Krichel steigt aus der Politik aus

Saarlouis · Er ist bekannt in der Saarlouiser Öffentlichkeit fast wie der sprichwörtliche bunte Hund. Überall dabei. Im Stadtrat. In Vereinen. Jetzt hört er mit fast allem auf: Wolfgang Krichel.

 Geht von Bord: FDP-Stadtrat Wolfgang Krichel. Foto: Hartmann Jenal

Geht von Bord: FDP-Stadtrat Wolfgang Krichel. Foto: Hartmann Jenal

Foto: Hartmann Jenal

Wolfgang Krichel, 63, ein Vereinsmensch, ein Überzeugungs-Saarlouiser, das einzige FDP-Stadtratsmitglied, zieht sich aus dem öffentlichen Leben zurück. "Ich habe, wie sagt man, meine Milch gegeben", sagte er gestern.

Seit dieser Woche ist er ein bisschen Rentner. Sein Immobiliengeschäft hat er verkauft. Seine Versicherungsagentur betreibt er aber weiter. In dieser Woche ist er als FDP-Vorsitzender in Saarlouis zurückgetreten. Nachfolgerin könnte Kirsten Cortez de Lobao werden, die Kandidatin der FDP für die OB-Wahl im März. Sie ist schon im FDP-Landesvorstand. Da war Krichel auch schon mal.

Dem SSV bleibt er treu

Auch von anderen Funktionen will sich Krichel zurückziehen, bloß vom Fußballverein SSV Saarlouis nicht. Und dem Rat will er bis Ende der Wahlperiode 2019 angehören.

Er ist müde. "Als einzelnes Ratsmitglied kann ich nichts mehr bewegen. Gar nichts. Das muss ich nicht mehr haben."

Krichel war 2004 erstmals in den Rat gewählt worden. Bekannt war er da als Vorsitzender der IG Innenstadtvereine gewesen. "Ich ging damals in die Politik, weil ich nicht wollte, dass Oberbürgermeister Fontaine das Theater am Ring für eine Mark einem Investor verkaufte." Und: "Ich bin stolz darauf und halte es für eine der besten Entscheidungen des Rates, das Theater mit François Valentiny so umgebaut zu haben, wie es jetzt ist."

Damals, 2005, ging er zuerst zu den Freien Wählern mit Altomaro Locurcio. Das ging nicht lange gut. Die Fraktion teilte sich rasch. Kurz darauf, 2005, traten Krichel und andere zur FDP über. Die war damit erstmals seit 40 Jahren wieder im Rat vertreten. Die Wähler belohnten dies 2009 mit drei FDP-Sitzen. In Saarlouis bildete sich eine Jamaika-Kooperation, genau wie kurz darauf im Land. 2012 zerbrach Jamaika im Land, damit verschwand auch Krichels liberaler Leitstern, der Landesvorsitzende Christoph Hartmann .

Dann kam 2013. Jamaika im Stadtrat gab es noch, man hatte sich wie üblich auf ein bestimmtes Personaltableau geeinigt. Die Koalition stimmte ab wie besprochen - bloß als Krichel zum neuen Geschäftsführer der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungs-Gesellschaft Saarlouis (GBS) gewählt werden sollte, sprangen in geheimer Wahl vermutlich zwei Jamaikaner im letzten Moment ab. Krichel, der ganz fest mit der Wahl gerechnet hatte, unterlag. Das hat er ("Ich habe immer zu meinem Wort gestanden, das kann ich von mir behaupten") nie vergessen. "Das hat mich schockiert."

In den neuen Stadtrat von 2014 zog nur noch Krichel für die FDP ein. Seitdem (und wohl bis 2019) organisieren CDU und SPD gemeinsam Mehrheiten von Fall zu Fall. Krichel darf mitstimmen - muss aber nicht.

"Dauernd angemacht"

Aber da ist noch was. Nicht bloß, dass Krichel auch gesundheitlich etwas angeschlagen ist. "Ich bin es Leid, dauernd angemacht zu werden für Entscheidungen des Rates. Selbst für solche, bei denen ich mit Nein gestimmt habe." Anfangs, da sei ein Ratsmitglied ein bisschen eine Respektsperson gewesen. Längst vorbei. "Die Leute machen dich nur noch an." Und, ja, das sei in den letzten Jahren dramatisch schlimmer geworden. Vielen, die gern Politiker anblafften, gehe es nicht mehr um gesellschaftliche Werte, sondern vor allem ums eigene Geld. Da verblasst seine erste Antwort auf die Frage, warum er gehe: Um Jüngeren Platz zu machen, wie das ja die CDU und SPD vorgemacht hätten. Und damit keiner was Falsches denkt: "Ich bereue nichts. Es hat mir immer Spaß gemacht." Man glaubt ihm das. Trotz des vor Ärger hochroten Kopfes, den man nach so vielen Sitzungen gesehen hat.

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