehen." Bis dahin werden die Küche gemacht, Wäsche aufgehängt und weitere, nur kurz dauernde Arbeiten im Büro erledigt. Wo liegen die Vor- und Nachteile einer solchen Arbeitsweise? "Ich muss sehr flexibel sein und mehrfach täglich neu planen. Das ist sehr anstrengend. Jede Minute des Tages ist verplant." Freie Wochenenden oder Ferien ohne Arbeit kennt die Familie nicht. Laptop oder Tablet sind immer dabei, Mails werden über das Smartphone beantwortet. Am Sonntagnachmittag werden oft Arbeiten erledigt, die während der Woche liegen geblieben sind. Freunde kommen dabei häufig zu kurz. Trotzdem: "Es war der richtige Weg", ist die heute 49-jährige sicher."Ich kann für die Kinder da sein, wann immer sie mich brauchen". Möglich ist diese Art der Arbeit nur durch die permanente Unterstützung des Ehemanns und Vaters: "Er übernimmt oft das Abendessen und hilft aktiv mit im Haushalt". Richtig schwierig wird es, wenn eines der Kinder kurzfristig krank wird und Außentermine anstehen: "Dann gehe ich mit sehr schlechtem Gewissen und der Erkenntnis, es mal wieder weder Kind noch Auftraggeber wirklich recht zu machen". bh

St. Ingbert. Caroline Hüther arbeitet seit vielen Jahren in einer Kindertagesstätte. Sie erlebte die Kindergärten der 90er Jahre, in denen Kinder ab drei Jahren in der Regel einen Kindergartenplatz bekamen und vormittags für drei bis fünf Stunden spielten und lernten. Und sie erlebt das Kindergartenleben ab der Jahrtausendwende, die Kleinkinder, die immer jünger und immer länger in der Tagesstätte verweilen. Die erfahrene Erzieherin hält es für sehr wichtig, nicht zu pauschalisieren, sondern zu differenzieren: "Es gibt Kinder, die können länger außerhalb der Familie betreut werden, bei anderen ist das schwieriger. Ideal ist es, wenn der Zeitplan der Eltern an die Bedürfnisse der Kinder angepasst werden kann". Viele Kinder seien bis zu acht Stunden in der Kita, "Das ist sehr lang. Wenn die Tageseinrichtung die Rolle der Eltern übernimmt, wird es problematisch. Und das merkt man dem Verhalten der Kinder auch an". Aber manchmal gehe es nicht anders. Eltern müssten Vollzeit arbeiten, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. bh

"Ein bisschen bin ich auf die Flexibilität der Kundinnen angewiesen".

Sabrina, berufstätige Mutter

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