Eine Kämpfernatur am Cheftisch

St Ingbert · Nicht jeder, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt, muss seinen beruflichen Traum aufgeben. Trotz Behinderung übernahm der Geschäftsführer der Firma J. Kempf Holzbau aus St. Ingbert den Familienbetrieb.

 Michael Kempf ließ sich von seiner Behinderung nicht bremsen. Seine Auszeichnung soll auch anderen Mut machen. Foto: Jacobi

Michael Kempf ließ sich von seiner Behinderung nicht bremsen. Seine Auszeichnung soll auch anderen Mut machen. Foto: Jacobi

Foto: Jacobi

Michael Kempf liebt seinen Beruf. Immer noch. Und das, obwohl der Zimmermann mit 20 Jahren von einem Dach fiel und infolge dieses schweren Arbeitsunfalls heute im Rollstuhl sitzt. "Es ist aber auch meine Arbeit, die mich so stark gemacht hat. Ich brenne für meinen Job, für mich kam nichts anderes in Frage - und das sogar bereits drei, vier Tage nach dem Unfall", erzählt der 51-Jährige.

Direkt nach der Reha hatte Kempf sein Ziel fest im Blick. Statt einer Umschulung zum Kaufmann kehrte er ins Unternehmen zurück, machte noch seinen Meister und übernahm die planerischen und betriebswirtschaftlichen Aufgaben in der Firma. Mit seinem Partner Martin Höllein führt Michael Kempf heute den Familienbetrieb in der dritten Generation.

Für seinen beachtenswerten Lebensweg als Unternehmer mit Behinderung wurde er vor kurzem in Köln von der Stiftung Lebensspur (siehe Infokasten) ausgezeichnet.

Dabei machte Kempf auch schwere Zeiten durch. "Wer so einen Schicksalsschlag erlebt, kennt immer wieder Tiefs", sagt Kempf. "Doch die habe ich weggesteckt. Wenn man seine Arbeit liebt und alle hinter einem stehen, macht dies das Ganze einfacher." Damit meint er nicht nur seine Familie und Freunde, sondern auch die Belegschaft der Firma und die Kunden . "Auch wenn ich plötzlich im Rollstuhl saß, gab es keine Berührungsängste", berichtet Kempf. Das habe ihn in der Ansicht gestärkt, dass Behinderung und erfolgreiche Geschäftsführung sich nicht ausschließen.

Deshalb freut sich der St. Ingberter über die Auszeichnung. "Ich finde es wichtig, dass andere Menschen dadurch Ansporn bekommen", so Kempf.

Natürlich kann er heute nicht mehr auf den Dachstuhl steigen oder den Azubis zeigen, wie genau sie oben an einem Balkon oder an der Fassade eines denkmalgeschütztes Gebäude arbeiten sollen. Diese Aufgaben übernimmt Kempfs Partner Martin Höllein, der auch Zimmermeister ist. Kempf plant die Baustellen, verteilt die Arbeit des siebenköpfigen Teams, schreibt Rechnungen und Angebote. Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre kommen ihm sehr entgegen: "Seit ungefähr zehn Jahren, kann ich auch die Zeichnungen am Computer machen. Das ist schon sehr praktisch."

Zu seinen Aufgaben gehört auch, den Kontakt zu den Kunden im ganzen Saarland zu halten. Autofahren ist für Kempf kein Problem, doch nicht jedes Büro ist barrierefrei. "Falls ich die Kunden deshalb nicht besuchen kann, dann kommen sie einfach zu mir."

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Im HintergrundDie Stiftung Lebensspur hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit Behinderung zu unterstützen, damit sie ihre individuellen Talente erkennen und nutzen. Sie finanziert ausgewählte Vorhaben, welche die Lebensbedingungen von behinderten Menschen erleichtern, vergibt Stipendien und fördert auch Vereine, die sich für Inklusion stark machen. Dieses Jahr hat die Stiftung zum ersten Mal zwei Preise vergeben, die speziell Unternehmer (Gründer oder Nachfolger) mit Behinderung auszeichnen. Preisträger sind der Zimmermeister Michael Kempf aus St. Ingbert und der Business-Coach Saliya Kahawatte aus Hamburg. Die Preise sind jeweils mit 5000 Euro dotiert. hem

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