„Haus Sonne“ in Finanznot

Gersheim · Betriebsrenten für Mitarbeiter bringen das „Haus Sonne“, eine Einrichtung für Behinderte, in Bedrängnis. Auch findet die Leitung zu wenige Fachkräfte, die sie durch Mini-Jobber ersetzt. Bis Herbst soll eine Lösung her.

 Auch der Neukahlenberger Hof in Böckweiler gehört zum „Haus Sonne“. Foto: Degott

Auch der Neukahlenberger Hof in Böckweiler gehört zum „Haus Sonne“. Foto: Degott

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Im "Haus Sonne", einer Behinderten-Betreuungseinrichtung im Bliesgau, kommt der Sonnenschein aktuell recht getrübt daher. Das anthroposophisch ausgerichtete Unternehmen hat massive wirtschaftliche Probleme. Vordringlich sind es die Betriebsrenten , die das Unternehmen seinen Mitarbeitern zwischen 1992 und 2003 zugesagt hat, die die Einrichtung unter Druck bringen.

Doch auch von anderer Seite droht Ärger. Das Sozialministerium mahnt die vorgeschriebenen Fachkräftequoten an - seit einiger Zeit setzt das "Haus Sonne" statt ausgebildeter Krankenschwestern, Pflege- und Sozialkräfte vorwiegend Mini-Jobber ein. Die Einrichtung beschäftigt 220 Mitarbeiter, die 160 Behinderte betreuen. Es gibt zahlreiche Werkstätten, unter anderem eine Käserei, eine Bäckerei und einen Hofbetrieb, die Arbeitsplätze für die Betreuten vorhalten.

Mit den finanziellen Schwierigkeiten durch Betriebsrenten ist das "Haus Sonne" nicht alleine. Zahlreiche Unternehmen müssen aktuell ihre Rückstellungen für Pensionen wegen der Niedrigzinsphase erheblich aufstocken. "Das bringt uns finanziell stark unter Druck", sagt Geschäftsführer Christian Thamm. Doch nicht nur diese Rückstellungen sind ein Problem, auch für die Rentenzahlungen wird das Geld knapp. Knapp über 100 ehemalige Mitarbeiter beziehen bereits Rente - und es werden mehr. "Zur wirtschaftlichen Schieflage trägt im Wesentlichen die nicht Rücklagen gedeckte betriebliche Altersvorsorge von Haus Sonne bei", schreiben Thamm und Nils Nünke, Vorstandschef des Trägervereins, an die Vereinsmitglieder. Sprich: Das Geld, das für die Betriebsrenten vorgesehen war, diente dazu, finanzielle Löcher zu stopfen. Und die werden noch größer, denn es stehen weitere Investitionen an, die - wie der Stallumbau - wegen EU-Vorschriften unausweichlich sind. Zwar sagte Nünke der SZ, das "Haus Sonne" verfüge noch über eine Million Euro liquider Mittel und zwei Millionen Euro Eigenkapital. Doch auch die reichten nur noch fünf bis sieben Jahre, wenn man nicht jetzt massiv gegensteuere. "Wir sind zwar nicht akut gefährdet, müssen aber jetzt schon an Lösungen arbeiten", sagt Nünke.

Solche Lösungen wollen Geschäftsführung und Trägerverein gemeinsam mit den Dachorganisationen, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und dem anthroposophischen Verband Antropoi, erarbeiten. Für Wolfgang Krause, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, steht fest, dass das "Haus Sonne" nicht einfach durch die Lebenshilfe oder die Caritas übernommen werden könne - dafür lägen die Philosophien der Betreiber zu weit auseinander.

Welchen Weg man "zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" einschlagen könne, darauf gebe es allerdings noch keine abschließenden Antworten, teilen Nünke und Thamm mit. Eine Möglichkeit sehen sie in effizienteren Abläufen. Doch beim Personal ist der Spielraum nicht besonders hoch. Das Haus setzt bereits jetzt in der Betreuung stark auf Mini-Jobber. Das liege allerdings nicht an den Finanzen, betont Nünke, sondern am Fachkräftemangel. "Wir würden gerne mehr Fachkräfte einstellen, aber wir bekommen sie nicht", sagt er. Um die vom Ministerium geforderten Fachkräftequoten zu erreichen, habe man nun die Zahl der Mini-Jobber reduziert. Um die Finanzsituation etwas zu entlasten, habe das "Haus Sonne" außerdem teure Bereiche wie die Auslieferung der Backwaren oder frühe Arbeitszeiten in der hauseigenen Bäckerei gestrichen. Weil für das Nachtbacken und die Auslieferung reguläre Arbeitskräfte eingesetzt werden müssen, laufen hier hohe Kosten auf, die man künftig eliminieren will.

Zusätzlich müsse man aber auch mit den Kostenträgern reden, um höhere Beiträge für die Betreuung zu bekommen - im Saarland ist dies das Sozialministerium. Gerade angesichts des steigenden Alters der Betreuten werde die Arbeit immer teurer. Thamm und Nünke sagen, dass sie für den Ausgang der laufenden Verhandlungen optimistisch sind. Das Ministerium will sich zum derzeitigen Stand nicht äußern. Bis Herbst allerdings soll es Lösungen für die Konsolidierung geben. Sie sollen dann den Mitgliedern vorgestellt werden.

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