Ein Rad-Narr umrundet die Welt

Die ganze Welt · Der 40-jährige Oliver Schumacher aus Felsberg radelte von Istanbul nach Bangkok. Immer wieder brachte ihn seine Reise an seine körperlichen Grenzen. Als nächstes durchquert er Japan und die Philippinen.

 Oliver Schumacher musste auf seiner Reise vielen Widrigkeiten trotzen: dem „Gegenwind des Todes“, Frostbeulen an den Fingern und sengender Hitze – hier ist er auf einem Berg in Tibet zu sehen. Fotos: Oliver Schumacher

Oliver Schumacher musste auf seiner Reise vielen Widrigkeiten trotzen: dem „Gegenwind des Todes“, Frostbeulen an den Fingern und sengender Hitze – hier ist er auf einem Berg in Tibet zu sehen. Fotos: Oliver Schumacher

 OliverSchumacher

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 Ein einsames Zelt in einer Wüste aus Schnee und Eis – die Übernachtungsmöglichkeiten sind nicht immer komfortabel.

Ein einsames Zelt in einer Wüste aus Schnee und Eis – die Übernachtungsmöglichkeiten sind nicht immer komfortabel.

Auf dem Fahrrad die Welt umrunden - das ist das erklärte Ziel des aus Felsberg stammenden Radbegeisterten Oliver Schumacher. Anfang vorigen Jahres machte er sich mit seiner damaligen Freundin Michi (24) von Istanbul auf den Weg. Es war nicht die erste Tour der beiden. 2011 strampelten sie gemeinsam von Passau nach Istanbul - ein Testlauf im Kleinen. Danach ging es wieder zurück ins Saarland, um Geld zu verdienen und den Masterplan für die große Tour von Istanbul nach Singapur auszubaldowern. Vor seiner Weltreise verdingte Schumacher sich als Systemadministrator bei einer Saarbrücker Werbefirma. Außerdem unterrichtete er Englisch und Spanisch, entkernte Häuser und arbeitete im Gartenlandschaftsbau.

"Eine Fahrrad-Weltreise muss vorab finanziert sein und bedarf der eingehenden Planung, auch wenn man die immer wieder über den Haufen wirft", klärt mich Schumacher via Skype auf. Die Verbindung ist nicht die beste. Er hockt in Bangkok im Hostel, ich am heimischen Schreibtisch. Zwischen uns liegen nicht einfach nur 9000 Kilometer und fünf Zeitzonen, sondern die prägenden Erfahrungen und Strapazen eines überzeugten Pedalisten, von denen er nun berichtet. Dem klimatisch kühlen Auftakt in der Türkei folgte eine angenehme Tour durch den Iran. Nicht das Klima, sondern die allerorten ausgesprochenen Einladungen der überfreundlichen Iraner zogen das Vorankommen in die Länge.

Nachlesen kann man diese und viele weitere Begebenheiten auf Schumachers Website www.radwild.de . Dort berichtet er in "nicht allzu ernster Art und Weise" über Land und Leute und den Verlauf der Reise. So ereilte ihn etwa "Gottes Strafe für kurze Hosen " in der Türkei - ein türkischer Ladenbesitzer hatte sich in Köprüköy über die Hosen mokiert: Allah sehe so etwas nicht gerne. Und tatsächlich sollte es beim Überqueren des Çatalören-Passes im Nordosten der Türkei übel kommen: erst Orkanwind, dann Regen, Hagel und am nächsten Tag Schnee und Stromausfall.

"Eine Weltreise mit dem Fahrrad ist mehr als nur Spaß und Selfies", stellt er klar. Immer wieder seien er und seine Begleiterin an ihre körperlichen Grenzen gestoßen. Darum thematisiert er diese ganz bewusst in seinem Blog, um sich von der konformen Schönschreiberei der Kollegen abzusetzen. Und so sind es die Geschichten über den Gegenwind des Todes in Turkmenistan und Frostbeulen an den Fingern, die hängen bleiben.

Dass Schumacher trotz der Trennung von seiner Freundin im November 2015 in der tibetischen Stadt Shangri-La seine Reise allein fortsetzte, stand für ihn außer Frage. Den Widrigkeiten zu trotzen, sei das Credo eines jeden überzeugten Radwilden, wie er einer sei. "Wenn man denkt, dass es schlimmer nicht mehr geht, dann kommt die Rettung völlig unvorhergesehen," ist er überzeugt. So passiert erst neulich in Kambodscha, als er auf einer gottverlassenen Sandpiste unter sengender Hitze sein Fahrrad hinter sich herzog, da er sich im tiefen Sand nicht anders fortbewegen konnte. Just als er sich dem Hitzetod schon näher als dem Sand fühlte, überholte ihn ein einheimischer Motorradfahrer, der ihn mit eisgekühlten Zuckerrohr-Shakes rettete.

Das Arrangieren mit dem Zufall und dem Unvorhergesehenen, sei die zweite wichtige Lektion, die er auf der Reise gelernt hätte. Ursprünglich wollte er nur seine reparierte Kamera in Kuala Lumpur abholen. Doch als er nach Flügen von Kuala Lumpur nach Australien suchte, stieß er auf ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte: Für 100 Euro fliegt er nun nach Hokkaido, die nördlichste Insel Japans.

Er sehne sich nach einem Klimawechsel, denn die thailändische Hitze macht ihm schwer zu schaffen. Dass er nach Durchquerung Japans ausgerechnet auf die Philippinen fliegt, wo die Regenzeit und Taifun-Saison beginnt, birgt auf jeden Fall genügend Stoff für neue radwilde Geschichten.

Wie es danach weitergeht, steht indes offen. Um seine Reise weiter finanzieren zu können, möchte er sich als Englischlehrer in China verdingen. Natürlich hoffe er auch auf Spenden. "Jeder Spender wird namentlich auf radwild.de genannt und bei besonders großzügigen Spenden schicke ich als Dank eine kleine Überraschung", versichert er. Falls dennoch die Reise schneller als erhofft ihr Ende fände, wäre das trotzdem kein Beinbruch. Denn nach über einem Jahr im Ausland, sehne er sich immer mehr nach seinen Freunden, der deutschen Sprache und Kultur - und natürlich nicht zuletzt dem Saarland.

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