Wir halten uns strikt an die Vorgaben

Saarlouis · Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnt vor Lohn-Tricksereien durch die Hintertür

 Im Gastgewerbe ist der Mindestlohn ein wichtiges Thema. Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Im Gastgewerbe ist der Mindestlohn ein wichtiges Thema. Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Foto: Bernd Wüstneck/dpa

Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar auf 8,84 Euro hat zu einer Kontroverse zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), dem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und den Betrieben im Kreis Saarlouis geführt.

In einer Pressemitteilung ruft der Geschäftsführer der NGG-Saar, Mark Baumeister, alle Mindestlohn-Beschäftigten dazu auf, einen "Januar-Lohn-Check" zu machen und "bis auf den letzten Cent" nachzurechnen, ob der korrekte Lohn tatsächlich gezahlt werde. Zudem warnt er vor "Lohn-Tricksereien durch die Hintertür". Es sei eine beliebte Masche, Mitarbeiter länger arbeiten zu lassen, die Überstunden aber nicht zu bezahlen.

"Das ist die übliche Gewerkschaftskritik mit Parolen aus alten Kampfzeiten", behauptet dagegen Dehoga-Geschäftsführer Frank Hohrath. Man fühle sich davon nicht betroffen, weil in den Mitgliedsbetrieben der Mindestlohn vollzogen werde. In jeder Branche gebe es zwar "welche, die ihre Leute übers Ohr hauen", räumt Hohrath ein, aber die ganz große Mehrheit der Betriebe mache es korrekt.

Das sieht auch Armin Egner vom alteingesessenen Dillinger Hotel-Restaurant "Gambrinus" so. Der Familienbetrieb hat vier Beschäftigte, die Mindestlohn erhalten. "Ich halte mich an die tariflichen Vorgaben, die Leute müssen doch korrekt entlohnt werden", befürwortet Egner den Mindestlohn, obwohl die Einnahmesituation in der Branche oft schwierig sei. Es sei aber "hinlänglich bekannt", dass einige Betriebe geringere Löhne zahlten. "Es sind oft Unternehmer mit Migrationshintergrund, die ihre eigenen Leute mit drei bis fünf Euro abspeisen", meint der Dillinger Hotelier, will damit aber nicht "in die rechte Ecke" gestellt werden. Die Kontrollfunktion des Staates gegen solche Missbräuche müsse jedoch stärker greifen.

"Totaler Unsinn, ein Witz" sei die Erklärung der NGG, meint dagegen Roland Dietzen vom Hotel Scheidberg in Kerlingen. "Wir bekommen doch schon lange kein Personal mehr unter Mindestlohn-Niveau", berichtet er von seinen Erfahrungen. Unter neun bis zehn Euro "kriegen Sie keinen mehr", an einigen Tagen wie Silvester sei es "selbst mit 15 Euro schwierig". Die von der NGG behauptete "Chef-Masche, Überstunden nicht zu bezahlen" verweist Dietzen ebenfalls in den Bereich der Fabel: "Wir führen akkurate Stundenlisten mit den Arbeitszeiten und Pausen", die von den Beschäftigten überprüft werden können.

Auch für Alexander Reber sind die NGG-Behauptungen kein Thema. "Wir halten uns strikt an die gesetzlichen Vorgaben, alle Mitarbeiter werden tariflich entlohnt", sagt der Hotel-Direktor von "La Maison" in Saarlouis. In "Schlüsselpositionen" werde sogar deutlich über Mindestlohn bezahlt, der bei etwa zehn bis fünfzehn Aushilfen als Einstieg gezahlt und je nach Leistung aufgestockt werde. Auch die Arbeitszeiten würden eingehalten. "Unsere Mindestlohn-Beschäftigten machen ohnehin keine Überstunden", berichtet Reber.

Umstritten sind auch die Arbeitsplatzeffekte des gesetzlichen Mindestlohns. Von Job-Killer und Konjunktur-Bremse spreche keiner mehr, behauptet die NGG Saar. Der Mindestlohn habe sich bewährt, "dazu beigetragen, die ruinöse Dumpinglohn-Spirale nach unten zu stoppen", sagt Mark Baumeister. Und gleichzeitig seien sogar mehr Arbeitsplätze in der Branche entstanden (siehe Artikel unten).

"Die echte Bewährungsprobe für den Mindestlohn kommt erst noch", schätzt dagegen Frank Hohrath ein. Bislang sei die Mindestlohn-Einführung "durch eine starke Konjunktur unterstützt worden". Es sei noch zu früh für eine Entwarnung, meint der Dehoga-Geschäftsführer. Bei schwächerer Konjunktur könne das ganz anders aussehen, warnt er davor, die "Lohnspirale zu sehr weiter nach oben zu treiben".

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