Bürger müssen draußen bleiben

Schmelz · Östlich der Höfe werden in Schmelz zwei Windräder gebaut. Der Gemeinderat gab vergangene Woche grünes Licht für den Bebauungsplan und für die Nutzungsverträge mit EnBW. Die Windräder sind Teil des umstrittenen Windparks Primsbogen, für den auch in den Nachbargemeinden Nalbach und Beckingen bis zu 230 Meter hohe Anlagen errichtet werden sollten. Die Gemeinderäte in diesen beiden Kommunen hatten sich aber im Sommer gegen das Projekt ausgesprochen. Nun zieht Schmelz seinen Teil des Windparks offenbar im Alleingang durch. 200 Bürger waren zur Sitzung erschienen, prangerten die Eingriffe in die Natur und die zu geringen Abstände an.

 200 Bürger kamen zur Sitzung, die über Lautsprecher ins Rathaus-Foyer übertragen wurde. Foto: Engel

200 Bürger kamen zur Sitzung, die über Lautsprecher ins Rathaus-Foyer übertragen wurde. Foto: Engel

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Der Sitzungssaal im Schmelzer Rathaus war mehr als voll. Immer mehr Menschen drängten hinein, mussten auf dem Flur, der Treppe und vor dem Rathaus der Sitzung des Gemeinderates folgen. 200 waren gekommen, um ihren Unmut gegen die geplanten Windräder Östlich der Höfe im Rahmen des interkommunalen Projektes Windpark Primsbogen zu artikulieren. Viele von ihnen gehören der Interessengemeinschaft vernünftige Windenergie an.

Saal teilweise gesperrt

Die Verwaltung war für den Ansturm gerüstet. Die Sitzung wurde mit Lautsprechern ins Foyer übertragen. Im Sitzungssaal selbst wurde der Platz an den Seitenwänden abgesperrt, was sehr zur Verärgerung der Besucher beitrug. In Sitzungen mit großem Besucheransturm sind dort meist Stühle aufgestellt, oder die Leute können den Raum als Stehplatz nutzen. "Als Schikane", bezeichnete eine Bürgerin dieses Vorgehen. Bürgermeister Armin Emanuel verteidigte die Regelung. In einer der vergangenen Sitzungen, auch mit großem Publikumsandrang, wären die Ratsmitglieder beschimpft worden. Das solle damit verhindert werden.

Ausführlich ging Verwaltungschef Emanuel auf die Chronologie des Projektes ein. Sechs bis acht Windräder waren dort im Bereich des Geisweiler Hofes geplant. Wegen des Rotmilans reduzierte sich das Ganze auf zwei. Für diese stellte nun der Gemeinderat den Bebauungsplan auf. Mit 16 Ja-, zwei Neinstimmen und einer Enthaltung ging die Abstimmung aus. Mit dieser Entscheidung könne auch nicht mehr auf der vorher geplanten Fläche für weitere fünf Windräder gebaut werden, erklärte Emanuel. Zwischenzeitlich gab es immer wieder Fragen zu Abständen, Zuwegungen, Versickerungsflächen, Eiswurf. Emanuel versicherte immer wieder, dass seitens der Gemeinde alle Formalitäten korrekt erledigt worden seien, die letztendliche Genehmigung liege beim Landesamt für Umwelt und Artenschutz (LUA). Deshalb habe er den Bürgern auch keine Schreiben des LUA aushändigen können. Bei Fragen verwies Emanuel sie immer wieder an diese Behörde.

Harald Comes (SPD ) wies darauf hin, dass bis auf die letzten drei Sitzungen alle Beschlüsse immer einstimmig gefasst worden seien. Das Projekt sei soweit gediehen. Nicolas Lorenz (CDU ) erklärte erneut, dass auf CDU-Vorschlag im Vorfeld eine Bürgerversammlung zu diesem Thema hätte einberufen werden müssen. Das sei abgelehnt worden. Die Christdemokraten würden dem Projekt nicht zustimmen.

Besucher enttäuscht

In einem weiteren Tagesordnungspunkt ging es um den Abschluss von Nutzungsverträgen mit dem Betreiber EnBW. Hier las Armin Emanuel seitenweise Passagen aus dem Nutzungsvertrag vor, bei Fragen verwies er meist aufs LUA als zuständige Stelle.Lorenz hätte sich mehr Bürgerbeteiligung gewünscht. Die Bürger seien enttäuscht, "Sie wollten Diskussion, hätten sie aber nicht bekommen." Er beantragte geheime Abstimmung. Nach der Sitzungsunterbrechung stimmten 16 für den Nutzungsvertrag, zwölf dagegen bei einer Enthaltung. Enttäuscht verließen die Besucher die Sitzung.

Meinung:

Zutexten, das geht auch

Von SZ-Redakteurin Monika Kühn

Formaljuristisch war alles korrekt in der Sitzung des Gemeinderates. Bürgermeister Emanuel hatte alles fest in der Hand. Hatte mit einem großen Andrang gerechnet, Lautsprecher aufgestellt und den Ratsmitgliedern sozusagen den Rücken frei gehalten. Korrekt auch, dass er darauf verwies, dass Zwischenrufe, Beifall oder Buh-Rufe untersagt seien, und nur ein Sprecher zugelassen sei. Dennoch ließ er in vielen Fällen Zwischenrufe zu, reagierte manchmal darauf, manchmal nicht. Emanuel griff auch zu einer anderen Strategie. Er wollte die Bürger mit episch langen Erklärungen aus dem Nutzungsvertrag im wahrsten Sinne des Wortes mürbe machen. Teilweise gelang es. Bis zum Ende der Ratssitzung war etwa die Hälfte gegangen. Und die Bürger wissen nun, dass, falls was nicht richtig ist: Das LUA war's.

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