„Hauptsache, die Kinder sind dabei“

Schwalbach · Eltern freuen sich, wenn sie ihren Kindern in der Freizeit etwas bieten können. Angebote für Kinder mit Behinderung schafft der Verein Fair Leben Saar. Regelmäßige Kurse gehören genauso dazu wie Ausflüge und die Vermittlung von Betreuern in die Familien.

 Christopher Weber und Sophia sind zu Besuch bei der Alpakas-Herde. Foto: Silvia Johannes

Christopher Weber und Sophia sind zu Besuch bei der Alpakas-Herde. Foto: Silvia Johannes

Foto: Silvia Johannes

"Es gibt nichts gutes, außer man tut es" - dieses Zitat von Erich Kästner hat sich der Verein Fair Leben Saar als Motto auf die Fahnen geschrieben. Seit mehr als 16 Jahren kümmert er sich um Familien mit behinderten Kindern. 1999 war es, als sich sieben betroffene Mütter zusammenschlossen und den Verein - damals noch unter anderem Namen - gründeten. Silvia Johannes war dabei und ist seit zehn Jahren die erste Vorsitzende. Sie erinnert sich noch gut. "Damals gab es nicht genug Betreuer für Familien mit behinderten Kindern und keine Freizeitaktivitäten mit qualifiziertem Personal", erzählt sie. Das wollten die Gründerinnen mit ihrem Verein ändern. Das heute sechsköpfige Team von Ehrenamtlichen - alle haben selbst ein behindertes Kind in der Familie - hat eine Liste mit 16 Betreuern, die es an andere Familien vermittelt. Der Verein informiert die Familien über die verschiedenen Betreuer, zum Beispiel über Ausbildung und Tätigkeit. Die Familie sucht sich einen aus und erklärt die Betreuungssituation. "Dann können beide Parteien schauen, ob es passt", erklärt Johannes. Wenn Eltern eine Betreuung für ihr Kind brauchen, wissen sie so, wen sie anrufen können. Vermittelt wird auch an Nicht-Mitglieder.

Der zweite Schwerpunkt in der Arbeit des Vereins sind betreute Freizeitangebote. Dazu gehören Kegeln, ein Tanz- und Bewegungs- sowie ein Töpferkurs, die Kinder kochen zusammen, machen Musik, gehen zum Billardtreff, Bastelworkshop oder in die eigene Disco. "Wir haben immer Betreuer vor Ort", betont Silvia Johannes. Eltern , die sich nicht sicher sind, wie ihr Kind reagiert, dürfen natürlich gerne auch dabei bleiben. Bei vielen Angeboten ziehen sie sich aber gemeinsam zurück. "Dann wird die Zeit zum Erfahrungsaustausch genutzt", bestätigt Johannes. Neben den laufenden Kursen gibt es immer Aktivitäten für die ganze Familie. Das können Ausflüge , ein Besuch bei Alpakas oder eine rollstuhlgerechte Nachtwanderung im Wald oder Vereinsfeste und -feiern sein.

Die Palette der Angebote für die rund 500 Mitglieder aus 150 Familien ist breit. Der jährliche Mitgliedsbeitrag für eine ganze Familie kostet 20 Euro. "Dafür gibt es einen ermäßigten Preis für die Teilnahme an den Angeboten", erklärt die erste Vorsitzende. Konkret bedeute es, dass die Mitgliedsfamilie für eine anderthalbstündige, betreute Beschäftigung vielleicht drei oder vier Euro zahle, während stets willkommene Nicht-Mitglieder einen Euro mehr zahlten. Wer neu hinzukommen wolle, brauche sich keine Gedanken wegen der Kontaktaufnahme zu machen, betont Johannes. "Bei allen Kursen und Angeboten ist jemand aus dem Vorstand dabei, der die Neulinge begrüßt und mit den anderen Teilnehmern und Eltern bekannt macht." Eine kurzer Anruf beim Verein reiche, um "mal reinzuschnuppern". Es gelte stets der Grundsatz: niemand muss Mitglied werden.

Bei der Auswahl der Angebote geht der Verein gerne auf Vorschläge aus der Elternschaft ein. Das Gros der "Kinder", wie sie Johannes nennt, ist mittlerweile im Jugend- oder Erwachsenenalter. "Sie sind mit dem Verein gewachsen", erzählt Johannes. Das heiße aber nicht, dass man nicht auch Angebote für Jüngere auf die Beine stellen könne, wenn es den Bedarf gebe. Was möglich ist, hänge letztlich aber immer auch vom Geld ab. Alle Freizeitangebote werden durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden an den gemeinnützigen Verein (gerne auch gegen Quittung) finanziert oder subventioniert. Auch bei Fair Leben Saar wäre man nicht traurig, wenn es ab und zu ein bisschen mehr wäre.

Informationen über das Freizeitangebot, die nächsten Termine, Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und das Spendenkonto gibt es im Internet.

fair-leben-saar.de

Meinung:

Verein mit Vorbild-Charakter

Von SZ-Redakteur Oliver Spettel

Der Verein Fair Leben Saar hat sich aus einem Bedarf heraus entwickelt, den Betroffene selbst ausgemacht haben. Die damalige Absicht, sich zusammen zu tun, um Kindern mit Behinderung Angebote für die Freizeit zu machen, ist noch heute aktuell und motivationaler Motor des Vereins. Der Umstand, dass alle Ehrenamtler in der eigenen Familie auch Betroffene sind, ist hier ein großer Vorteil. Wegen ganz unterschiedlicher Bedürfnisse der eigenen Kinder scheint es zu gelingen, Angebote zu erstellen, an denen alle teilnehmen können. Dabei ist der Verein keineswegs elitär. Die Angebote stehen Nicht-Mitgliedern offen und auch nicht-behinderte Kinder und Jugendliche können in ihrer Freizeit mitmachen. Das bietet einen unschätzbaren Wert zur Förderung der Inklusion. Bleibt zu hoffen, dass sich immer neue Mitglieder, aber auch Spender finden.

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