„Ich dachte nur: mehr, mehr, mehr“

Düren · Wo powern sich die Menschen aus? Haben sie Hobbys – fernab von Fußballplatz, Fitnessstudio, Schwimmbad und Co? Die SZ hat sich auf die Suche gemacht und stellt in einer Serie ungewöhnliche Sport-Möglichkeiten im Landkreis Saarlouis vor. Heute: Besuch bei den Fallschirmspringern auf dem Flugplatz in Düren. Im Interview berichtet Trainer Pascal Schu (40) unserer Redakteurin Sarah Konrad von der Faszination des freien Falls.

 Mit über 200 Kilometern pro Stunde rasen die Fallschirmspringer des Fallschirmsportzentrums Saar der Erde entgegen. Foto: FSZ Saar

Mit über 200 Kilometern pro Stunde rasen die Fallschirmspringer des Fallschirmsportzentrums Saar der Erde entgegen. Foto: FSZ Saar

Foto: FSZ Saar

Herr Schu, ihr erster Freifall, was war das für ein Gefühl?

Pascal Schu: Das war ein super Erlebnis. Danach habe ich einfach nur gedacht: mehr, mehr, mehr. Obwohl ich im ersten Moment schon von den ganzen Eindrücken überwältigt war. Die musste ich erst mal verarbeiten. Dann habe ich einen zweiten Sprung gemacht und danach war ich Feuer und Flamme für diese Sportart.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Fallschirm zu springen?

Schu: Einfach aus der Laune heraus. Ein Kollege hatte einen Tandemsprung gemacht und war davon begeistert. Er hat mich gefragt, ob wir zusammen einen Schnupperkurs machen. Der hat zwei Tage gedauert und ist mit dem ersten Solo-Sprung geendet. Danach habe ich meine Ausbildung fortgesetzt, bis zur Trainerlizenz.

Wie oft haben Sie sich seitdem aus dem Flugzeug gestürzt?

Schu: Ich habe so um die 4000 Sprünge gemacht. Der erste war übrigens im Oktober 1999.

Sind Sie noch aufgeregt?

Schu: Aufgeregt nicht mehr. Aber Respekt vor dem Sport habe ich natürlich immer noch.

Sie haben sich auf Canopy Piloting spezialisiert. Was ist das?

Schu: CP ist eine Sparte des Fallschirmspringens, die sich mehr auf das Schirmsteuern bezieht. Man geht dabei nur so auf 1500 Meter Höhe und zieht sofort den Fallschirm. Diese sind klein und dadurch ziemlich agil und schnell. Anschließend muss der Sportler einen Parcours durchfliegen.

Wie sieht der aus?

Schu: Es gibt ein Wasserbecken und darin steht ein Tor. Die Sportler müssen da durchfliegen. In verschiedenen Wertungssprüngen wird die Distanz, die Geschwindigkeit und die Genauigkeit gemessen. Für Zuschauer ist dieser Sport relativ spektakulär, weil er direkt über dem Boden stattfindet. Außer bei der Disziplin Geschwindigkeit berühren die Athleten sogar immer das Wasser.

Ende August haben Sie an der CP-Weltmeisterschaft in Kanada teilgenommen. Wie war's?

Schu: Wir hatten Pech mit dem Wetter. Normalerweise gibt es pro Disziplin immer drei Wertungssprünge. Wir konnten allerdings nur einen in Geschwindigkeit und einen in Genauigkeit machen. In Distanz gar keinen. Das heißt, es kam keine Gesamtwertung zustande und somit konnte auch kein Weltmeister ermittelt werden. Das war sehr schade.

Was war bisher Ihr erfolgreichster Wettkampf?

Schu: Ich bin einmal Vierter bei der deutschen Meisterschaft geworden. Und Neunzehnter bei einem Cup, der vergleichbar ist mit dem Weltcup.

Trainieren Sie in Düren ?

Schu: Hier haben wir leider keinen Parcours. Wir stellen aber manchmal ein Tor auf und nutzen einen GPS-Sender. Den können wir auswerten und so zum Beispiel erkennen wo und in welcher Höhe gedreht wurde. Zweimal im Jahr treffen wir uns zum Trainingslager mit der Nationalmannschaft. Die finden meist in Dubai und in Klatovy in Tschechien statt.

Ist es möglich, vom Fallschirmspringen zu leben?

Schu: In Amerika schon, dort machen das viele Sportler hauptberuflich. In Deutschland nicht, wir sind nur semi-professionell. Wobei ich mit dem Fallschirmspringen ja schon mein Geld verdiene. Zusammen mit Markus und seinem Vater Helmut Bastuck leite ich das Fallschirmsportzentrum in Düren .

Sie haben also Ihr Hobby zum Beruf gemacht. Ist die Faszination dennoch geblieben?

Schu: Auf jeden Fall. Das Springen an sich ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Aber der Sport bringt ja noch viel mehr mit sich. Er ist für mich eine Lebenseinstellung. Ich treffe viele nette Leute, bei den Wettkämpfen kann ich mich mit anderen messen und als Lehrer habe ich die Möglichkeit, Menschen für das Fallschirmspringen zu begeistern. Mir gefällt dieses Gesamtpaket.

Haben Sie schon einmal einen Sprung gemacht, bei dem etwas schiefgegangen ist?

Schu: Ein super traumatisches Erlebnis hatte ich bisher nicht. Aber die ein oder andere Verletzung habe ich schon davongetragen. Die schlimmste war ein Lendenwirbelbruch. Der Sprung lief damals wie jeder andere, nur dass am Boden eine Unebenheit war. Da bin ich mit dem Rücken drübergerutscht. Aber das gehört halt dazu und kann auch bei jeder anderen Sportart passieren. Außerdem verletzte ich mich beim Ausüben meiner Disziplin, die ist nicht wirklich mit dem konventionellen Fallschirmspringen vergleichbar.

Was raten Sie jemandem, der Angst hat zu springen, es aber dennoch gerne versuchen würde?

Schu: Tu es. Einmal die Faszination des Freifalls erleben - am Fallschirmsportzentrum Saar (FSZ) ist das möglich. "Ein Tandemsprung ist die einfachste Variante", sagt Pascal Schu, Fallschirmlehrer und Mitinhaber des FSZ. Zunächst gibt es eine kurze Einweisung, anschließend geht's mit dem Flugzeug auf 4000 Meter Höhe. Aneinander gegurtet wagen Lehrer und Schüler den Sprung. Gemeinsam genießen sie 50 Sekunden im freien Fall, bei einer Geschwindigkeit von etwa 200 Kilometer pro Stunde. "Der Schirm wird in 1500 Metern Höhe geöffnet. Dann dauert es noch etwa acht Minuten bis zur Landung." Wer einen Tandemsprung machen will, sollte mindestens 140 Zentimeter groß sein, über zwölf Jahre alt und nicht mehr als 95 Kilogramm wiegen. Die Kosten betragen 200 Euro.

Das FSZ bietet auch eine Accelerated-Free-Fall-Ausbildung (AFF) an, die Schüler auf ihren ersten Solo-Sprung vorbereitet. "AFF steht für beschleunigter Fall", erklärt Schu. Beschleunigt beziehe sich dabei nicht auf die Geschwindigkeit, sondern die Lernfortschritte vom ersten Fallschirmsprung an. Zunächst erhalten die Schüler Theorieunterricht und üben am Boden bestimmte Bewegungsausführungen. Die Ausbildung ist in sieben Stufen unterteilt. "Bis zum dritten Level wird ein Schüler beim Springen von zwei Lehrern begleitet. Ab Level vier nur noch von einem", sagt Schu. Ab dem achten Sprung sei man in der Lage, alleine zu springen und könne die sogenannte Komplettierung der Fallschirm-Ausbildung starten. Der Preis für einen AFF-Ausbildung-Komplettkurs liegt bei 1600 Euro.

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 Beim Canopy Piloting springt Pascal Schu durch ein Tor, das in einem Wasserbecken steht. Dabei muss er in den Disziplinen Geschwindigkeit, Distanz und Genauigkeit antreten. Foto: FSZ Saar

Beim Canopy Piloting springt Pascal Schu durch ein Tor, das in einem Wasserbecken steht. Dabei muss er in den Disziplinen Geschwindigkeit, Distanz und Genauigkeit antreten. Foto: FSZ Saar

Foto: FSZ Saar

Auf einen Blick Das Fallschirmsportzentrum Saar (FSZ) liegt direkt am Flugplatz Düren . Es setzt sich zusammen aus einer Fallschirm-Schule und einem Fallschirm-Verein. Die Inhaber Pascal Schu, Markus und Helmut Bastuck besitzen zwei Flugzeuge. Sie bieten Sprungmöglichkeiten für Neulinge, Fortgeschrittene und Profis. Die Sprungsaison endet im Oktober. Los geht's wieder im März. Infos gibt es unter Telefon: (0 68 37) 7 41 36 oder per E-Mail an info@fsz-saar.de. sara fsz-saar.de

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