Kein Chance für Chefin Raclette-Appenzeller

Blieskastel · Als närrischer Kriegsberichterstatter, der die Kämpfe um das Rathaus am Fetten Donnerstag seit Jahren beobachtet, wusste man es gestern sofort: Auch diesmal hatten die Sesselforzer in Blieskastel keine Chance.

 Unglücklich schien die „Almdudlerin“ bei der Verhaftung durch die Gardemädchen, die Prinzessin und Ober-Seppl Elmar beim Verlassen der Schuldenberg-Almhütte nicht zu sein. Foto: Erich Schwarz

Unglücklich schien die „Almdudlerin“ bei der Verhaftung durch die Gardemädchen, die Prinzessin und Ober-Seppl Elmar beim Verlassen der Schuldenberg-Almhütte nicht zu sein. Foto: Erich Schwarz

Foto: Erich Schwarz

"Auf der Alm, da gibt's ka Sünd'" hieß in diesem Jahr das Motto der Erstürmung des Blieskasteler Rathauses. Die Männer um Elmar Wastlhuber hatten sich Verstärkung mitgebracht: Zum einen eine wilde Horde "zahnloser Weiber, die mit ihren durchs Melken geübten Fingern schon so manchen Sepp zum Jodeln " gebracht haben sollen, wie der Wirt der Almhütte auf dem Klosterberg, Elmar mit dem Seppelhut, vollmundig verkündete.

Verstärkt hatte man sich zudem mit zwei Gebirgsjägern mit gusseiserner Kanone sowie der "schlecht klingendsten Bergkapelle des gesamten Walsertales, deren Misstöne das Echo der Berge vertreiben" sollte. Und ebenso unterstützt wurden die Truppen von den beiden Geißen Bärli und Schwänli. Und die Bergkapelle legte sich mit ihren Alphörnern sofort mächtig ins Zeug. Der Verlauf des Kampfes um die Rathaus-Alm ist schnell beschrieben. Kampflos hatten sich die Buam und Madln um Frau Raclette-Appenzeller schon in den Rathaussaal zurückgezogen, sich dort bei Brezeln und Weißbier verschanzt. Die Horden um Ober-Seppl Elmar hatten freie Bahn und konnten sofort in die alte Markthalle vordringen. Damit hatte man sich bei dem schlechten Wetter eine gute Ausgangsbasis geschaffen. Und von dort wurden die unfähigen Senner und Sennerinnen um die Raclette-Chefin aufgefordert, unverzüglich mit dem Almabtrieb zu beginnen. Die Gebirgsjäger stopften die Kanone mit "Ricola und stinkischem Bergkäs", so dass die Verteidiger wohl glaubten, der Großglockner wäre ein Maulwurfshügel. "Voll in die Gletscherspalte", jubelte Wastlhuber-Elmar. Schon bald gab es dort droben auf dem Schuldenberg keine Gegenwehr mehr, die Chefin Almdudel Raclette-Appenzeller musste zusammen mit ihrem Obersenner Jens die Kapitulation eingestehen. Die gestellten Bedingungen wurden mit einem "I g'frei mi drauf, hollarädullijö" von der Ober-Sennerin sehr musikalisch akzeptiert. Nun wurde der Schlüssel der städtischen Almhütte den Narren übergeben, welche die Stadt bis Aschermittwoch schuldenfrei machen werden. Prinzessin Anne-Catherine (Wagner) I. versprach dem närrischen Volk eine sorgenfreie Regentschaft. Der geschlagenen Bürgermeisterin blieb nur noch die Schmach eines Gefangenen-Umzuges zur närrischen Zentrale Alt Schmidd, sie ließ "die Narren machen" und packte ihre Sachen. Na dann bis Aschermittwoch: Nix wie druff!

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