Wenn sie spielten, war nur Musik

SAARWELLINGEN · Die fünfköpfige Band Johannes Müller Jazz Mile hat bei den Saarwellinger Jazzwochen einen Mix verschiedener Musik- richtungen serviert.

 Weggefährten bei Jazz Mile (von links): Johannes Müller und Carlo Nardozza. Fotos: Gerhard Alt

Weggefährten bei Jazz Mile (von links): Johannes Müller und Carlo Nardozza. Fotos: Gerhard Alt

Nur mal angenommen, Johannes Müller wäre Koch. Das Handwerk bei Spitzenköchen gelernt, international erfolgreich, bodenständig geblieben. Wenn so ein Sternekoch wieder kocht, wo er aufgewachsen ist, erwarten die Gäste ein perfektes, wohl bekömmliches Menü. Johannes Müller hat es geliefert. Bei den Saarwellinger Jazzwochen gastierte im voll besetzten Alten Rathaus "Johannes Müller Jazz Mile" - eine Station der Tournee von Brüssel bis Berlin.

Serviert wurden Stücke von "Gloomy Smokey Light", der aktuellen CD der Band, die es in den weltweiten Jazz Charts auf Platz 37 schaffte, wie Müller im Gespräch nach dem Konzert erwähnte. Eine fein abgestimmte Mischung. Wie ein erfahrener Koch hat Müller die Zutaten sorgsam ausgewählt und kombiniert, Traditionen aus Südamerika mit aktuellem Pop verknüpft, dabei seine Vorliebe für Bebop/Hardbop nicht verleugnend. Die Menüfolge klug inszeniert. Als Appetitmacher "Back to the Mardi Gras", eine Hommage an den Karneval und die Musik in New Orleans. "Dort herrscht eine unglaubliche Spielfreude, man ist nicht so verkopft wie in Europa", erläuterte Müller.

Vielleicht ein Dilemma: Mit der Perfektion und Professionalität sinken Spontaneität und Risikofreude - übrigens beim Kochen genauso wie beim Jazz oder in der Bildenden Kunst: Versuchten sich nicht gerade die großen Künstler in Einfachheit und Naivität? Einen anderen, aber ähnlichen Weg verfolgt die Methode, verschiedene Musikrichtungen als "Fusion" zu kombinieren, wie bei Pat Metheny, einem der Inspiratoren Müllers. Dessen "Travels" spielte die Band ohne Mätzchen nah am Original. Anders ist Müller mit "Happy", dem Hit von Pharell Williams umgegangen. Er hat ihn während eines ganzen Jahres bearbeitet. Heraus gekommen ist eine Salsa-Nummer - reflektiert, wohlüberlegt und entschieden. Mit dieser Interpretation eines Popsongs zeigte sich, dass die Arbeit am Jazz-Begriff keineswegs kopflastig sein und auf Kosten der Spielfreude gehen muss. Mit dem Klatschen des Rhythmus war das Publikum jedoch schnell überfordert.

Im zweiten Teil noch mehr Wechsel der Rhythmen und Tempi - vom verhalten, flüsternden "Whistle" bis zum nicht enden wollend sich steigernden Hardbop. Es kam zu wundervollen Improvisationen der Musiker. Und wenn sie spielten, war nur Musik (nicht Musiktheorie, schon gar nicht Kalkül). Müller stellte den mal lässig-coolen, mal virtuos-percussiv aufspielenden Pianisten Pierre-Alain Goualch aus Nancy als Weggefährten vor, ebenso den Trompeter Carlo Nardozza aus Brüssel, der sowohl solo als auch im Duett mit Müllers Saxofon Vielseitigkeit bewies. Verlässlich und ebenfalls mit Soli überzeugend waren Matthias TC Debus aus Mannheim am Bass und Dirik Schilgen aus Heidelberg am Schlagzeug. Um im Bild zu bleiben: Hier wurden unterschiedliche Ingredienzen aufgetischt, nie gekünstelt oder gewollt innovativ, nie zu deftig, überwürzt oder verkocht, nicht zu heiß und nicht zu kalt, sondern klug variiert und geschmackvoll angerichtet.

 Jazz Mile in Saarwellingen (von links): Matthias TC Debus, Dirik Schilgen, Carlo Nardozza, Pierre-Alain Goualch und Johannes Müller.

Jazz Mile in Saarwellingen (von links): Matthias TC Debus, Dirik Schilgen, Carlo Nardozza, Pierre-Alain Goualch und Johannes Müller.

Vielleicht hätte man sich noch über einen "Gruß aus der Küche" gefreut - eine Kostprobe aus der Ideenwerkstatt, wie man sie bei Jam Sessions oder im August bei der International Jazz Werkstatt im Nobel Campus bekommt. Wirklich vermisst hat man das aber nicht, sondern verließ das Konzert gesättigt und mit guten Gefühlen.

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