Cannabispflanzer entführten Komplizen

Saarbrücken/St Ingbert · Weil er im Rahmen einer Selbstanzeige die illegale Cannabispflanzung seiner Bekannten verraten hatte, wurde ein Mann aus seiner Wohnung verschleppt und misshandelt. Die Täter verlangten 1000 Euro pro Pflanze.

Vor dem Landgericht Saarbrücken geht es dieser Tage um gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraub, Nötigung, gefährliche Körperverletzung und Erpressung. Zwei Männer sollen im Januar 2013 einen Bekannten aus seiner Wohnung verschleppt und misshandelt haben. Ein dritter Angeklagter - zur Tatzeit noch Heranwachsender - soll den Entführern seine Wohnung überlassen und das Opfer bewacht haben.

Laut Anklage drangen die beiden Männer (33 und 24 Jahre alt) gegen 9 Uhr morgens in die Wohnung des schlafenden Opfers ein. Sie kamen problemlos hinein, weil das Türschloss kaputt war. "Du kommst jetzt mit, und keinen Mucks!" - damit zerrten sie ihn aus dem Bett und verfrachteten ihn in ein Auto. Die Fahrt ging zur Wohnung des dritten Angeklagten in St. Ingbert . Dort schlugen sie den Entführten ins Gesicht, möglicherweise fesselten sie ihn auch zeitweise an ein Bett.

Zunächst wollten sie wissen, was er der Polizei verraten habe. Bei dem Opfer hatten die Angeklagten nämlich eine Cannabispflanzung angelegt. Vielleicht aus Angst, vielleicht weil er Schulden bei den Angeklagten hatte, verließ der Mann fluchtartig das Saarland, irrte durch Deutschland und stellte sich schließlich in Berlin der Polizei . Die dortigen Beamten riefen ihre Kollegen im Saarland an, und die Pflanzen, deren Anbau illegal ist, wurden beschlagnahmt.

Die Entführer verlangten laut Anklage nun Schadenersatz von ihrem Opfer. 17 000 Euro wollten sie für die 17 von der Polizei einkassierten Pflanzen haben. Doch beim Opfer war nichts zu holen. Auch nicht bei der Bank, denn der Entführte musste auch seinen Geldbeutel mit der EC-Karte heraus- und die Geheimzahl preisgeben.

Um der misslichen Situation zu entfliehen, gab der Entführte an, sich bei einer Nachbarin Geld leihen zu können. Er durfte sein "Gefängnis" verlassen, suchte die Nachbarin auf und erzählte dieser die Geschichte seiner Entführung. Doch die Frau glaubte dem jungen Mann nicht und informierte auch nicht die Polizei , obwohl sie darum gebeten wurde. Dennoch konnte der junge Mann die Gelegenheit zur Flucht nutzen. Er versteckte sich in einer Mülltonne und unter einem parkenden Auto. Als die Entführer weg waren, ging er zur Polizei und erstattete Strafanzeige.

Die Angeklagten streben einen Deal mit dem Gericht an. Der Prozess wird fortgesetzt.

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