Der Kapitän redet Klartext

Saarbrücken · Timo Ochs, Kapitän des kurz vor dem Drittliga-Abstieg stehenden 1. FC Saarbrücken, spart nicht mit Selbstkritik, wenn er die Situation analysiert. Er sagt aber auch: „Man hat Mannschaft und Trainer oft alleine stehen lassen.“

Abschenken ist nicht sein Stil. Er springt, er hält, er brüllt. Timo Ochs, der Torwart des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken, gibt alles - im Spiel und im Training. "Ich bin im Moment froh, wenn der Ball rollt", sagt der 32-jährige Göttinger, "ansonsten vergeht keine Minute, in der ich nicht darüber nachdenke, was hier in den letzten Monaten gelaufen ist. Aber es gibt nicht auf alle Fragen eine Antwort."

Zu wenig Feuer

Vor allem keine bequemen Antworten, doch das stört Ochs nicht. Er redet Klartext. "Ich gebe mir als Kapitän eine Mitschuld, weil ich es nicht geschafft habe, dass wir uns alle in jeder Situation auf dem Platz so unterstützen, wie es notwendig gewesen wäre", merkt Ochs selbstkritisch an. "Ich habe immer versucht, sachlich der Mannschaft weiterzuhelfen. Vielleicht wäre mehr Feuer manchmal besser gewesen. Aber es fehlten auch die Charaktere, die dieses Feuer auf dem Feld weitertragen. Leute, die zeigen: Gegen uns gibt es heute nichts zu gewinnen."

Mit Jürgen Luginger, Bernd Eichmann, Milan Sasic und jetzt Fuat Kilic hat Ochs in dieser Saison vier Übungsleiter er- und überlebt. "Wenn der Trainer gehen muss, hat die Mannschaft einen schlechten Job gemacht. Das muss jeder Spieler verstehen", sagt der Torwart, der in dieser Saison keine Minute gefehlt hat, "wir hatten vier Trainer, und es hat mit keinem funktioniert. Diese Kritik muss die Mannschaft ganz alleine einstecken."

Im Sommer war Ochs aus Regensburg gekommen. "Mit ganz anderen Erwartungen und Zielen", wie er sagt, "die Mannschaft, die da zusammengestellt wurde, war nicht so schlecht, wie sie immer gemacht wird. Wir konnten wegen des enormen Verletzungspechs aber nie in der geplanten Formation spielen." Luginger musste gehen, auf Eichmann folgte Sasic und mit ihm ein selten dagewesener Neuverpflichtungs-Rausch. 14 Spieler kamen in vier Monaten. "Ich habe kein Problem mit den Neuzugängen. Menschlich gab es da nie irgendetwas auszusetzen", betont der Kapitän, der aber die Vielzahl der Einkäufe anprangert: "Du erzeugst damit einfach ein Misstrauen gegenüber denen, die schon da sind. Münster und Halle haben es anders gemacht. Sie haben sich mit überschaubaren Mitteln gezielt verstärkt." Und haben mit dem Abstieg längst nichts mehr zu tun.

Der FCS hat dagegen nur noch theoretische Chancen auf den Klassenverbleib über die sportliche Leistung. Auch wenn er sich mit Schuldzuweisungen zurückhält, sieht Ochs auf seiner achten Station im Profi-Fußball auch strukturelle Fehler im Verein. "Andernorts löscht ein Sportdirektor mal Brände. Auf und neben dem Platz - und auch in der Kabine ist es manchmal gut, wenn ein anderes Gesicht mal Tacheles redet. Es gibt einfach Sachen, für die der Trainer nicht zuständig ist. Ich hätte mir da oft mehr Unterstützung vom Verein erhofft. Man hat Mannschaft und Trainer oft auch alleine stehen lassen."

Zukunft ist offen

Timo Ochs ist mit der Familie ins Saarland gekommen, um länger zu bleiben. Sein Zwei-Jahres-Vertrag gilt aber nur für die 3. Liga. "Ja, es gibt Anfragen anderer Vereine. Ja, es gab ein erstes Gespräch mit Fuat Kilic", bestätigt Ochs, "mehr will ich dazu öffentlich aber nicht sagen. Dass man sich als Familienvater Gedanken macht, ist doch klar." Dass die sich auch um die Regionalliga drehen, scheint nicht gänzlich unmöglich. "Ich denke im Moment erst mal an Burghausen", sagt Ochs, "es ist ein wichtiges Spiel und wir müssen zeigen, dass wir hier nichts abschenken. Das wird schwer genug." Denn Abschenken ist nicht sein Ding.

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Am RandeDer 1. FC Saarbrücken muss vorerst auf Marcel Ziemer verzichten. Der Stürmer zog sich abseits des Fußballplatzes im privaten Bereich eine schwere Handverletzung zu, musste operiert werden und steht vorerst nicht zur Verfügung. Das teilte der Verein gestern mit. "Ich wünsche ihm einen guten und schnellen Heilungsverlauf", sagte FCS-Cheftrainer Fuat Kilic. red

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