Siebenpfeiffer und die Emanzipation

Saarpfalz-Kreis · Historische Rätsel und Hintergründiges zu geschichtlichen Personen aus der Region sind die Inhalte der acht Beiträge in der neuen und inzwischen 119. Ausgabe der „Saarpfalz“. Philipp Jakob Siebenpfeiffer bietet neuen Stoff genauso wie die Zeit des Nationalsozialismus.

 Wie wurde das Renaissanceschloss auf dem Felssporn über Homburg mit Trinkwasser versorgt? Eine besondere „Wasserkunst“ überwand den Höhenunterschied vom Erbach auf den Schlossberg. Fotos: Martin Baus

Wie wurde das Renaissanceschloss auf dem Felssporn über Homburg mit Trinkwasser versorgt? Eine besondere „Wasserkunst“ überwand den Höhenunterschied vom Erbach auf den Schlossberg. Fotos: Martin Baus

 Die Rolle der Frauen und Siebenpfeiffers Thesen zur Emanzipation: Am Homburger Freiheitsbrunnen sind Frauen in unterschiedlichen Szenen dargestellt, auch bei der Abfahrt im Leiterwagen zum Hambacher Fest.

Die Rolle der Frauen und Siebenpfeiffers Thesen zur Emanzipation: Am Homburger Freiheitsbrunnen sind Frauen in unterschiedlichen Szenen dargestellt, auch bei der Abfahrt im Leiterwagen zum Hambacher Fest.

"Es wird kommen der Tag, wo das deutsche Weib nicht mehr die dienstpflichtige Magd des herrschenden Mannes, sondern die freie Genossin des freien Bürgers ist": Diese Passage aus jener Rede, die Siebenpfeiffer auf dem Hambacher Fest hielt, wird regelmäßig als Beleg dafür herangezogen, dass der vormalige Homburger Landrat (1818-1830) nicht nur Vorkämpfer für Demokratie und einen Nationalstaat, sondern auch für die Emanzipation der Frau war.

Wie weit seine Thesen zur Gleichberechtigung im Detail tatsächlich gingen, das beleuchtet Susanne Nimmesgern in der neuen Ausgabe der "Saarpfalz": Die "Blätter für Geschichte und Volkskunde" liegen nunmehr in ihrer 119. Folge seit der Erstlingsnummer 1983 vor. Die Historikerin schildert dabei nicht nur die tatsächliche Rolle, die Frauen wie Emilie Siebenpfeiffer oder Regina Wirth für das politische Engagement ihrer Ehemänner einnahmen. Sie untersucht auch die Theorien, die zum Geschlechterverhältnis veröffentlicht wurden. Demnach forderte Siebenpfeiffer zwar die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann - "als freie Bürgerin sei sie selbstständig wie der Gatte vor Richter und Obrigkeit" -, aber in politischen Führungsämtern wollte Siebenpfeiffer "die freie Genossin" dann doch nicht sehen: "Herrschen soll sie nicht!", das widerspreche "dem Interesse der Völker und der Würde der Männer".

Gleich zwei Aufsätze beschäftigen sich in der neuen heimatkundlichen Zeitschrift mit der Zeit des Nationalsozialismus . Gregor Scherf vom Landesdenkmalamt in Reden schildert die Entstehung des Kriegerdenkmals von Webenheim, das 1935 auf dem früheren Friedhof des heutigen Blieskasteler Stadtteils errichtet wurde. Dessen besonders martialische Gestaltung sowie der zeitgeschichtliche Hintergrund waren mithin auch ausschlaggebend dafür, das Monument im Rahmen des "Tag des offenen Denkmals" im vergangenen Jahr als Musterbeispiel für ein "unbequemes Denkmal" vorzustellen. Hans-Joseph Britz (Bexbach) rekapituliert den zweiten saarpfälzischen Gesellentag, der 1934 in Homburg stattfand, als Beispiel für den katholischen Widerstand in der Region.

Dabei lässt er auch Johannes Hoffmann zu Wort kommen, der im Homburger Saalbau keinen Hehl daraus machte, welche ablehnende Haltung er gegenüber den Nazis einnahm: "Wir sind im Saargebiet Gott sei Dank noch frei. Wir Katholiken lassen uns viel gefallen, weil wir gehorsam sind, aber wir lassen uns nicht mehr alles gefallen!".

Ein weiteres Homburger Sujet, das freilich viel weiter in die Vergangenheit zurückreicht, steuert Christian Hausknecht (Netphen /Siegerland) bei. Er geht der Frage nach, auf welche Weise das Renaissanceschloss auf dem Schlossberg über der Stadt mit Wasser versorgt wurde. Wie dieses anno 1575 mittels besonderer "Wasserkunst" aus einem Brunnen im Tal der Erbachs über einen Höhenunterschied von 90 Metern hinauf gelangte, skizziert der Autor auch anhand des Vertrages, in dem der beauftragte Handwerker seine technische Meisterleistung minutiös beschreibt.

Dass das Umfeld der Ottilienquelle auf dem Kirchheimer Hof in Breitfurt schon seit Jahrtausenden Siedlungsraum ist, arbeitet Karl-Heinz Dörge (Böckweiler) anhand seiner Lesefunde heraus: Keltische Bronzeringe, römische Terra Sigillata und Münzen, mittelalterliche Utensilien oder auch Hinterlassenschaften der französischen Revolutionstruppen birgt der Boden am Südhang der Blies demnach in Hülle und Fülle.

In drei kleineren Miszellen befassen schließlich Horst Weingart (Webenheim) mit dem "Circularen" des Landkommissariats Zweibrücken 1848, Karl Lillig (Limbach) mit der Lokalschulinspektion Medelsheim und Rainer Lagall von ebenda mit dem Wappen des Hauptortes der "Parr".

Saarpfalz - Blätter für Geschichte und Volkskunde - Ausgabe 119, 64 Seiten, acht Beiträge, 33 Abbildungen; Bezug: Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises, Zimmer 417, Landratsamt Homburg, Tel. (0 68 41) 1 04 84 09, E-Mail: marianne.hepp@saarpfalz-kreis.de sowie im Buchhandel und bei den Kultur- und Verkehrsämtern der Städte und Gemeinden. Preis: 3,25 Euro.

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